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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 13
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Die wirtschaftliche Lage der Edelmetallindustrie im Jahre 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0123

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1909 _ —JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■ -105

Die wirtschaftliche Lage der Edel-
metallindustrie im Jahre 1908.
Über die wirtschaftliche Lage der Edelmetallindustrie
im Jahre 1908 bringt die Handelskammer in Hanau in
ihrem Handelsbericht für 1908 folgende Angaben:
Was wir im Vorjahre ausführten über die besonders
empfindliche Natur der Edelmetallindustrien und über die
Ursachen, welche sie in besonderer Weise unter dem
Konjunkturumschwung leiden liessen, das trifft für das
Jahr 1908 in dem gleichen, eher sogar in noch erhöhtem
Masse zu. Nur zeitweise haben gewisse Zweige dieser
Industrien infolge der Saison sich einer ausreichenden Be-
schäftigung erfreuen können; eine nachhaltige Besserung
der Situation aber steht erst zu erwarten, wenn die all-
gemeine Wirtschaftslage sich wieder hebt und für die
Beschaffung von Luxuswaren in weiteren Kreisen wieder
Geld vorhanden sein wird. Dies gilt insbesondere auch
von den ausländischen Absatzgebieten. Für das Export-
geschäft traten, äusser dem Ausbleiben von Aufträgen aus
Nord- und Südamerika, erheblich störend die politischen
Verwickelungen auf dem Balkan auf, sowie die Boy-


4. Ein alter Silbersdjtnieb bei ber Arbeit.

kottierung deutscher Erzeugnisse in Galizien und den
polnischen bezw. tschechischen Landesteilen Österreichs.
Die dortige Kundschaft verhielt sich derartig ablehnend,
dass einzelne Hanauer Firmen wegen zu geringer Aussicht
auf Erfolg im letzten Herbst ihre gewohnte Reise dorthin
nicht unternommen haben. Überhaupt ist der Absatz
nach Österreich-Ungarn ganz ausserordentlich erschwert.
Die erhöhten Einfuhrzölle, welche zu einer tatsächlichen
Erstarkung der dortigen Edelmetallindustrie geführt haben,
machen sich in bedenklichstem Masse fühlbar, seitdem
hat der Bedarf wesentlich nachgelassen, und die öster-
reichischen Juweliere verstehen sich nicht dazu, auch nur
einen Teil des Zolles zu tragen. Dazu kommen noch

angeboten, welche sie noch in der letzten Saison als Neu-
heit einführten. Gegen solchen Missbrauch erscheint ein
Einschreiten der Gesetzgebung dringend erwünscht. Die
Selbsthilfe, welche man bisher übt, indem man die Be-
stellungen notorischer Nachahmer nicht ausführt, wird auf
die Dauer nur dazu führen, das Geschäft nach Österreich noch
zu schmälern, aber das Übel in seinem Kern nicht treffen.
Die Arbeitsverhältnisse gestalten sich der allgemeinen
Lage entsprechend. Monatelang musste in manchen Betrieben
die tägliche Arbeitszeit verkürzt werden; jedoch fanden laut
Beschluss des Arbeitgeberverbandes der Hanauer Edelmetall-
industrie Lohnkürzungen nicht statt. Arbeiterentlassungen sind
auch vereinzelt geblieben; vielmehr haben die Fabriken lieber

zwei höchst unliebsame Momente.
Wie schon in unseren beiden vorigen
Jahresberichten hervorgehoben, be-
deutete die Zulassung unpunzierter
Edelmetallwarenmuster in Österreich
gegen Hinterlegung des Warenwertes
leider keinen Vorteil für die deutschen
Exporteure. Zur Hinterlegung so
grosser Beträge sind nur wenige Firmen
geneigt oder imstande, und bei weitem
die meisten ziehen es darum vor, ihre
Muster auch jetzt noch punzieren zu
lassen, was mit Kosten, Zeit- und
Wertverlusten verbunden ist. In zweiter
Linie traten uns lebhafte Klagen dar-
über entgegen, dass in Österreich
deutsche Muster ohne alle Bedenken
nachgemacht werden; die deutschen
Exporteure finden infolgedessen nicht
selten zu wesentlich billigeren Preisen


Nachbildungen ihrer eigenen Waren dort

5. Eine Silbersdimiebe.
 
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