Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909
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Nr. 1
DOI article:Schönrock: Wann bietet ein Hausierer Schmucksachen feil?
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1909 __ .JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST j -- is
Wann bietet ein Hausierer Schmucksachen feil?
(Nachdruck verboten.)
Ueber die wichtige Frage, wann eigentlich ein Hausierer
Schmucksachen „feil hält“ und sich dadurch strafrechtlicher
Verfolgung aussetzt, hat das Kgl. Kammergericht zu Berlin
sich vor kurzem
in höchst be-
merkenswerter
Weise ausge-
sprochen. Vom
Feilbieten im
Umherziehen
ausgeschlossen
sind bekannt-
lich nach § 56
der Gewerbe-
ordnung u. a.:
Gold- und
Silberwaren,
Schmuck-
sachen,
Bijouterien usw.
Ein Hausierer
hatte nun Ver-
käufe auf die
Weise abge-
schlossen, dass
er nicht die von
KORB MIT HENKEL.
Von J. P. Kayser Sohn, Krefeld.
dem Käufer aus-
gesuchten
Waren diesem
direkt aushändigte, sondern sie ihm mit der Post zugehen liess.
dürfnissen der interessierten Kreise durchaus entsprechen,
denn es weiss ja jeder, besonders der Goldschmied in
kleinen Städten, dass trotz aller Strafbestimmungen der
Hausierhandel mit Schmucksachen üppig blüht. Das reelle
Geschäft wird aber dadurch empfindlich geschädigt. Der
gesunde Gedanke, den der Gesetzgeber bei der Einführung
dieses Verbots gehabt hat, zeigt sich hier oft in eklatanter
Weise. Der Gesetzgeber ging offenbar von der Ansicht
aus, dass, wenn Schmucksachen usw. im Hausierhandel
vertrieben werden dürften, das Publikum durch gewissen-
lose Händler gewaltig über das Ohr gehauen werden
würde. Welchem Goldschmied sind von seinen Kunden
nicht schon Waren gezeigt worden, die diese für schweres
Geld von unbekannten Hausierern sich hatten anschmieren
lassen und die so ziemlich wertlos waren?
Führt ein Hausierer Waren tatsächlich nur als Muster
bei sich und lehnt er sofortige Aushändigung der von den
Käufern ausgesuchten Stücke ab, so kann ein solcher
Hausierer allerdings nicht bestraft werden, denn, wie er-
wähnt, ist nur das wirkliche Feilbieten, nicht aber auch
schon das Aufsuchen von Bestellungen strafbar. Voraus-
setzung hierfür ist lediglich, dass der betr. Hausierer sich
im Besitz eines Wandergewerbescheins befindet, was ja
überhaupt Bedingung für die Ausübung des Hausierhandels
ist. Auch darauf weist das Kammergericht in der er-
wähnten Entscheidung ausdrücklich hin. Dass das Auf-
suchen von Bestellungen nicht strafbar ist, schadet ja für
die Goldschmiede nicht viel, denn gefährlich für das reelle
Geschäft ist der Hausierhandel nur dann, wenn der Kauf
sofort zur Ausführung kommt; es werden nur wenige der
Das Kammergericht führt aus, dass der Hausierer
nicht bestraft werden kann, wenn er die Waren
lediglich als Proben oder Muster mitführt. Unter
„Feilbieten von Waren“ im Sinne der Gewerbeord-
nung versteht das Kammergericht das Anbieten von
Waren mit der Absicht, sie erforderlichenfalls dem
Käufer auch sofort zu übergeben; ob im einzelnen
Fall der Hausierer die Waren dem Käufer aushändigt
oder sie etwa auf dessen eigenes Verlangen ihm zu-
schickt, ist gleichgültig, wenn nur der Hausierer die
Absicht hat, die vom Käufer ausgesuchte Ware
diesem, falls er darauf besteht, auch sofort auszu-
händigen. Ob ferner im einzelnen Fall ein Geschäft
überhaupt zustande gekommen ist, macht ebenfalls
keinen Unterschied. Das Anbieten allein in der er-
wähnten Absicht macht bereits strafbar. Diese An-
sicht hat das Kammergericht vertreten; es dehnt dabei
den Begriff des Feilbietens ziemlich weit aus, doch
dürfte eine solche Auslegung den praktischen Be-
SALATSCHÜSSEL MIT GLASEINSATZ in versilbertem Hartmetall.
Von J. P. Kayser Sohn. Krefeld.
JARD1NIERE AUS ALTMESSING, fein patiniert und gehämmert.
Von J P Kayser Sohn, Krefeld.
meist ganz unerfahrenen, oft nur durch die Ueber-
redungskunst und die scheinbar verlockenden Artikel
des Hausierers momentan gewonnenen Käufer damit
einverstanden sein, dass ihnen die Sachen erst zu-
geschickt werden. Damit verliert dann auch der
Hausierer die ihm durch sein sonst übliches Ver-
fahren gebotene Chance, dass er nicht zu belangen
ist, wenn sich die Minderwertigkeit der von ihm
feilgebotenen Waren herausstellt. Nachträgliche Re-
gress-, Schadenersatzansprüche sind bei dem heute
hier, morgen dort weilenden, meist auch vermögens-
losen Hausierer in der Praxis meist gar nicht durch-
zuführen.
Referendar Schönrock, Berlin
Wann bietet ein Hausierer Schmucksachen feil?
(Nachdruck verboten.)
Ueber die wichtige Frage, wann eigentlich ein Hausierer
Schmucksachen „feil hält“ und sich dadurch strafrechtlicher
Verfolgung aussetzt, hat das Kgl. Kammergericht zu Berlin
sich vor kurzem
in höchst be-
merkenswerter
Weise ausge-
sprochen. Vom
Feilbieten im
Umherziehen
ausgeschlossen
sind bekannt-
lich nach § 56
der Gewerbe-
ordnung u. a.:
Gold- und
Silberwaren,
Schmuck-
sachen,
Bijouterien usw.
Ein Hausierer
hatte nun Ver-
käufe auf die
Weise abge-
schlossen, dass
er nicht die von
KORB MIT HENKEL.
Von J. P. Kayser Sohn, Krefeld.
dem Käufer aus-
gesuchten
Waren diesem
direkt aushändigte, sondern sie ihm mit der Post zugehen liess.
dürfnissen der interessierten Kreise durchaus entsprechen,
denn es weiss ja jeder, besonders der Goldschmied in
kleinen Städten, dass trotz aller Strafbestimmungen der
Hausierhandel mit Schmucksachen üppig blüht. Das reelle
Geschäft wird aber dadurch empfindlich geschädigt. Der
gesunde Gedanke, den der Gesetzgeber bei der Einführung
dieses Verbots gehabt hat, zeigt sich hier oft in eklatanter
Weise. Der Gesetzgeber ging offenbar von der Ansicht
aus, dass, wenn Schmucksachen usw. im Hausierhandel
vertrieben werden dürften, das Publikum durch gewissen-
lose Händler gewaltig über das Ohr gehauen werden
würde. Welchem Goldschmied sind von seinen Kunden
nicht schon Waren gezeigt worden, die diese für schweres
Geld von unbekannten Hausierern sich hatten anschmieren
lassen und die so ziemlich wertlos waren?
Führt ein Hausierer Waren tatsächlich nur als Muster
bei sich und lehnt er sofortige Aushändigung der von den
Käufern ausgesuchten Stücke ab, so kann ein solcher
Hausierer allerdings nicht bestraft werden, denn, wie er-
wähnt, ist nur das wirkliche Feilbieten, nicht aber auch
schon das Aufsuchen von Bestellungen strafbar. Voraus-
setzung hierfür ist lediglich, dass der betr. Hausierer sich
im Besitz eines Wandergewerbescheins befindet, was ja
überhaupt Bedingung für die Ausübung des Hausierhandels
ist. Auch darauf weist das Kammergericht in der er-
wähnten Entscheidung ausdrücklich hin. Dass das Auf-
suchen von Bestellungen nicht strafbar ist, schadet ja für
die Goldschmiede nicht viel, denn gefährlich für das reelle
Geschäft ist der Hausierhandel nur dann, wenn der Kauf
sofort zur Ausführung kommt; es werden nur wenige der
Das Kammergericht führt aus, dass der Hausierer
nicht bestraft werden kann, wenn er die Waren
lediglich als Proben oder Muster mitführt. Unter
„Feilbieten von Waren“ im Sinne der Gewerbeord-
nung versteht das Kammergericht das Anbieten von
Waren mit der Absicht, sie erforderlichenfalls dem
Käufer auch sofort zu übergeben; ob im einzelnen
Fall der Hausierer die Waren dem Käufer aushändigt
oder sie etwa auf dessen eigenes Verlangen ihm zu-
schickt, ist gleichgültig, wenn nur der Hausierer die
Absicht hat, die vom Käufer ausgesuchte Ware
diesem, falls er darauf besteht, auch sofort auszu-
händigen. Ob ferner im einzelnen Fall ein Geschäft
überhaupt zustande gekommen ist, macht ebenfalls
keinen Unterschied. Das Anbieten allein in der er-
wähnten Absicht macht bereits strafbar. Diese An-
sicht hat das Kammergericht vertreten; es dehnt dabei
den Begriff des Feilbietens ziemlich weit aus, doch
dürfte eine solche Auslegung den praktischen Be-
SALATSCHÜSSEL MIT GLASEINSATZ in versilbertem Hartmetall.
Von J. P. Kayser Sohn. Krefeld.
JARD1NIERE AUS ALTMESSING, fein patiniert und gehämmert.
Von J P Kayser Sohn, Krefeld.
meist ganz unerfahrenen, oft nur durch die Ueber-
redungskunst und die scheinbar verlockenden Artikel
des Hausierers momentan gewonnenen Käufer damit
einverstanden sein, dass ihnen die Sachen erst zu-
geschickt werden. Damit verliert dann auch der
Hausierer die ihm durch sein sonst übliches Ver-
fahren gebotene Chance, dass er nicht zu belangen
ist, wenn sich die Minderwertigkeit der von ihm
feilgebotenen Waren herausstellt. Nachträgliche Re-
gress-, Schadenersatzansprüche sind bei dem heute
hier, morgen dort weilenden, meist auch vermögens-
losen Hausierer in der Praxis meist gar nicht durch-
zuführen.
Referendar Schönrock, Berlin