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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 21
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Verstösst die fälschliche Bezeichnung der Ware als patentiert gegen das Wettbewerbsgesetz?
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Sind Fehler bei einer Kalkulation bindend?
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0196

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178 _ ■|| JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■


Verstösst die fälschliche Bezeichnung der Ware als patentiert gegen das Wettbewerbsgesetz?

Ein Angeklagter hatte in öffentlichen Bekanntmachungen
wahrheitswidrig Waren, für die ein Patent nicht erteilt
war, als patentiert angepriesen. Das Landgericht hat ihn
nur wegen Vergehens gegen das Patentgesetz verurteilt,
das Vorliegen eines Vergehens gegen § 4 des Wett-
bewerbgesetzes aber verneint. Das Kammergericht hat
nach der Deutschen Juristen-Zeitung im Gegensatz hierzu
das Vorliegen auch dieses Vergehens bejaht. Die Aus-
legung, dass mit der Bezeichnung einer Ware als patentiert
nur das in § 4 des Patentgesetzes gewährte subjektive
Recht auf ausschliessliche Herstellung usw. behauptet werde,
hält das Gericht für zu eng. Mit jener Bezeichnung wird
nicht nur das Bestehen dieses subjektiven Rechts, sondern

(Nachdruck verboten.)
darüber hinaus auch behauptet, dass nach der Prüfung und
Bescheinigung der zuständigen Reichsbehörde die Ware
selbst, die in § 1 des Patentgesetzes vorgeschriebenen
gesetzlichen Voraussetzungen erfülle, also neu erfunden
und gewerblich verwertbar sei. Nach den Anschauungen
des gewerblichen Verkehrs, besonders der Auffassung des
kaufenden Publikums, die doch in erster Reihe entscheidet,
bietet der Umstand, dass eine Ware eigenartig neu und
gewerblich verwertbar sei, gerade einen Anhalt und damit
auch einen Massstab für die Würdigung ihrer praktischen
Brauchbarkeit. Aus diesen Gründen ist in der Bezeichnung
der Ware als patentiert eine Angabe über ihre Beschaffen-
heit zu finden. eq.

Sind Fehler bei einer Kalkulation bindend?
Von Rechtsanwalt Dr. jur. A . . . . (Nachdr. auch teilw. untersagt)
(2 interessante Fälle aus der Praxis. — Muss versehentlich zuviel bestellte Ware abgenommen werden? — Falsch kalkulierter
Verkaufspreis. — Grosser Verlust durch Schreibfehler. — § 119 des B. G.-B. — Juristische Erläuterungen.)

Erster Fall.
Ich will 1OOO kg einer Ware bestellen, verschreibe
mich und bestelle 10000. Der Adressat telegraphiert
zurück: „Ich werde in zwei Tagen das Bestellte liefern“.
Ich wundere mich ein wenig über die besondere Eil-
fertigkeit der Auftragsbestätigung, bin aber im übrigen
noch ahnungslos. Nach 2 Tagen kommen 10000 kg, mit
denen ich nicht weiss wohin.
Zweiter Fall.
Ich erbitte eine Offerte mit Preis. Der Adressat
kalkuliert, d. h. er überschlägt Einkaufspreis, Spesen, all-
gemeine Geschäftsunkosten und dergleichen und offeriert
mir den Zentner zu 94 Mk. Das ist billig, von anderer
Seite habe ich eine Offerte zu 100 Mk. erhalten. Ich
nehme deshalb an, indem ich sogleich 50 Zentner bestelle.
Anstatt der Ware erhalte ich die Antwort, dass bei der Kal-
kulation ein Irrtum unterlaufen wäre, dass der Offerent
am Zentner 4 Mk. bares Geld verlieren würde, wenn er
wirklich zu 94 Mk. lieferte und dass nicht unter 100 Mk.
geliefert werden könne.
Beim ersten Fall ergibt sich die Frage: Muss ich die
10 000 kg abnehmen, die ich infolge meines Schreibfehlers

bestellt habe? Der zweite Fall läuft daraus hinaus, ob
ich den Gegner an dem für mich günstigen Geschäft, bei
dem ich durch das Kalkulationsversehen 6x500 = 3000 Mk.
baren Gewinn erzielen würde, festhalten kann.
Schlagen wir das Gesetzbuch auf, § 119 des Bürger-
lichen Gesetzbuches lautet:
„Wer bei Angabe einer Willenserklärung über deren
Inhalt im Irrtum war, kann die Erklärung anfechten,
wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der
Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles
nicht abgegeben haben würde“.
Im ersten Falle bin ich über den Inhalt meiner
Willenserklärung im Irrtum: Ich erkläre 10000 kg, während
ich 1000 kg zu erklären glaube und erklären will. Daher
kann ich anfechten. Im zweiten Fall erklärt mein Gegner,
dass er mir zu 94 Mk. liefern wollte. Das will er auch
erklären. Hier liegt der Irrtum ganz wo anders, nämlich
in den Erwägungen, die der Erklärung vorhergehen. Der
Jurist spricht hier von Irrtum im Beweggründe, und er-
klärt diesen Irrtum für rechtsunerheblich. Mein Gegner
kann daher im Falle 2 nicht anfechten. Wohin sollte das
auch führen, wenn jeder Kaufmann, vielleicht längst nach
 
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