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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 27
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René Lalique
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0235

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30. Jatjrg.

Leipzig, 3. Juli 1909.

Ur. 27.

Journal her Qolbsdjmiet) ckunst


riadjbrucfe aller Artikel oljnc Genehmigung ber Rebakfion ist verboten.

Rene Lalique.

Auf dem Gebiete der modernen Schmuckkunst nehmen
die wunderbaren Schöpfungen Laliques eine unerreichte
Sonderstellung ein. Seine gesamten Werke sind aus-
schliesslich technische Meisterstücke von solch dekorativer
Wirkung, wie sie nur eine künstlerisch begabte, emp-
findungsreiche und seelen-
volle Phantasie zum Aus-
druck bringen kann.
Unverkennbar sind
auch der Ansporn und
vor allem die befruch-
tende Anregung, die die
Werke dieses genialen
Pariser Schmuckkünstlers
auf die heutige Kunstrich-
tungausgeübthaben. Seine
Schmuckstücke sind Ge-
dichte und verkörperte
Traumgestalten, die uns
farbenfrohe, bezaubernde
Stimmungen offenbaren. In
vollendeter Technik sind
alle Eigenheiten des Mate-
rials in künstlerischer Weise
zu harmonischen Akkorden
von mächtiger Klangfülle
vereinigt. Die Pracht seiner
Meisterwerke wirkt nicht allein durch den Zauber, der den
verwendeten Edelmineralien innewohnt und der von den
zarten Farbentönungen des Emails ausströmt, sondern
hauptsächlich durch den fesselnden Reiz ihrer charakte-
ristischen Gestaltung.
Rene Lalique (geb. 1860) war von Kindheit an ein
grosser Naturschwärmer, eine Leidenschaft, die zur Ent-
wickelung seines künstlerischen Temperaments sehr viel

beigetragen hat. Während seiner Schul- und Studienzeit
bestand sein grösstes Vergnügen darin, alles zu skizzieren,
womit ihn sein lebhafter Geist beschäftigte. Bereits mit
15 Jahren suchte er sein Können praktisch zu verwerten,
indem er Blumenbuketts auf dünne Elfenbeinkärtchen malte,
für die er ständig guten
Absatz fand. 1876 trat er
zu dem Bijoutier Louis
Aucoc in die Lehre, um
sich die technischen Fertig-
keiten dieses Berufes anzu-
eignen. Nach zweijähriger
Lehrzeit siedelte er nach
England über, wo er sich
besonders im Zeichnen
weiter ausbildete. Nach
Paris zurückgekehrt be-
tätigte sich Lalique einige
Jahre als Musterzeichner
für Bijouterien; in der freien
Zeit nahm er Unterricht in
der Bildhauerei, um auch
diese Kunst seinen Be-
strebungen nutzbar zu
machen.
1886 übernahm Lalique
das Geschäft des Juweliers
Jules Destape in der Rue de la Paix zu Paris. Dieses
bedeutete einen Wendepunkt in der Art seines Schaffens.
Bisher hatte er sich bei seinen Entwürfen den Wünschen
seiner Auftraggeber fügen müssen, jetzt konnte er sich
frei entfalten und sich ganz seinen Schöpfungen widmen,
die von dieser Epoche an auch völlig frei von jedem
fremden Einfluss sind. Eine Zeit lang übte er ausschliess-
lich die Juwelierkunst, wobei er besonders den glänzenden
 
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