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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 33
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Perthes, O.: Die Bedeutung des sogen. Kunsteinjährigen für unser Schulwesen
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Die zu niedrige Preisbemessung infolge Irrtums
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0312

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294

JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST No. 33

Leistungen ohne die höhere Schulbildung das Zeug-
nis für den einjährigen Militärdienst erworben wurde?
2. Auf Grund welcher Leistungen ist dies ge-
schehen ?
3. Infolge welcher Mängel sind etwaige Bewerber
zurückgewiesen worden?
4. Wie viele haben den Weg zu den hervorragen-
den Leistungen, die ihnen das Zeugnis verschafft
haben, durch eine besondere Schule (Fachschule,
Kunstgewerbeschule usw.) gefunden, wie viele ledig-
lich durch eigene Kraft ohne eine besondere Schule?
5. Werden die Leiter der Schule, auf welcher die
Bewerber ihre hervorragenden Leistungen erlernt
haben, bei der Beurteilung um ihre Meinung gefragt?
6. Wie viele von denen, die auf diese Weise das
Zeugnis für den einjährigen Dienst erworben haben,
sind hernach zu Unteroffizieren und Reserveoffizieren
ernannt worden? Dies festzustellen ist wichtig, weil
damit erwiesen wird, dafz es möglich ist, auch ohne
die sogenannte höhere Schulbildung Soldat zu werden,
der einer solchen Auszeichnung sich wert erweist.
Wichtiger als alle diese Fragen ist folgende:
7. Kann durch eine Leistung in einer dem
Gemeinwesen zugute kommenden Tätigkeit ohne die
Kenntnis fremder Sprachen eine Geistesbildung nach-
gewiesen werden, welche der eines Sekundaners
mindestens gleichwertig ist? und welches sind
solche Leistungen? Dafz es solche Leistungen gibt,
ist nicht zu bezweifeln, es kommt darauf an, sie für
die einzelnen Berufsarten anzugeben und ihren Wert
im einzelnen zu begründen; für einen Beruf, dem
der Zahntechniker, hoffe ich demnächst diesen Be-
weis zu liefern, für andere Berufsarten wird es die
Aufgabe derer sein, welche mitten in diesen Arbeiten

stehen und wünschen, dafz der §89Abs.6 mehr zur
Geltung kommen möge. An sie wende ich mich
daher in diesem Aufsatz mit der Bitte, mich durch
Mitteilungen zu unterstützen. Wenn das nötige
Material beschafft ist, wird es vielleicht möglich
sein, ausführbare Forderungen zu stellen, auch viel-
leicht allgemeine Grundsätze zu finden, nach denen
bei Anwendung dieses Paragraphen zu verfahren
ist, und es ist zu hoffen, dafz dann die Unsicherheit,
die jetzt darüber zu bestehen scheint, schwindet,
und er wird allmählich die Macht gewinnen, die
ihm in unserem gesamten Bildungswesen zukommt.
Wahrscheinlich wird er dann eine ganz andere Be-
deutung erhalten, als ihm ursprünglich zugedacht war.
Das ist ein Ziel, welches des Schweifzes der
Edlen wert ist. Wer uns diesem Ziel näher bringen
hilft, wird damit einen wesentlichen Beitrag zur
Lösung der sozialen Frage liefern. Er erschliefzt an
seinem Teil unserm Volke neue Bildungswege, die
den Söhnen der minder begüterten Stände es er-
leichtert, sich in die Höhe zu arbeiten und eine ihrer
Begabung entsprechende Stellung zu erringen, auch
den Söhnen der besitzenden Stände würden aller
Wahrscheinlichkeit nach neue Bildungswege er-
schlossen, und es würde eine der Quellen der vielen
nicht verstummenden Klagen über unser Schulwesen
verschlossen werden; vor allem aber, wir würden
dem grofzen Ziel, welches unser Kaiser auf der
Dezemberkonferenz 1890 aussprach und dem wir
uns bis jetzt trotz aller dankenswerten einzelnen Ver-
besserungen doch nur wenig genähert haben, um einen
vielleicht erheblichen Schritt näher kommen:
Mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse des Lebens,
mehr Bildung des Charakters 1 O. Perthes, Prof. a. D.

DIE ZU NIEDRIGE PREISBEMESSUNG INFOLGE IRRTUMS.*)

Die Rechtsprechung steht auf dem für den Ab-
schlufz von Geschäften sehr bedeutsamen Stand-
punkte: Wenn der Verkäufer einer Sache aus Irrtum
über deren Wert den Preis zu niedrig stellt, so kann
er nicht vom Vertrag zurück, sondern hat den durch
seinen Irrtum verursachten Schaden zu tragen.
Dies hat sich mehrfach zugetragen, zumal da,
wo der Verkäufer eines Fabrikats auf Grund voran-
gegangener Kalkulationen den Preis berechnet hatte
und infolge dabei unterlaufener Fehler zu einem ihn
schwer schädigenden Resultate gelangt war. So war es
u. a. auch bei einem Millionenobjekte gekommen, dafz
ein Submittent mit mehreren hunderttausend Mark
hinter dem Selbstkostenpreis zurückgeblieben war.
Bei Beurteilung derartiger Fälle geht das Reichs-
gericht von der Erwägung aus: die Rücksicht auf
die Sicherheit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs
lasse nicht zu, jedem bei einer Willenserklärung
untergelaufenen Irrtum Einfluss auf die Gültigkeit
der Erklärung zu gewähren. Es wird dann näher

ausgeführt, der Irrtum des Verkäufers über den
Herstellungswert könne nicht als rechtlich beacht-
licher Irrtum im Sinne des § 119 BGB.s angesehen
werden. Sogar der Umstand, dafz der Verkäufer
dem Käufer gegenüber die Preiskalkulation erwähnt,
berechtigt an sich den Verkäufer noch nicht, später
den Kauf mit Berufung auf einen Irrtum bei der Kal-
kulation rückgängig zu machen. Das würde vielmehr
nur möglich sein, wenn die Preiskalkulation selbst mit
zum Gegenstand des Vertrages gemacht worden wäre.
Das Reichsgericht geht aber noch beträchtlich
weiter: In verschiedenen Fällen, die seiner Ent-
scheidung unterlagen, hatte der Käufer nach der
Behauptung des Verkäufers bereits beim Angebot
den Irrtum des Verkäufers erkannt, und zwar in
dem einen Falle aus dem im Vergleiche mit den
Preisen anderer Submittenten auffällig niedrigen
Preise und in dem anderen Falle allein aus der
geradezu sinnwidrigen Geringfügigkeit des Preises.
Auch hier hält das Reichsgericht an sich an dem

:) Recht und Kaufmann. 5./0Q.
 
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