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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 5
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Wolff, T.: Die Verwertung von Edelmetall-Abfällen
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0056

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■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ^5

Rolle spielt. Weil nun Gold und Silber diejenigen Metalle
sind, die unter allen Edelmetallen weitaus am meisten und
am längsten zur industriellen Verarbeitung gelangen und
bis zu dem vor erst etwa ein bis anderthalb Jahrzehnten
erfolgten lebhafteren Eintritt des Platins den Markt der
Edelmetallindustrie beherrschten, so ist es erklärlich, dass
gerade die Methoden der Aufbewahrung und Verwertung
der Abfälle dieser Metalle die ausgebildetsten sind und
durch zahlreiche Verbesserungen und Neukonstruktionen
ganz nennenswerte Erfolge für die Edelmetallbranche mit
sich brachten.
Die Edelmetalllegierungen werden in den Werkstätten
und Fabriken den verschiedenartigsten Prozessen unter-
worfen, und z. B. mehrfach geschmolzen, gewalzt, ge-
schnitten, zersägt, gefeilt, geätzt, poliert, gewaschen, ge-
schliffen, gefasst, graviert usw. Bei allen diesen Prozessen
entstehen Abfälle wie Säge- und Feilspäne, Schleifstaub,
Stiche usw., diese Teilchen wirbeln in die Luft, fallen auf
den Arbeitstisch oder zur Erde, setzen sich an der Decke,
den Wänden und in allen Ecken des Arbeitsraumes fest
und vermischen sich so mit allen übrigen Abfällen, mit
dem Schmutz und Staub, die sich gewöhnlich in einem
jeden Arbeitsraum ansammeln. Um nun die Gold- und
Silberabfälle wieder zu gewinnen, wird in jeder Werk-
stätte und Fabrik nach Schluss der Tagesarbeit oder
wöchentlich mehrmals aller Schmutz und Staub sorgfältig
zusammengefegt, d. h. der Fussboden wird mit feuchten
Sägespänen bestreut und alsdann das Ganze zusammen-
gefegt und der so erhaltene Kehricht in geeigneten Behältern,
zumeist Fässern, aufbewahrt. In diesem Kehricht, Kratz
oder Gekrätz genannt, der ganz das Aussehen des ge-
wöhnlichsten Mülls besitzt, sind also auch zum Teil auf
den Fussboden gefallene Gold- und Silberteilchen enthalten,
die sich event. bei der Arbeit als Abfälle der Metalle er-
gaben. Kein Stückchen Papier, kein Lappen, kein Abfall
irgend eines anderen Materials darf fortgeworfen werden,

anstalten geschieht in folgender Weise: Der Kehricht wird
zunächst in grossen gemauerten Oefen ausgeglüht oder in
Glühschalen ausgebrannt, wobei alle brennbaren Teile wie
Papier, Lappen, Holz usw. zu Asche werden, die übrige
Masse aber verschlackt wird. Die gründlich ausgeglühte
Masse gelangt, nachdem sie erkaltet ist, in sogenannte
Kollergänge, in denen sie gründlich zerkleinert wird, bis
sie pulverförmig geworden ist. Die gemahlene Masse wird
dann mit einem Magnet von event. Eisenteilen befreit,
mehrfach gesiebt, unter Umständen auf die Existenz von
Edelsteinen untersucht, zusammengeschmolzene grössere
Metallklumpen als sogenannte „Grieben“ entfernt und der
Kehricht nochmals pulverisiert.
Die weitere Verarbeitung der so zubereiteten Masse
geschieht in der Regel ganz nach Art der natürlich vor-
kommenden Golderze in vollständig hüttenmännischer
Weise vermittelst Amalgamation. Die Masse wird in eine
innige Berührung mit Quecksilber gebracht, wobei sich
die metallischen Bestandteile mit dem Quecksilber zu
einem Amalgam verbinden, aus welchem das Gold und
das Silber dann ausgeschieden werden. Die Einzelheiten
dieses hüttenmännischen Amalgamations- und Scheide-
prozesses anzugeben, würde hier zu weit führen.
Gekrätze, die einen sehr hohen Gold- und Silbergehalt
aufweisen, wie besonders der Schliffkrätz, der sich beim
Polieren, Schleifen, und alter Vergoldungsflüssigkeit, der sich
beim Galvanisieren der gefertigten Gold- und Silberwaren
ergebende Krätz, der immer sehr rein und reich zu sein
pflegt, können auch nach erfolgtem Niederschlagsverfahren
direkt ausgeschmolzen werden, um das in ihnen befindliche
Gold und Silber zu gewinnen, ebenso die Fässer- und
Gravierstiche. Zu diesem Zweck wird die Masse, da sie
zum grössten Teil aus unschmelzbaren erdigen Bestand-
teilen besteht wie Kitt, Schlamm, mit Soda, Pottasche und
anderen flussbildenden Mitteln versetzt, ihr ausserdem Blei,
gewöhnlich in Form von Bleiglätte, hinzugefügt. Diese so

alles kommt in die Gekrätztonne, wenn
nicht so verschiedene Abfälle wie Polier-
lumpen etc. besonders gehalten werden,
und wird sorgfältig aufbewahrt. Ist ein
grösserer Posten Gekrätz zusammen, so
ist die Zeit zur Wiedergewinnung der in
diesem enthaltenen Gold- und Silber-
abfälle gekommen. Diese Ausarbeitung
wird jedoch in einer Gold- und Silber-
scheideanstalt vorgenommen.
In einer mittleren oder grösseren
Gold- und Silberschmiedewerkstätte be-
trägt der Wert des im Laufe eines Jahres
gesammelten Gekrätzes oft fünfhundert
bis tausend Mark, in einer grösseren
Gold- und Silberwarenfabrik dagegen
mehrere Tausende von Mark, es richtet
sich nach dem Quantum und dem Fein-
gehalt der in solchen Etablissements ver-
wendeten Edelmetalllegierungen. Die
Bearbeitung des Gekrätzes in den Scheide-


In Silber getriebener Teller.
 
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