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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 29
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Das neue Gesetz über den unlauteren Wettbewerb und die Gold- und Silberwarenbranche
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0276

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geregelte und gesunde Verhältnisse zu schaffen. Die hohe
Geldstrafe von 5000 Mark, ausserdem aber auch die Ver-
fügung einer Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre, die das
alte Gesetz überhaupt nicht kannte, ist unverändert aus
dem Entwurf in das Gesetz übernommen worden, — ein
Schreckmittel, das selbst die abgehärtetsten Gemüter unter
den gewerbsmässigen Ausverkäuflern abhalten dürfte, sich
über die Schranken des Gesetzes hinwegzusetzen oder die
angedrohte Strafe mit in den Kauf zu nehmen, wie es
unter dem alten Gesetz und angesichts der niedrigen
Strafbestimmungen desselben so oft der Fall war.
Was die Konkursausverkäufe anbetrifft, so befleissigt
sich das definitive Gesetz gegenüber dem Entwurf einer
grösseren Bündigkeit und Klarheit, denn es sagt in § 6
klar und bündig: „Wird in öffentlichen Bekanntmachungen
oder Mitteilungen, die für einen grösseren Kreis von Per-
sonen bestimmt sind, der Verkauf von Waren angekündigt,
die aus einer Konkursmasse stammen, aber nicht mehr
zum Bestand der Konkursmasse gehören, so ist dabei
jede Bezugnahme auf die Herkunft der Waren aus einer
Konkursmasse verboten“. Die Ankündigung „Konkurs-
Ausverkauf“, deren sich gewisse Bijouteriewarenhändler
so gern für ihre Waren bedienen, die früher vielleicht
wirklich einmal zu einer Konkursmasse gehört haben
mögen, dann aber längst aus dieser ausgeschieden sind,
dürfte fortan in der Goldwarenbranche seltener werden,
da sie nach dem angeführten Gesetzesparagraphen einem
Händler oder Geschäftsmann fortan überhaupt nicht mehr,
sondern nur noch dem Konkursverwalter eines Gold-
und Silberwarenlagers gestattet ist. Endlich aber ist die
Bestimmung, dass ein Ausverkaufs-Veranstalter durch die
Polizei dazu angehalten werden kann, bei ihr ein Ver-
zeichnis der auszuverkaufenden Waren einzureichen, in
das Gesetz mit aufgenommen worden. Gegen diesen
Paragraphen richtete sich ganz besonders die Agitation
jener gewissen Seite, der der ganze Gesetzentwurf ein
Dorn im Auge war. Es wurde zur Motivierung ange-
führt, dass diese Bestimmung dem Veranstalter eines
Ausverkaufs eine unbillige Last und Mühe auferlege.
Diese fadenscheinige Begründung hat in der Beratung
über das neue Gesetz nicht standgehalten, und es ist
hocherfreulich, dass gerade diese Bestimmung, auf die
wir hiermit alle Kreise des Gold- und Bijouteriewaren-
handels, die an der Ausrottung des gewerbsmässigen Aus-
verkaufsunwesens in ihren Reihen ein Interesse haben,
ganz besonders aufmerksam machen, erhalten geblieben
ist. Ein Geschäftsmann, der einen vielleicht Monate langen
Ausverkauf entriert und dadurch der anderen Geschäfts-
welt eine empfindliche Minderung ihrer Einnahmen zufügt,
darf sich nicht beklagen, wenn von ihm vor Beginn des
Ausverkaufs gewisse Formalitäten verlangt werden, durch
die unlauteren Machenschaften im Verlaufe des Ausver-
kaufs vorgebeugt werden soll, selbst wenn diese Formali-
täten wirklich eine gewisse Arbeitslast mit sich bringen
sollten. Jene befürchtete Arbeitslast ist übrigens nicht
mehr wie eine sehr vereinfachte Inventur, die ja überdies
jeder Geschäftsmann alljährlich vornehmen muss. Der

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Reichstag hat sogar einer etwaigen Willkür der polizei-
lichen Organe bei der Handhabung dieser Bestimmung
vorgebeugt, indem er in dem neuen Gesetz die Anwendung
dieser Bestimmung von der vorherigen Anhörung und
Zustimmung der zuständigen gesetzlichen Gewerbe- und
Handelsvertretungen, also der Handels- bezw. Handwerks-
kammern, abhängig gemacht hat. Die Bedingung des
Verzeichnisses der auszuverkaufenden Waren wird auch
den Gold- und Silberwaren-Ausverkäufen in Zukunft einen
neuartigen Charakter geben, durch den diese ihrer bis-
herigen Unlauterkeit und Gefährlichkeit zum grossen Teil
beraubt werden. Ausdrücklich bemerkt das neue Gesetz,
dass die Einsicht in das bei der Polizei einzureichende
Verzeichnis der fraglichen Waren jedem, also im Falle
eines Gold- und Bijouteriewaren-Ausverkaufs beispiels-
weise auch jedem Konkurrenten des Ausverkaufs-Ver-
anstalters, aber auch jedem Verein usw. gestattet ist.
Abgesehen von dem speziellen Fall unlauteren Wett-
bewerbs in Form der gewerbsmässigen Ausverkäufe hat
sich das neue Gesetz aber auch bemüht, die anderen
Arten unlauterer geschäftlicher Manöver, vor allem die
zahlreichen Arten unwahrer oder übertriebener Angaben
zu Reklamezwecken, die dazu dienen sollen, den Anschein
eines besonders günstigen Angebotes hervorzurufen, ge-
nauer zu präzisieren und nachdrücklicher zu treffen, als
es in dem alten Gesetz der Fall ist. Für derartige
Manöver hatte zwar auch das alte Gesetz über den un-
lauteren Wettbewerb bereits Strafen vorgesehen, doch ist
in dem neuen Gesetz der Kreis der in Betracht kommenden
Delikte viel genauer bestimmt und ebenso sind die Strafen
für Vergehen dieser Art erheblich verschärft worden. Der
fragliche Paragraph, nämlich § 4, lautet in dem neuen
Gesetz: „Wer in der Absicht, den Anschein eines be-
sonders günstigen Angebotes hervorzurufen, in öffent-
lichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen, die für
einen grösseren Kreis von Personen bestimmt sind, über
geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über die Be-
schaffenheit, den Ursprung, die Herstellungsart oder
die Preisbemessung von Waren oder gewerblichen Lei-
stungen, über die Art des Bezugs oder die Bezugsquelle
von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen, über
den Anlass oder Zweck des Verkaufs oder über die
Menge der Vorräte wissentlich unwahre oder zur Irre-
führung geeignete Angaben macht, wird mit Gefängnis
bis zu einem fahr und mit Geldstrafe bis zu fünf-
tausend Mark oder mit einer dieser Strafen belegt.
Werden die bezeichneten unrichtigen Angaben in einem
geschäftlichen Betriebe von einem Angestellten oder
Beauftragten gemacht, so ist der Inhaber oder Leiter
des Betriebes neben dem Angestellten oder Beauftragten
strafbar, wenn die Handlung mit seinem Wissen geschah“.
Dieser Paragraph umfasst also alle Reklamen oder
sonstigen geschäftlichen Handlungen, bei denen irgend
welche unwahren oder übertriebenen Angaben, die den
Anschein eines besonders günstigen Angebotes für die
empfohlenen Waren oder Leistungen hervorrufen sollen,
gemacht werden. (Schluss folgt.)

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