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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 15
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Binhardt, Georg: Alexander Charpentier †
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L., M.: Französische Schmuckstücke und die deutsche Goldschmiedekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0138

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— ä JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST >

Ns 15

120


Charpentier ist tot. Als Medailleur und Bildhauer
bleibt er ewig nachahmenswert durch sein reines Empfinden
für das Natürliche, ewig Künstlerische, das in allen seinen
Werken steckt.
Als Mensch wird Charpentier grosse Liebenswürdig-
keit und edler Charakter nachgerühmt. Er war sehr musi-
kalisch und in seinem Hause versammelten sich die Grössten
seiner Zeit, die er auch alle im Bilde verewigt hat.
Nach entbehrungsvoller Jugend, nach heissem Mannes-

kampf hat er sich und sein Ideal durchgesetzt. Der tiefe,
poetische Ernst seines Wesens verband ihn innig mit
Meunier, mit dem er auch in seiner Kunst vieles gemein-
sam hat.
Charpentier hat das Höchste erreicht, was ein Sterb-
licher gewinnen kann. Weit über die Grenzen seines
Vaterlandes hinaus wird sein Name im goldenen Buch
der Menschheit aufgezeichnet bleiben.
Georg Bindhardt, Altona a. E.


Französische Schmuckstücke und
Es braucht den Nationalstolz unserer deutschen Gold-
schmiede durchaus nicht zu verletzen und dem Ruhm und
den Erzeugnissen unserer heimatlichen Meister in ver-
gangenen und jetzigen Tagen keinen Abbruch zu tun, wenn
diese Zeilen davon reden, dass sich die Art und Weise
der Herstellung von Schmuckgegenständen in Deutschland
ganz besonders in neuerer Zeit mit Vorliebe an die Eigen-
tümlichkeiten französischer, speziell der Pariser Arbeitsweise
anlehnt; ja dass der deutsche Goldschmied eifrig danach
strebt, seine Erzeugnisse, was Eleganz und Feinheit anbe-
langt, denen des Nachbarlandes gleich zu stellen.
In der Juwelenfabrikation tritt dieses Bestreben ganz
besonders deutlich hervor, was ja auch sehr natürlich ist,
da sich gerade in diesem Zweige der Goldschmiedekunst
Grazie und Formenschönheit in der Linienführung der
Zeichnung sowohl, als auch in der Behandlung des Materials
vereinen müssen, um den Wert der Objekte zur vollen
Geltung zu bringen.
Kein einsichtsvoller Fachmann wird sich der obener-
wähnten Tatsache verschliessen können, an der besonders
charakteristisch ist, dass sie nicht einer zufälligen Mode-
laune entspringt, die den Goldschmied zwingt, gegen seine
künstlerische Überzeugung seine Fabrikate dem vorüber-
gehenden Geschmack des kaufenden Publikums anzupassen,
sondern es ist die ehrliche Dokumentierung echten Kunst-
sinnes, der so fest in unserer deutschen Schmuckkunst

die deutsche Goldschmiedekunst.
wurzelt, dass er das Gute da nimmt, wo er es findet,
ohne nach seiner Herkunft zu fragen.
Wer sich heute die Reiselager unserer Hanauer und
Pforzheimer Juwelenfabrikanten betrachtet und Vergleiche
zwischen den heutigen Fabrikaten und beispielsweise denen
der letzten Jahre des vorigen Jahrhunderts und den ersten
des neubegonnenen anstellt, dem wird der Unterschied in
geradezu verblüffender Weise vor Augen treten.
Überaus zierliche Formen selbst der reichsten Juwelen-
stücke in zarter, auf das eleganteste ausgearbeiteter Fassung,
die Metallstärke der einzelnen Teile auf das unbedingt
notwendige Mass reduziert, die Solitärfassungen luftig
und fein in Handarbeit durchbrochen, in den anmutigen
Linien des dominierenden Empire gehalten, das ä jour der
Steine frei und sauber ausgesägt, das edle Platina in allen
Teilen angewandt, so repräsentieren sich die neueren Er-
zeugnisse deutscher Goldschmiedekunst.
Verschwunden ist der früher fast überall verwandte ge-
presste Chaton mit seinen unschönen, sich stets in gleicher
Weise wiederholenden Formen, verschwunden sind die dicken
hohen Messerdrähte und undurchbrochenen Kasten; statt
der früher konsequent durchgeführten Faden- und Abdeck-
fasserei, teilweise sogar auf Folie, erfreut heute das prickelnde,
pikante Mille griffes das Auge. Alle unnötigen Höhen
und Stärken sind vermieden, nicht nur bei der eigentlichen
Fassung, sondern auch bei den der praktischen Verwendung
 
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