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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 29
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Das neue Gesetz über den unlauteren Wettbewerb und die Gold- und Silberwarenbranche
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0275

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1909 o._ -■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST 257

Das neue Gesetz über den unlauteren Wettbewerb

und die Gold- und
In Nummer 13/15 des „Journal der Goldschmiede-
kunst“ hatten wir den seitens der Reichsregierung aus-
gearbeiteten und am 8. Januar dem Reichstag zur Beratung
und Beschlussfassung vorgelegten Entwurf eines neuen
Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb einer ein-
gehenden Betrachtung unterworfen. Wir hoben die mehr-
fachen neuen und wesentlich verschärften Bestimmungen
zur Bekämpfung der verschiedenen Arten des unlauteren
Wettbewerbs, speziell des gewerblichen Ausverkaufs-
Unwesens hervor, die der Entwurf gegenüber dem alten
Gesetz über den unlauteren Wettbewerb vom 27. Mai 1896
enthielt und wiesen speziell auf die Bedeutung dieser
Bestimmung für die Gold- und Silberwarenbranche hin,
da mit diesen neuen Bestimmungen ein geeignetes Mittel
an die Hand gegeben sei, dem unlauteren Wettbewerb,
der seit einer Reihe von Jahren in der Gold- und Silber-
warenbranche so sehr an Umfang und Gefährlichkeit
zugenommen hat und den reellen Kreisen des Gewerbes
Leben und Geschäft immer mehr erschwert, mit grösserem
Erfolge als bisher entgegenzutreten. Wir gaben der
Hoffnung Ausdruck, dass der Reichstag die neuen gesetz-
lichen Bestimmungen annehmen und vor allem eine Ab-
schwächung des beabsichtigten Gesetzes und eine Streichung
gerade der wichtigsten Paragraphen des Entwurfs über
die Bekämpfung des Ausverkaufsunwesens, wie sie von
gewisser Seite erstrebt und in lebhafter Agitation befür-
wortet wurde, zurückweisen werde.
Diese Hoffnung, die wir in jenen Artikeln aussprachen,
ist inzwischen in Erfüllung gegangen. Der Reichstag hat
in seiner Sitzung vom 18. Mai die vorgeschlagenen Be-
stimmungen über die Bekämpfung des unlauteren Wett-
bewerbs nicht nur angenommen, ohne jede Abschwächung
oder Streichung eintreten zu lassen, sondern im Gegenteil
noch einige verschärfende Bestimmungen hinzugefügt bezw.
an dem Entwurf der Regierung noch einige Änderungen
vorgenommen, die die Wirkung des Gesetzes für den
beabsichtigten Zweck, die reellen Kreise in Handel und
Gewerbe gegen, .unlautere Praktiken im geschäftlichen
Wettbewerb nachhaltig zu schützen, noch wesentlich zu
erhöhen geeignet sind. Der mit diesen Abänderungen
versehene Entwurf ist von der Regierung am 7. Juni zum
Gesetz erhoben worden, das vom 1. Oktober d. J. in Kraft
treten wird und damit das alte Gesetz vom 27. Mai 1896
äusser Wirkung setzt. Der Verfasser dieser Zeilen darf
vielleicht darauf hinweisen, dass seine Ausführungen, die
er in den erwähnten Nummern des „Journal der Gold-
schmiedekunst“ sowie in anderen Fachblättern über den
Gesetzentwurf machte, einiges dazu beigetragen haben,
die gesetzgebenden Kreise über die Notwendigkeit der
unverkürzten und ungemilderten Annahme der vorge-
schlagenen neuen Bestimmungen im Interesse der reellen
gewerblichen Kreise zu orientieren und vor allem jener

Silberwarenbranche.
(Nachdruck verboten.)
Agitation, die die Streichung gerade der wichtigen Para-
graphen über das Ausverkaufswesen erstrebte, entgegen-
zuarbeiten, denn jene Ausführungen gelangten in der Be-
ratung über das Gesetz wiederholt zur Verlesung und
dienten besonders der vorbereitenden Kommission als
Unterlage.
Die von dem Reichstag noch vorgenommenen Zusatz-
bestimmungen und sonstigen Abänderungen des ursprüng-
lichen Gesetzentwurfes lassen es angebracht sein, noch-
mals auf das neue Gesetz, soweit es durch jene Ab-
änderungen betroffen worden ist, einzugehen, dann aber
vor allem auch die Bedeutung und Wirkung des neuen
Gesetzes auch für die industriellen, nicht nur die Handels-
kreise der Gold- und Silberwarenbranche hinzuweisen,
was in unseren ersten Ausführungen unterlassen wurde.
Um so mehr ist solches angebracht, als ja auch die indu-
striellen Kreise unserer Branche seit Jahren schon mit
geschäftlichen und gewerblichen Missständen verschiedener
Art zu kämpfen haben, gegen die das neue Gesetz eben-
falls Repressalien an die Hand gibt.
Vor allem ist in das Gesetz die Bestimmung gegen
das gewerbsmässige Ausverkaufswesen, die in dem Ent-
wurf unter § 7, in dem definitiven Gesetz aber unter § 8
figuriert (infolge einer Verschiebung der Paragraphen, die
durch einige neue Zusatzbestimmungen seitens des Reichs-
tages notwendig geworden ist) vollinhaltlich aufgenommen.
Der § 8 besagt in seiner endgültigen und nur wenig
umgeänderten Form ausdrücklich: „Mit Gefängnisstrafe
bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu fünf-
tausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft,
wer im Falle der Ankündigung eines Ausverkaufs Waren
zum Verkauf stellt, die nur für den Zweck des Ausver-
kaufs herbeigeschafft worden sind (sogenanntes Ver-
schieben oder Nachschieben von Waren)11. ■— Das Gesetz
spricht also in diesem Paragraphen, was in dem Gesetz-
entwurf nicht der Fall war, ausdrücklich von dem Nach-
schieben von Waren zum Zwecke des Ausverkaufs und
macht ein solches in der überaus präzisen Fassung des
angeführten Paragraphen in Zukunft unmöglich, womit,
wie schon früher ausgeführt, der Gold- und Silberwaren-
handel nunmehr die Möglichkeit gewinnt, den gewerbs-
mässigen Ausverkäuflern in der Branche, deren Treiben
im wesentlichen ja nur in einem fortlaufenden und rein
geschäftsmässig betriebenen Nachschieben von Waren zum
Zwecke des Ausverkaufs besteht und das sich seit Jahren
zu einem fressenden und so überaus gemeingefährlichen
Übel für die gesamte Gold- und Silberwarenbranche
herausgebildet hat, erfolgreich entgegenzutreten. Die nach-
drückliche Geltendmachung tfnd Anwendung dieses Para-
graphen muss fortan zum geschäftspolitischen Handwerk
des gesamten Goldschmiedegewerbes, speziell natürlich
der händlerischen Kreise desselben, werden, um wieder
 
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