Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909
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Nr. 51
DOI Artikel:Stier, Gustav: Die Geschäftsführung der Handwerker
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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST
Nr. 51
OTTO GAHR
MÜNCHEN
HUTNADELN MIT
SCHMUCKSTEINEN
DIE GESCHÄFTSFÜHRUNG DER HANDWERKER
Von Gustav Stier, Darmstadt
Während die technische Durchbildung des
modernen Handwerkers eine unverkennbare, sehr
erfreuliche Steigerung erkennen lälzt, befindet sich
die Geschäftsführung bei vielen noch mehr im
Rückstand, als es für sie gut ist, um sich gegenüber
der Konkurrenz der Industrie behaupten zu können,
deren Angehörige es in ganz anderem Mafze ver-
stehen, ihre geschäftlichen Kenntnisse auszunutzen.
Die meisten Handwerker erkennen eben leider
immer noch nicht den aufzerordentlichen Wert kauf-
männischer Art, ein Gewerbe zu betreiben. Ohne
eine geregelte Buchführung, ohne geschäftsmäfzige
Kalkulation der Preise bezw. der Herstellungskosten,
ohne kaufmännische Regelung der Rechnungs-
stellung und Hereinziehung der Aufzenstände, Ge-
währung von Rabatt bei Barzahlung usw., überall
da, wo letztere nicht die Regel bildet, ohne Über-
blick über den ganzen Stand seines Geschäfts, wie
sie allein die kaufmännische Einrichtung des Be-
triebes ermöglicht, wird sich heutzutage der Hand-
werker neben der mit ihm konkurrierenden Grofz-
industrie nicht mehr behaupten, geschweige denn
seinen Betrieb erweitern und nutzbringender gestalten
können.
Vielen Schaden hat besonders auch die mangel-
hafte Kalkulation bei Angeboten auf öffentliche und
private Ausschreibungen gestiftet. Die niedrigsten
Angebote sind sehr häufig durch falsche Kalkulation
bedingt, erhält nun unter solchen Umständen der
Billigste die Arbeiten, so hat, da von einem Verdienst
keine Rede sein kann, unter Umständen sogar noch
zugelegt werden mulz, der schlechte Rechner nicht
nur sich selbst geschädigt, wie er meist erst bei
der Ausführung der Arbeiten merkt, er hat auch
gerade seinen besser rechnenden, geschäftskundi-
geren Kollegen grofzen Schaden durch seine Preis-
drückerei zugefügt und das ist das Betrübendste
an der Sache.
Eine ebenso mifzliche Unkenntnis herrscht bei
den meisten Handwerkern auf dem Gebiete des
Wechselrechts. Heutzutage ist aber dessen Kenntnis
unentbehrlich, zum mindesten kann jeder Handwerker
in die Lage kommen, einen Wechsel statt baren
Geldes als Zahlung von einem Schuldner annehmen
zu müssen, auch ihn selbst zwingen oft die Ver-
hältnisse, einen Wechsel zu unterschreiben, wenn er
eine fällige Schuld nicht bar bezahlen kann. In all
diesen Fällen hat die Unkenntnis des Wechselrechts
gar manchem Handwerker schon sehr empfindlichen
Schaden gebracht.
Auch bessere Gewandtheit in der Führung ge-
schäftlicher Korrespondenzen bringt dem Handwerker
ungemeinen Nutzen. Ein schlecht abgefafzter Ge-
schäftsbrief macht stets einen ungünstigen Eindruck
und man wird unwillkürlich daraus auf allgemeinen
Mangel an geschäftlicher Leistungsfähigkeit und
Gewandtheit bezw. auf Rückständigkeit gegenüber
den im modernen Gewerbe verlangten Leistungen
schliefzen. Den Vorteil hat dann der gewandtere
Konkurrent. Der Wettbewerb im geschäftlichen
Leben wird nun einmal oft von scheinbar neben-
sächlichen, geringfügigen Äufzerlichkeiten beein-
JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST
Nr. 51
OTTO GAHR
MÜNCHEN
HUTNADELN MIT
SCHMUCKSTEINEN
DIE GESCHÄFTSFÜHRUNG DER HANDWERKER
Von Gustav Stier, Darmstadt
Während die technische Durchbildung des
modernen Handwerkers eine unverkennbare, sehr
erfreuliche Steigerung erkennen lälzt, befindet sich
die Geschäftsführung bei vielen noch mehr im
Rückstand, als es für sie gut ist, um sich gegenüber
der Konkurrenz der Industrie behaupten zu können,
deren Angehörige es in ganz anderem Mafze ver-
stehen, ihre geschäftlichen Kenntnisse auszunutzen.
Die meisten Handwerker erkennen eben leider
immer noch nicht den aufzerordentlichen Wert kauf-
männischer Art, ein Gewerbe zu betreiben. Ohne
eine geregelte Buchführung, ohne geschäftsmäfzige
Kalkulation der Preise bezw. der Herstellungskosten,
ohne kaufmännische Regelung der Rechnungs-
stellung und Hereinziehung der Aufzenstände, Ge-
währung von Rabatt bei Barzahlung usw., überall
da, wo letztere nicht die Regel bildet, ohne Über-
blick über den ganzen Stand seines Geschäfts, wie
sie allein die kaufmännische Einrichtung des Be-
triebes ermöglicht, wird sich heutzutage der Hand-
werker neben der mit ihm konkurrierenden Grofz-
industrie nicht mehr behaupten, geschweige denn
seinen Betrieb erweitern und nutzbringender gestalten
können.
Vielen Schaden hat besonders auch die mangel-
hafte Kalkulation bei Angeboten auf öffentliche und
private Ausschreibungen gestiftet. Die niedrigsten
Angebote sind sehr häufig durch falsche Kalkulation
bedingt, erhält nun unter solchen Umständen der
Billigste die Arbeiten, so hat, da von einem Verdienst
keine Rede sein kann, unter Umständen sogar noch
zugelegt werden mulz, der schlechte Rechner nicht
nur sich selbst geschädigt, wie er meist erst bei
der Ausführung der Arbeiten merkt, er hat auch
gerade seinen besser rechnenden, geschäftskundi-
geren Kollegen grofzen Schaden durch seine Preis-
drückerei zugefügt und das ist das Betrübendste
an der Sache.
Eine ebenso mifzliche Unkenntnis herrscht bei
den meisten Handwerkern auf dem Gebiete des
Wechselrechts. Heutzutage ist aber dessen Kenntnis
unentbehrlich, zum mindesten kann jeder Handwerker
in die Lage kommen, einen Wechsel statt baren
Geldes als Zahlung von einem Schuldner annehmen
zu müssen, auch ihn selbst zwingen oft die Ver-
hältnisse, einen Wechsel zu unterschreiben, wenn er
eine fällige Schuld nicht bar bezahlen kann. In all
diesen Fällen hat die Unkenntnis des Wechselrechts
gar manchem Handwerker schon sehr empfindlichen
Schaden gebracht.
Auch bessere Gewandtheit in der Führung ge-
schäftlicher Korrespondenzen bringt dem Handwerker
ungemeinen Nutzen. Ein schlecht abgefafzter Ge-
schäftsbrief macht stets einen ungünstigen Eindruck
und man wird unwillkürlich daraus auf allgemeinen
Mangel an geschäftlicher Leistungsfähigkeit und
Gewandtheit bezw. auf Rückständigkeit gegenüber
den im modernen Gewerbe verlangten Leistungen
schliefzen. Den Vorteil hat dann der gewandtere
Konkurrent. Der Wettbewerb im geschäftlichen
Leben wird nun einmal oft von scheinbar neben-
sächlichen, geringfügigen Äufzerlichkeiten beein-