Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0029
DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:Eine merkwürdige Pariser Kunstindustrie
DOI Artikel:Der faule Geruch der Abwasser
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1909
« JOURNAL DER OOLDSCHMIEDEKUNST
Schildpatt oder Perlmutter, Bonbonnieren und Schnupf-
tabaksdosen, die meisten aus dem 18. Jahrhundert stammend,
wie es auch die dargestellten Sujets dartun, zarte An-
sichten aus Versailles, die Apollogruppe, Trianon, Monu-
nebeneinander geklebte Haare von verschiedenster Farbe
und Länge hergestellt; der Schneeboden besteht aus weissem
Haar, und die nach wunderschönen Modellen gemalten
Gesichter der Personen brauchen den Vergleich mit den
mente aus dem alten Paris,
die Pofte St. Martin, das
Denkmal Louis XV., der
Karoussellplatz, daneben
Verlobungsgeschenke, ein
Amortempelchen, Land-
schaften mit Trauerweiden
und Zypressen, Stilleben,
ein Ballonaufstieg der Brü-
der Montgolfier und dergl.
mehr. Dies alles ist aus-
schliesslich aus Haar ge-
fertigt, wie denn von den
Tisseurs versichert wird,
dass die aus Haarstaub
bereitete Farbe in jeder
Beziehung den gewöhn-
lichen Oel- und Wasser-
farben vorzuziehen ist
gelungensten Miniaturen
nicht zu scheuen.
Eine andere, ebenso
merkwürdige Spezies dieser
Kunst sind Blumen und
kleine Sträusschen, an denen
besonders die wunderbare
Zartheit von Kelch, Staub-
blüten und Stempel auf-
fällt. Dass diese Arbeiten
in keiner Weise jene über-
treffen, die heutzutage in
Paris angefertigt werden,
beweist ein Porträt von
Thiers, im Besitze der
Familie des berühmten
Staatsmannes, das von
täuschender Aehnlichkeit
ist. In dem linken Seiten-
und viel transparenter und glänzender wirkt. Ein Bild,
den heiligen Vincent de Paul darstellend, wie er im Schnee-
gestöber eine Schar Bettelkinder um sich sammelt, und das
auf 15 000 Francs bewertet ist, zeigt aufs deutlichste die
verschiedene Anwendung des Menschenhaares bei dergleichen
Arbeiten. Die Häuser und Bäume sind in ingeniöser Art,
eine unendliche Geduld und Ausdauer verratend, durch
flügel der Tuilerien, in der permanenten retrospektiven
Ausstellung des französischen Kunstgewerbes, kann man
einen Fächer aus Menschenhaar bewundern, der zu
den Zierden der Pariser Weltausstellung von 1900
gehörte und zu dessen '.Herstellung die namhaftesten
Tisseurs von Paris; mehr als achtzehn Monate gebraucht
haben. Farga (Paris).
' Der faule Geruch der Abwasser.
Die Abwasser,
wie sie vom Hände-
waschen oder Ab-
kochen und zum
Schlüsse auch beim
Auswaschen der
Waren entstehen,
werden zur Rück-
gewinnung derdarin
enthaltenen Edel-
metallteile aufgeho-
ben. Dies geschieht
je nach der Grösse
des Goldschmiede-
betriebes in ver-
schiedener Weise:
Die grossen Etablis-
sements der Edel-
metallbranche haben
zumeist im Souter-
rain des Fabrikbaues
eine Kläranlage, wo
mehrere Fässer
nebeneinander
stehen, die nach und
nach mit den aus der
Fabrik direkt ablau-
fenden Abwassern
gefüllt werden. Als-
dann wird in ge-
wisser Reihenfolge
das Niederschlags-
verfahren ange-
wendet, und die
schlammigen Rück-
stände werden mit
Sägemehl oder der-
gleichen weiter
präpariert. In vielen
Betrieben findetman
auch schon die neue-
ren Filtriersysteme,
bei denen sich die
Wasser teilweise
sofort klären lassen.
Anders ist es in
kleineren und mitt-
leren Werkstätten,
wo entweder der
Preis für solche An-
lagen nicht im Ein-
klang mit dem Ge-
schäftsbetrieb steht
oder wo kein
Platz vorhanden
ist, grössere Klär-
NEUESTE MUSTER VONJ3OLDFILIGRANSCHMUCK: BRACELETT, KOLLIER, BROSCHEN. GÜRTELSCHLOSS in Silber.
Von Joseph B. Citroen, Amsterdam.
« JOURNAL DER OOLDSCHMIEDEKUNST
Schildpatt oder Perlmutter, Bonbonnieren und Schnupf-
tabaksdosen, die meisten aus dem 18. Jahrhundert stammend,
wie es auch die dargestellten Sujets dartun, zarte An-
sichten aus Versailles, die Apollogruppe, Trianon, Monu-
nebeneinander geklebte Haare von verschiedenster Farbe
und Länge hergestellt; der Schneeboden besteht aus weissem
Haar, und die nach wunderschönen Modellen gemalten
Gesichter der Personen brauchen den Vergleich mit den
mente aus dem alten Paris,
die Pofte St. Martin, das
Denkmal Louis XV., der
Karoussellplatz, daneben
Verlobungsgeschenke, ein
Amortempelchen, Land-
schaften mit Trauerweiden
und Zypressen, Stilleben,
ein Ballonaufstieg der Brü-
der Montgolfier und dergl.
mehr. Dies alles ist aus-
schliesslich aus Haar ge-
fertigt, wie denn von den
Tisseurs versichert wird,
dass die aus Haarstaub
bereitete Farbe in jeder
Beziehung den gewöhn-
lichen Oel- und Wasser-
farben vorzuziehen ist
gelungensten Miniaturen
nicht zu scheuen.
Eine andere, ebenso
merkwürdige Spezies dieser
Kunst sind Blumen und
kleine Sträusschen, an denen
besonders die wunderbare
Zartheit von Kelch, Staub-
blüten und Stempel auf-
fällt. Dass diese Arbeiten
in keiner Weise jene über-
treffen, die heutzutage in
Paris angefertigt werden,
beweist ein Porträt von
Thiers, im Besitze der
Familie des berühmten
Staatsmannes, das von
täuschender Aehnlichkeit
ist. In dem linken Seiten-
und viel transparenter und glänzender wirkt. Ein Bild,
den heiligen Vincent de Paul darstellend, wie er im Schnee-
gestöber eine Schar Bettelkinder um sich sammelt, und das
auf 15 000 Francs bewertet ist, zeigt aufs deutlichste die
verschiedene Anwendung des Menschenhaares bei dergleichen
Arbeiten. Die Häuser und Bäume sind in ingeniöser Art,
eine unendliche Geduld und Ausdauer verratend, durch
flügel der Tuilerien, in der permanenten retrospektiven
Ausstellung des französischen Kunstgewerbes, kann man
einen Fächer aus Menschenhaar bewundern, der zu
den Zierden der Pariser Weltausstellung von 1900
gehörte und zu dessen '.Herstellung die namhaftesten
Tisseurs von Paris; mehr als achtzehn Monate gebraucht
haben. Farga (Paris).
' Der faule Geruch der Abwasser.
Die Abwasser,
wie sie vom Hände-
waschen oder Ab-
kochen und zum
Schlüsse auch beim
Auswaschen der
Waren entstehen,
werden zur Rück-
gewinnung derdarin
enthaltenen Edel-
metallteile aufgeho-
ben. Dies geschieht
je nach der Grösse
des Goldschmiede-
betriebes in ver-
schiedener Weise:
Die grossen Etablis-
sements der Edel-
metallbranche haben
zumeist im Souter-
rain des Fabrikbaues
eine Kläranlage, wo
mehrere Fässer
nebeneinander
stehen, die nach und
nach mit den aus der
Fabrik direkt ablau-
fenden Abwassern
gefüllt werden. Als-
dann wird in ge-
wisser Reihenfolge
das Niederschlags-
verfahren ange-
wendet, und die
schlammigen Rück-
stände werden mit
Sägemehl oder der-
gleichen weiter
präpariert. In vielen
Betrieben findetman
auch schon die neue-
ren Filtriersysteme,
bei denen sich die
Wasser teilweise
sofort klären lassen.
Anders ist es in
kleineren und mitt-
leren Werkstätten,
wo entweder der
Preis für solche An-
lagen nicht im Ein-
klang mit dem Ge-
schäftsbetrieb steht
oder wo kein
Platz vorhanden
ist, grössere Klär-
NEUESTE MUSTER VONJ3OLDFILIGRANSCHMUCK: BRACELETT, KOLLIER, BROSCHEN. GÜRTELSCHLOSS in Silber.
Von Joseph B. Citroen, Amsterdam.