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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 1
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Steinkunde und Steinhandel
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0037

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STEINKUNDE UND STEINHANDEL

Unter verantwortlicher Redaktion von ALEX. HOUDELET,
Juwelier und Goldschmied in BERLIN N. 4.

Falsche und echte Steine.
Originalaufsatz des „Journals der Goldschmiedekunst“.
(Nachdruck verboten.)
Im Kunstgewerbeverein zu Berlin sprach kürzlich Herr Geh.
Reg.-Rat Prof. Dr. A. Miethe von der Technischen Hochschule
in Gegenwart vieler Mitglieder der Freien Vereinigung der Gold-
schmiede über falsche und echte Steine. Der Redner führte aus,
dass bei den ältesten Kulturvölkern bereits die Neigung be-
standen habe, Schmucksachen, welche Mineralien verschiedener
Art aufwiesen, zu tragen. In den frühesten Zeiten waren nur
wenige Edelsteine bekannt und diese standen im Preise ver-
hältnismässig sehr hoch, so dass sich nur die Reichen damit
zieren konnten. In jener Epoche wurden bereits Versuche an-
gestellt, die echten Steine durch Imitationen zu ersetzen. Im
besonderen gelang es den Alten, Glasflüsse herzustellen, die den
echten in der Farbe täuschend ähnlich waren; bis heute ist es
noch nicht möglich gewesen, diese erste Technik, mit deren
Hilfe die Glasflüsse hergestellt wurden, wieder aufzufinden. Be-
sonders den künstlichen Türkis erzeugte man in wundervoller
Ausführung, eine Kunst, die lange Zeit verloren gegangen war
und erst im 19. Jahrhundert wiedergefunden wurde.
Ende des 19. Jahrhunderts gelang es der Wissenschaft, künst-
liche Edelsteine herzustellen, die jedoch keine Imitationen waren,
sondern Surrogate. Unter die Imitationen, die bis dahin angefertigt
wurden und die man auch heute noch herstellt, rechnet man in
erster Linie den Simili, einen Glasfluss von möglichst hohem
Brechungsindex; dessen Unterkörper mit einer Folie bedeckt ist;
ausserdem alle Glasflüsse, welche in Farbe den echten möglichst
gleichkommen; bei denen aber die chemischen und physikalischen
Eigenschaften der letzteren vollständig fehlen. (Auf die Her-
stellung der Glasflüsse werden wir in einem späteren selbständigen
Aufsatze eingehen. D. Red.) Eine, andere Technik sei, — so
führte Herr Prof. Miethe weiter aus, — Herstellung der Doubletten,
bei denen einmal Ober- und Unterkörper aus Glasfluss bestehen,
welche in der Mitte mit einer farbigen Schicht verkittet sind;
ein andermal besteht Ober- und Unterteil aus Glas, jedoch ist
bei der Tafel ein ganz dünnes Blättchen echten Kristalls ange-
schmolzen; derselbe Fall zeigt sich auch bei der Külasse. Bei
allen diesen Arten wird farbloses Glas verwendet. Viele
Juweliere nehmen namentlich bei in Kasten gefassten Steinen
eine Stahlspitze oder Feile und versuchen, den Stein zu ritzen;
ist dies nicht der Fall, so ist der Stein allemal echt.
Äusser diesen gibt es noch Doubletten, deren Oberteil ein
Naturkristall ist und nur das Unterteil Glasfluss.
Eine andere Möglichkeit ist die, echte Steine durch minder-
wertige Halbedelsteine zu ersetzen, und dies soll ja sehr oft
angewendet werden. Selbst erfahrene Juweliere liessen sich da
nicht selten düpiren, obwohl die Wissenschaft Mittel und Wege
hat, den Betrug zu erkennen. (Die Apparate jedoch, die dazu
gehören, sind sehr kostspieliger Natur, und es ist dazu auch ein
genaues, viel Zeit und Mühe bedingendes Studium erforder-
lich. D. Red.) Mit Vorliebe werden die Turmaline als wertvollere
Steine in den Handel gebracht, weil diese die meisten Farben
aufweisen. Im letzten Jahrhundert wurde ein Verfahren bekannt,
mit dessen Hilfe man durch Zusammenschmelzung kleiner Steine
grössere erzielte. Dies gelang vorzüglich beim Rubin. Da diese
Zusammensetzungen in Farbe wie in physikalischer und chemischer

Beziehung den echten Rubinen gleich waren, konnte man mit
Recht hier von Surrogaten reden.
Nach und nach gelang es auch, nach älteren Verfahren des
letzten Jahrhunderts künstliche Edelsteine aus Thonerde mit
Chromzusatz herzustellen, diese Verfahren wurden vereinfacht,
um billigere Ware zu erzielen, und heute haben wir nicht nur
in Paris mehrere Fabriken, sondern auch in Deutschland, wo
dergleichen Surrogate hergestellt werden. Bis jetzt gelang dies
indes allein beim Rubin im befriedigenden Masse; bei den anderen
Farbsteinen ist dies noch nicht der Fall. Der Saphir bereitet
ausserordentliche Schwierigkeiten, da der Naturstein einen Farb-
stoff enthält, dessen Mischung der beste Chemiker noch nicht
herausfinden konnte. Statt dessen wurde der Alexandrit erzeugt,
welcher dem echten in Farbe gleichkommen solle (aber bei dem
das spezifische Gewicht ein anderes wie beim echten Stein ist).
Äusser diesen gelang es, einen sehr schönen blauen Kopfteil zu
erzeugen, der als „Saphir Spinell“ gehandelt wird. — Die Farbe
einzelner Steine sei sehr schön; weiter hat er mit dem echten
Saphir nichts gemein, die physikalischen sowie chemischen Be-
standteile fehlen bei ihm. (Ob man diesen nun „Imitation“ oder
„Surrogat“ nennen will, überlasse ich meinen Herren Kollegen.
Saphir Spinell ist leider in keinem Werk zu finden; Herr Prof.
M. Bauer bezeichnet ihn nur als „blauen Spinell“, und das dürfte
wohl die richtige Bezeichnung sein. D. Red.) Der Smaragd soll
ja im Laboratorium fertig sein, jedoch ist die Farbe noch nicht
schön, so dass wohl noch Wochen darüber hingehen werden,
ehe ein Surrogat des Smaragdes in den Handel kommen kann.
Die bis jetzt angebotenen künstlichen Smaragde sind nur mittel-
mässig ausgeführte Imitationen. Am eifrigsten ist man bemüht,
künstliche Diamanten zu schaffen, aber bis jetzt ist alles ver-
gebens gewesen. Henry Moissan hat ja Kristalle durch Schmel-
zung erzeugt, die die Härte und Form der Diamanten hatten;
aber ob es welche waren, darüber sind die Meinungen sehr
geteilt; die gewonnenen Kristalle waren mikroskopisch klein.
Man weiss nur, dass der Diamant aus reiner Kohle besteht und
dasselbe wie Graphit ist, alles andere aber unbekannt.
Als Anhang zu seinen! Vortrage gab Herr Prof. Miethe noch
eine Darstellung der bisher mit dem künstlichen Ersatz von
Perlen angestellten Versuche. In Paris wird eine neue Imitation
hergestellt, welche an Dauerhaftigkeit die bis jetzt im Handel
befindlichen übertreffen soll; es werden jedoch nur halbe Perlen
erzeugt; näheres über die Zusammensetzung habe er nicht in Er-
fahrung gebracht.
An den Vortrag schloss sich eine Ausstellung verschiedener
Farbsteine in Imitation, sowie Surrogate; ausserdem waren auf
einer Schale drei Rubine — aus Glas, synthetisch und echt —
durch ein Binicular-Mikroskop zu besichtigen. Es hielt sehr
schwer, bei der Beleuchtung den echten Stein herauszufinden.
Leider wurde auch nicht weiter darauf aufmerksam gemacht.
A. H.

Vom Diamantenfeld in Lüderitzbucht.
Als seinerzeit die Kunde zu uns kam, dass bei Lüderitzbucht
Diamanten gefunden worden seien, tauchten zunächst mehrfach
Zweifel an der Richtigkeit dieser Nachricht auf. Man war auch
wohl der Meinung, dass es sich nur um vereinzelt vorkommende
Diamanten von geringem Wert handle. Als dann weitere Funde
 
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