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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 9
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R., W.: Was hat man bei einer Geschäftsgründung zu beachten?
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0083

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Ur. 9.

Ceipjig, 27. Februar 1909.

30. Daljrg.

□ □ □ Zentralorgan □ □ □
für bie gesamten Interessen Deutscher
Juweliere, 6olb- unb Silbers^ miebe
- -
Erscheint wödjentlidj einmal unb zwar Sonnabenbs in abwedjselnber Ausgabe
Herrn. Schlag Hadjf. amj. Feiir Hentze) Leipzig



Journal ber ßolbsdjmieb ekunst

Was hat man bei einer Geschäftsgründung zu beachten?

ts Fundament und der Lebensnerv eines
jeden Geschäftsbetriebes ist das eingelegte
Betriebskapital. Eine reiflich durchdachte,
ökonomische Ausnutzung der vorhandenen
Barmittel ist deshalb die Hauptbedingung
bei der Gründung, falls das Unternehmen
nicht schon von Beginn an den Todeskeim in sich tragen
soll. Wer es in diesem Punkte nicht an einer weisen Vor-
sicht fehlen lässt, kann bei einigermassen normalen Ver-
hältnissen und der notwendigen Strebsamkeit, verbunden
mit einer zielbewussten, praktischen Geschäftsführung, fast
mit absoluter Sicherheit darauf rechnen, sich eine lebens-
fähige Existenz geschaffen zu haben. Es ist eine bekannte
Tatsache, dass bei den weitaus meisten Konkursen ein zu
geringes Betriebskapital gegenüber dem Geschäftsumfang
den Zusammenbruch verursacht hat. Vor allzugrossem Opti-
mismus ist infolge der jetzigen ungünstigen Konjunktur
dringend zu warnen, allerdings darf man sich auch niemals
in seiner Geschäftstätigkeit durch allzu pessimistische An-
schauungen hemmen lassen. Auch hier ist der goldene
Mittelweg der beste.
Ein werktätiger Goldschmied, der sich etablieren will,
muss ernstlich gemahnt werden, sich ja nicht allein auf
sein technisches Können zu verlassen. Er sollte vorerst
Gelegenheit suchen, sich in einem Verkaufsgeschäft zu
betätigen, wenn auch nur auf kurze Zeit, damit er die-
jenigen Warengattungen kennen lernt, die augenblicklich
modern sind und vom kaufenden Publikum bevorzugt
werden. Eine bezügliche Unterweisung wird ihn sicher
vor der schädlichen Anhäufung mancher Ladenhüter be-
wahren, jener Gegenstände, die den einzigen Vorzug ge-
niessen, eine treue Anhänglichkeit an das Geschäft zu
bekunden, dadurch aber leider mit der Zeit fast ihren
ganzen Wert verlieren. Eine der wichtigsten Fragen ist
dann, wie das verfügbare Kapital auf die einzelnen An-

schaffungen am nutzbringendsten zu verteilen ist, wieviel
davon also in die Laden- und Werkstätteneinrichtung
hineingesteckt werden darf, welcher Betrag für das Waren-
lager anzulegen ist (spezifiziert nach Gold- und Silberwaren,
Alfenide usw.) und wie hoch das bare Reservekapital
bemessen werden muss. Sehr vorsichtig ist bei der
Festsetzung der Ausgaben für die Ausstattung — Laden-
einrichtung, Etalagen usw. — zu verfahren, da es sich
hierbei um Werte handelt, die nicht umsatzfähig sind,
dem rollenden Betriebskapital also von vornherein ent-
zogen werden, und zudem noch durch bedingtes jährliches
Abschreiben für Abnutzung den Wertbestand (die Aktiven)
ständig verringern. Wenn sich das Geschäft gut einführt,
können ja jederzeit für die Ausstattung höhere Auf-
wendungen gemacht werden. Ähnlich steht es mit der
Werkstätteneinrichtung, hierbei darf jedoch nicht vergessen
werden, dass eine zu grosse Sparsamkeit am Werkzeug
keineswegs angebracht ist.
Das Warenlager ist derart zu sortieren, dass auf die
kuranten Bijouterien das Hauptgewicht gelegt wird. An
diesen Artikeln wird der relativ höchste Nutzen erzielt und
das dazu aufgewandte Kapital kann im Jahre mehrmals
umgesetzt werden. In der Auswahl des besseren Genres
und besonders in aparten Stücken muss man sich sehr
reserviert verhalten. Um ein Lager darin lohnend zu
gestalten, ist es unerlässlich, zuerst mit der Kundschaft
vertraut zu sein. Es heisst zwar mit Recht, ein Kunst-
gewerbler solle den Geschmack des Publikums durch
seine Darbietungen vertiefen und läutern, bei diesen an-
erkennenswerten Bestrebungen darf aber die praktische
Seite, der pekuniäre Erfolg, nicht aus dem Auge gelassen
werden; denn aus rein idealen Motiven wird sich wohl
niemand die Last eines Geschäftsbetriebes aufbürden.
Etwas anderes ist es, wenn die Absicht besteht, von
Anfang an Spezialitäten zu forcieren, die das Alltägliche
 
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