Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909
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Nr. 51
DOI article:R., W.: Otto Gahr
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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST
Nr. 51
Münchner Goldschmied und Ziseleur Otto Gahr aus-
gestellt hatte und die das vorliegende Sonderheft ver-
anlafzten. In Zinn und schwarz gebeiztem Messing
getrieben, gebührt ihnen besonders wegen ihrer
materialgerechten Ausführung ungeteilte Aner-
kennung, Elfenbeinringe und Korallen dienen als
Zierrat (s. S. 443). Diese Pokale sind von ganz
persönlicher Eigenart und gehören zu den besten
Werken, die Otto Gahr bisher geschaffen hat. Der
Aufsatz auf S. 445 trägt einen ähnlichen Charakter,
der aus schwarz gebeiztem Messing bestehende
Schaft zwischen dem vergoldeten Fufz und der
gleich behandelten Schale ist mit zartgetönten Farb-
steinen geschmückt, das in braunpatinierter Bronze
ausgeführte Figürchen steht auf einer Ebenholzsäule
mit Elfenbeinintarsien. Ein Hängekreuz und die
Altargeräte (S. 448 u. 449) zeigen prächtige modern-
romanische Stilformen, deren ausgezeichnete Wir-
kung durch diskret angewandte Farbsteine und Auf-
lötungen in Filigranmanier noch wesentlich erhöht
wird. Von den sonstigen Arbeiten Otto Gahrs
bringen wir in dieser Nummer eine Auslese, die
sein künstlerisches Streben am besten dokumentiert.
Verschiedene der auf Seite 440, 441 und 447
abgebildeten Schmuckstücke weisen Motive in
antikem Genre auf, sie besitzen aber trotzdem ein
ganz individuelles Gepräge. Einfache Treibarbeit,
Durchbrüche und aufgelötete Drahtbiegungen sind
die hier von Gahr äufzerst geschickt geübten
Techniken.
Otto Gahr steht jetzt im 33. Lebensjahr, er ist
geborener Münchener und lernte dort 1890—94
als Graveur. Nachher bildete er sich allmählich
durch praktische Arbeit in verschiedenen Münchener
Werkstätten als Ziseleur aus. Er war als solcher auf
Zinngufzformen bei ToniWeber tätig, bei Winhart & Co.
auf Kupfertreibarbeiten, bei Steinicken & Lohr und
A. v. Mayrhofer auf Silberarbeiten, bei Harrach &
Sohn auf kirchliche Geräte.
In der Woche nach Feierabend und Sonntags
besuchte er 11 Jahre lang die Kunstgewerbeschule,
um seine künstlerische Ausbildung zu fördern.
Nachdem er auf diese Weise mit eisernem Fleifz
eine gewisse Reife in seinem Tätigkeitsgebiet er-
langt hatte, machte er sich im Jahre 1904 selbst-
ständig, damit er seine Arbeiten nunmehr ohne
fremden Einflufz einzig seinen Neigungen ent-
sprechend frei gestalten konnte. Ein liebevolles
Interesse für seinen Beruf läfzt ihn fortwährend
danach streben, immer wieder neue, ihm noch
fernliegende Techniken bei seinen Werken zur An-
wendung zu bringen und seine Fertigkeit ständig
zu vervollkommnen. Die ihm trotz mancher Fehl-
schläge eigne grolze Tatkraft gibt uns die Zuversicht,
dalz wir noch manches schöne Meisterwerk von
ihm erwarten dürfen. W. R.
JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST
Nr. 51
Münchner Goldschmied und Ziseleur Otto Gahr aus-
gestellt hatte und die das vorliegende Sonderheft ver-
anlafzten. In Zinn und schwarz gebeiztem Messing
getrieben, gebührt ihnen besonders wegen ihrer
materialgerechten Ausführung ungeteilte Aner-
kennung, Elfenbeinringe und Korallen dienen als
Zierrat (s. S. 443). Diese Pokale sind von ganz
persönlicher Eigenart und gehören zu den besten
Werken, die Otto Gahr bisher geschaffen hat. Der
Aufsatz auf S. 445 trägt einen ähnlichen Charakter,
der aus schwarz gebeiztem Messing bestehende
Schaft zwischen dem vergoldeten Fufz und der
gleich behandelten Schale ist mit zartgetönten Farb-
steinen geschmückt, das in braunpatinierter Bronze
ausgeführte Figürchen steht auf einer Ebenholzsäule
mit Elfenbeinintarsien. Ein Hängekreuz und die
Altargeräte (S. 448 u. 449) zeigen prächtige modern-
romanische Stilformen, deren ausgezeichnete Wir-
kung durch diskret angewandte Farbsteine und Auf-
lötungen in Filigranmanier noch wesentlich erhöht
wird. Von den sonstigen Arbeiten Otto Gahrs
bringen wir in dieser Nummer eine Auslese, die
sein künstlerisches Streben am besten dokumentiert.
Verschiedene der auf Seite 440, 441 und 447
abgebildeten Schmuckstücke weisen Motive in
antikem Genre auf, sie besitzen aber trotzdem ein
ganz individuelles Gepräge. Einfache Treibarbeit,
Durchbrüche und aufgelötete Drahtbiegungen sind
die hier von Gahr äufzerst geschickt geübten
Techniken.
Otto Gahr steht jetzt im 33. Lebensjahr, er ist
geborener Münchener und lernte dort 1890—94
als Graveur. Nachher bildete er sich allmählich
durch praktische Arbeit in verschiedenen Münchener
Werkstätten als Ziseleur aus. Er war als solcher auf
Zinngufzformen bei ToniWeber tätig, bei Winhart & Co.
auf Kupfertreibarbeiten, bei Steinicken & Lohr und
A. v. Mayrhofer auf Silberarbeiten, bei Harrach &
Sohn auf kirchliche Geräte.
In der Woche nach Feierabend und Sonntags
besuchte er 11 Jahre lang die Kunstgewerbeschule,
um seine künstlerische Ausbildung zu fördern.
Nachdem er auf diese Weise mit eisernem Fleifz
eine gewisse Reife in seinem Tätigkeitsgebiet er-
langt hatte, machte er sich im Jahre 1904 selbst-
ständig, damit er seine Arbeiten nunmehr ohne
fremden Einflufz einzig seinen Neigungen ent-
sprechend frei gestalten konnte. Ein liebevolles
Interesse für seinen Beruf läfzt ihn fortwährend
danach streben, immer wieder neue, ihm noch
fernliegende Techniken bei seinen Werken zur An-
wendung zu bringen und seine Fertigkeit ständig
zu vervollkommnen. Die ihm trotz mancher Fehl-
schläge eigne grolze Tatkraft gibt uns die Zuversicht,
dalz wir noch manches schöne Meisterwerk von
ihm erwarten dürfen. W. R.