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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 5
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Das englische Juwelierwarengeschäft im Jahren 1908
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Was ist unter Schmucksachen zu verstehen, die vom Hausierhandel ausgeschlossen sind?
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0059

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190g . . JOURNAL DER GQLDSCHMIEDEKUNST ■-—-41

britannien im Zurückgehen begriffen ist, bestätigt auch
die deutsche Handelsstatistik, welche eine Abnahme unserer
Ausfuhr in der Mehrzahl der in Betracht kommenden
Artikel während des letztvergangenen Jahres konstatiert.
Deutschlands Versand von Goldwaren nach Grossbritannien
ist nämlich in den ersten elf Monaten 1908 von 65,33 dz
auf 36,62 dz in der gleichen Zeitperiode des Vorjahres
zurückgegangen, desgleichen der Export von Waren aus
Platin und Platinmetallen von 1,09 dz auf 0,13 dz, sowie
auch die Ausfuhr von Schmuckgegenständen aus Silber,
Silbergeflechte, Silbergewebe usw. von 53,92 dz auf
38,11 dz. Besonders erheblich ist der Rückgang des

deutschen Versands von Waren aus vergoldeten oder mit
Gold belegten unedlen Metallen, soweit sie Schmuck-
gegenstände, Toilette- und Nippessachen betreffen: Diese
Ausfuhr nach England bezifferte sich nämlich auf 136 dz
gegen 204 dz in den ersten elf Monaten 1907. Schliess-
lich zeigt auch Deutschlands Ausfuhr von feingearbeiteten
Schmuck-, Zier- und sonstigen Luxusgegenständen aus
nur unedlen Metallen eine Abnahme von 327 dz auf
237 dz. Nur bei unserer Ausfuhr von Tafelgeräten aus
Silber nach Grossbritannien ist eine Zunahme von 31,75 dz
auf 37,49 dz zu verzeichnen.

(V
Ein Händler, der sich im Besitz eines Gewerbe- und
eines Wandergewerbescheins für Galanteriewaren befand,
hatte auch Ringe und Broschen im Wege des Hausier-
handels feilgeboten und an das Publikum vertrieben. Des-
wegen angeklagt, machte er geltend, dass die von ihm
verkauften Broschen und Ringe ganz billige Ware ge-
wesen seien. Diese könnten als Schmucksachen oder
Bijouterien im Sinne von § 56 der Gewerbeordnung, die
vom Hausierhandel ausgeschlossen seien, nicht gelten.
Die Strafkammer hat diesen Standpunkt des Angeklagten
gebilligt. Sie hat den angeklagten Händler freigesprochen,
indem sie ausführte, dass die Gewerbeordnung unter
Schmucksachen und Bijouterien offenbar nur Sachen von
erheblicherem Wert verstehen wolle. Warum, das bleibt
allerdings das Geheimnis der Strafkammer.
In einer Entscheidung vom 6. April 1908 ist der I.
Strafsenat des Königlichen Kammergerichts dieser Auf-
fassung auch entgegengetreten. Die unsere Leser gewiss
interessierenden Gründe sind im wesentlichen folgende:
Die Auffassung der Strafkammer steht im Widerspruch mit
den Absichten des Gesetzgebers sowie der Entstehungs-
geschichte des § 56 der Gewerbeordnung. Die in Ziffer 11
des § 56 bezeichneten Schmucksachen, Bijouterien, Brillen
und optischen Instrumente sind erst durch die Novelle vom
Jahre 1896 zur Gewerbeordnung aufgenommen und damit
vom Hausierhandel ausgeschlossen. Wie sich aus den
Motiven zu dieser Novelle ergibt, wurden die gesetz-
gebenden Körperschaften hierbei von dem Gedanken ge-

)
leitet, dass der Hausierhandel mit diesen Gegenständen
eine grosse Gefahr für das Publikum bedeute; gewissen-
lose Händler wären zu leicht in der Lage, wertlose Gegen-
stände unerfahrenen Käufern für teures Geld aufzuschwatzen.
Solche Übervorteilungen, die gerade beim Hausierhandel
zu leicht möglich seien, sollten aber vermieden werden. —
Beim Erlass dieser Novelle waren in Ziffer 3 des § 56 der
Gewerbeordnung der Vertrieb von Gold- und Silberwaren
im Wege des Hausierhandels verboten. Wenn die Novelle
sich nun bemüssigt fühlte, in Ziffer 11 Schmucksachen und
Bijouterien vom Hausierhandel noch besonders auszu-
nehmen, so muss sie unter Schmucksachen wohl etwas
von Ziffer 3 verschiedenes gemeint haben. Während näm-
lich Ziffer 3 nur aus edlen Metallen hergestellte Sachen
betrifft, soll Ziffer 11 ganz allgemein alle Gegenstände um-
fassen, die zur Schmückung des menschlichen Körpers
dienen. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob diesen
Gegenständen ein Metallwert innewohnt oder nicht.
Broschen und Ringe sind unbedenklich und ohne Rücksicht
auf ihren Wert in jedemFall als Schmucksachen zu betrachten.
Der angeklagte Händler konnte nun auch nicht deshalb
für straffrei erklärt werden, wie das Kammergericht zum
Schluss noch ausdrücklich hervorhebt, weil er etwa in dem
guten Glauben sich befand, Broschen und Ringe von un-
bedeutendem Wert seien keine Schmucksachen im Sinne
der Gewerbeordnung. Das wäre ein reiner Rechtsirrtum
auf Seiten des Händlers, und der ist stets unbeachtlich.
Unkenntnis des Gesetzes kann vor Strafe nie schützen.

Was ist unter Schmucksachen zu verstehen,
die vom Hausierhandel ausgeschlossen sind?
on unserem juristischen Mitarbeiter.


(7

(Friedrich Nietzsche.)


Ci:

Ein. tüchtiger Handwerker oder Gelehrter nimmt sich gut aus, wenn
er seinen Stolz bei seiner Kunst hat und genügsam und zufrieden auf das
Leben blickt. Nichts hingegen ist jämmerlicher anzuschauen, als wenn ein
Schuster oder Schulmeister mit leidender Miene zu verstehen gibt, er sei
eigentlich für etwas Besseres geboren.
 
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