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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 25
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Verbandstag der Grossisten des Edelmetallgewerbes in Hamburg
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Leipheimer, Hans Dietrich: Forderungen im modernen Kunstgewerbe, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0222

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204

von Tisch zu Tisch gereicht. Trotzdem anderwärts im
deutschen Vaterlande die Obstbäume noch keine Früchte
tragen, hatte man hier Gelegenheit, erlabende Kirschen
von den Bäumen zu pflücken und manches Wort des
Bedauerns wurde laut, als die Zeit zum Aufbruch mahnte.
Nachdem der Vorsitzende des Verbandes den liebens-
würdigen Gastgebern herzlichen Dank ausgesprochen hatte,
trennte man sich in dem Bewusstsein, dass der Hamburger
Verbandstag infolge des schönen Empfangs bei der Firma
Aug. F. Richter in ewiger Erinnerung bleiben werde.

Ai 25

Nach der anschliessenden Wagentour durch die hüb-
schesten Partien der Innen- und Aussenalster an dem
neuen kolossalen Bismarckdenkmal vorbei, wurde eine
Dampferfahrt durch die verschiedenen Häfen angetreten,
um die gewaltigen Quai-Anlagen und das grossartige
Hafengetriebe kennen zu lernen. Dann ging die Fahrt
per Schiff nach Blankenese, einem der herrlichsten
Punkte der Elbe. Abends 8 Uhr erfolgte die Rückfahrt
nach Hamburg, womit die ereignisvolle Tagung ihren Ab-
schluss fand.

JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST



Forderungen im modernen Kunstgewerbe.
Von Hans Dietrich Leipheimer, Darmstadt.

Anders ist es aber, wenn die Maschine missbraucht
wird, um durch eine billige Technik, womöglich noch unter
Verwendung billigeren und schlechteren Materials, die teuere
Handarbeit zu ersetzen. Wir haben immer noch die löb-
liche Sitte aus früheren Zeiten beibehalten, bei sportlichen
Wettbewerben den Siegerpreis in Form eines Pokales oder
ähnlichen Kunstgegenstandes zu verteilen. Obwohl der
Pokal ursprünglich noch mehr als heute Gebrauchsgegen-
stand war, so lag doch schon seit langem der Ton mehr
auf dem Zier- oder Schaustückmässigem. Heute ist dies
fast ausschliesslich der Fall, aber die Form und ihre Ausge-
staltung widersprechen dem in sehr vielen Fällen. Hier
sehen wir nichts von zierlicher Handarbeit, nichts von geist-
voller Formensprache, welche das charakteristische Merk-
mal einer Ehrengabe sein müsste. Die Fabrik hat sich
dieser ausschliesslich in das Gebiet der Werkstattarbeit
gehörenden Erzeugnisse bemächtigt und ersetzt die leben-
dige Treibarbeit durch kalte Pressung. Je geringer der
zur Verfügung stehende Preis ist, desto grösser dem Um-
fang nach scheint es, muss der Pokal sein. Möglichst glatte
langweilige Flächen, möglichst viel Material, und auch
dieses nur aussen echt, ist hier die Parole geworden.
So sieht der Schrank, in dem ein erfolgreicher Sports-
mann seine Triumphzeichen aufbewahrt, wie die Auslage
eines Blechwarenladens aus. Will man wirklich dagegen
einwenden, der Pokal soll ein Gebrauchsgegenstand sein
und es sei nicht die Schuld der Fabrik, dass dies heute
nicht mehr der Fall, so fragen wir, was soll denn aus
diesen oft einen Liter fassenden versilberten Gefässen ge-
trunken werden? Sekt doch nicht! Ein feiner Wein doch
nicht! Bier etwa? Nein, eine Ausflucht, die unsere An-
sicht auch nur mildern könnte, gibt es nicht, es muss
ohne Rückhalt ausgesprochen werden, dass hier Zustände
sich entwickelt haben, welche einen schädigenden Ein-
fluss auf unseren ganzen Volkscharakter ausüben. Es sind
ja nicht nur diese Preispokale, welche soeben als Beispiel
angeführt wurden, es sind alle die vielen Luxusgegenstände,
welche keinen oder nur angeblichen Gebrauchszweck haben.
Die fabrikationsmässige Herstellungsweise hat diese Dinge
in unendlichen Massen auf den Markt geworfen, nicht
um vorhandene Bedürfnisse zu decken, sondern das An-
gebot soll die Bedürfnisse hervorrufen. Das Erwecken

(Schluss).
neuer Bedürfnisse ist an sich gewiss ein Hauptfaktor der
kulturellen Entwicklung, aber eben nur dann, wenn die
ethischen Kräfte der Menschheit dadurch gestärkt werden.
Der Massenschund demoralisiert, indem er hohlen Schein
an die Stelle des Echten setzt. Er ist der Feind jeder
echten Kunst, denn er benützt sie nur als Maske, um
mehr zu scheinen als er ist. Er ist der Antipode der
Kunst, denn Kunst ist höchste Ethik, weil sie über das
Ethische, das schon im echten Material steckt, noch
hinausgeht, indem sie dieses Material durch ihren Schmuck
noch auf eine höhere Stufe der Vollkommenheit hebt.
Wir sind hier an dem Punkte angelangt, wo die
Formulierung spezieller Forderungen für die Metallver-
arbeitungskunst am Platze ist. Wir fordern in erster Linie
echtes Material, solange als dies irgendwie mit dem Preise
vereinbart werden kann. Am höchsten steht das Werk,
dem die Handgeschicklichkeit und die Künstlerschaft seines
Schöpfers einen selbständigen Wert gibt, der mit dem
Material nichts zu tun hat. Hier ist reines Kunstwerk,
die Verwendung echten Materials ist selbstverständlich.
Aber auch darüber hinaus soll, sobald ein fester Preis in
Frage kommt, am echten Material festgehalten werden
und lieber auf die reichere Ausgestaltung zu Gunsten der
einfacheren verzichtet werden. Ein kleines handgearbeitetes,
in der Form einfaches Gefäss aus echtem Material ist
wertvoller, als ein grosses, durch maschinelle Technik reich-
verziertes unechtes. Ist das edle Metall nicht mehr zu
erschwingen, so würde am besten, wie in früheren Zeiten,
das unedle an seine Stelle treten, also statt Gold und
Silber etwa Kupfer, Zinn, und die Skala würde dann
wieder beginnen bei der reicheren Handarbeit von künst-
lerischer Vollendung. Über technische Errungenschaften,
wie die mannigfachen Legierungen und Kompositions-
metalle, welche uns die letzten Zeiten gebracht haben,
können wir aber nicht mehr hinweggehen. Sie sind da
und haben daher Existenzberechtigung ebenso wie ver-
gleichsweise die unendlich vielen Druckverfahren, die an die
Stelle des Holzschnittes und Kupferstiches getreten sind.
Der grosse Nachteil für die Kunst liegt nicht darin,
dass sie entstanden sind, sondern darin, dass sie so
plötzlich in Überfülle auftauchten. Die Kunst hat nicht
Zeit gehabt, sie zu bewältigen und diejenigen Formen
 
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