Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

DOI Heft:
Nr. 11
DOI Artikel:
Die moderne Hutnadel
DOI Artikel:
Jessen, Jarno: Bäuerischer Schmuck
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0109

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
« JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■

91

1909


Eine reichhaltige Auswahl bietet sich in Hut-
nadeln mit Miniaturmalereien im altfranzösischen
wie modernen Geschmack. Da sehen wir Wieder-
gaben berühmter Gemälde wie z. B. die Duchess of
Devonshire von Gainsborough, oder Lady Hamilton
u. a. m., oder Schäferszenen in Watteaugeschmack,
Amoretten und anmutige Kinderköpfe, die in mehr
oder minder kostbaren Rahmen, vom glatten Gold-
reifen bis zur brillantgeschmückten Festoneinfassung,
aufs trefflichste zur Geltung kommen und einen
ebenso kostbaren wie geschmackvollen Hutschmuck
bilden. Grosse Kugeln, Eicheln, Nüsse oder Tropfen
aus durchscheinender Emaille, von einem feinen
Goldnetz überspannt, das an den Kreuzungspunkten
mit Diamantsplittern besetzt ist, scheibenförmige
Schildpattköpfe mit ziselierten Goldornamenten und
Juwelenschmuck, ferner Käfer, Vögel, Eidechsen und
dergl. aus Farbsteinen stellen einige weitere hoch-
moderne Neuheiten in Luxushutnadeln dar. —


Bäuerischer Schmuck.
Von Jarno Jessen.
Es ist eine alte Wahrheit, dass derjenige der
Klügste ist, der überall, auch von dem Einfachsten,
zu lernen versteht. Jeder hat seine Erfahrungen
gesammelt, sie gehen bei jedem durch eine andere
Auffassungsweise und so ist das Leben voll reichster
Wissensschätze. Auf Reisen, in entlegensten Welt-
winkeln sind wir oft erstaunt, aus schlichtem Munde
wahre Weltweisheit zu vernehmen. Da hat der Kluge
Gelegenheit Bescheidenheit zu lernen, denn Verstand
und Gemüt sind unabhängig von allem Kulturfirniss
ausgeteilte Güter. Ja, selbst der gute Geschmack, den viele
als Blüte der Bildung preisen, ist oft genug eine ange-
borene Gabe. Nichts konnte für diese Tatsache beredter

Wiener 3uwelensd)muck Korsage
Wir stehen nicht an zu behaupten, dass einfache Be-
fruchtungen von hier auch auf die moderne Edelmetallkunst
einwirken werden. Im Studium des Bauernschmucks sind

sprechen, als die soeben in Berlin von dem Lyceum-Klub
veranstaltete vielbewunderte Volkskunst-Ausstellung. Hier
verstummte plötzlich alles Hochgefühl moderner Kunstge-
werbler ein wenig. Wie herrlich weit hatten es überall
doch schon die Bauern gebracht. Der Reichtum ihrer
Phantasie, ihre gesunde Art, Motive der Natur direkt zu
übertragen, aus Bibel und Sage zu schöpfen, ihre Farben-
freudigkeit, ihre Zierlust wirkten geradezu wie Offenbarungen.
Jede Einzelheit, auf die der kritisch geschulte Blick ein-
gestellt wurde, überraschte oft als unglaubliche Leistung
der sogenannten Unkultur. Jede Art moderner Kunstge-
werbebetätigung hatte hier zu lernen, der Möbelbauer, der
Schmied, der Sticker, der Weber, der Musterzeichner und
nicht zuletzt der Goldschmied. Ja, selbst aus den Gebieten
der hohen Kunst konnte der Baumeister sein Wissen be-
fruchten, gerade heute, wo der Zug der Zeit den Stadt-
müden so oft zum ländlichen Eigenhaus drängt. Zum
wahren Quickborn bäuerlichen Kunstfleisses ist diese Volks-
kunst-Ausstellung tatsächlich geworden.

wir oft genug lieben Bekannten begegnet. Es fiel uns
plötzlich ein, dass wir eigentlich schon längst solche
bayerischen Knöpfe oder friesischen Spangen oder norwe-
gischen Ketten getragen hatten. Der Gedanke war uns nur
nicht gekommen, dass so etwas bäuerlichen Ursprungs sein
konnte. Freilich müssen wir mit unserem Lob auch vor-
sichtig sein, denn der Landkünstler hat oft genug bei dem
städtischen Anleihen gemacht. Er hat sich nicht gescheut,
aus der Renaissance, dem Rokoko, dem Empire direkt zu
übertragen. Aber zuweilen ist er sehr hartnäckig auf sich
selber gestellt geblieben und hat selbst eine so glückliche
Tradition entwickelt, dass die Städter gern zu ihm in die
Schule kommen.
Wir haben alle mit wahrem Aufatmen die Tatsache
begrüsst, dass die moderne Kunstgewerbebewegung auch
das Gebiet des Schmucks so stark mit erfasste. Neue
Formen, neue Materialien waren plötzlich in die Erscheinung
getreten, es lässt sich nicht leugnen, dass eine andere Zeit
auch hier ein abgewandeltes Wesen zur Schau trug. Und
 
Annotationen