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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 11
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Bindhardt, G.: Ueber praktischen Werkstattunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0106

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j JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST _■
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Sdjülerarbeif ber Hanbwerkcr- unb Kunsfgewerbesdiule
in Ältona. — Klasse: Binbljarbt.

z. B, einer Halbkugel, geht sie gleich zum Treiben und
Aufziehen unregelmässiger Formen über. Als notwendiges
Probestück muss jeder Schüler einen geraden Becher auf-
ziehen und ausschlichten können.


Sdjülerarbeit ber Hanbwerker- unb Kunsfgewerbesdjule
in Altona. — Klasse: Einbljarbt.

Es soll nur durch dies Angedeutete bewiesen werden,
dass die Schule ihre Hauptaufgabe darin sieht, bei dem
Schüler in erster Linie den Sinn für richtige Material-
verarbeitung und für tektonische Lösung zu wecken.
Dann wird auch der weiter vorgeschrittene Schüler, der
in der Lage ist, ein künstlerisches Relief zu treiben, oder
eine gute Modellierung zu bringen, nie von der Idee einer
originellen Flächenfüllung auf den Gegenstand hinarbeiten,
sondern er wird erst die tektonische Grundform schaffen,
und dann erst an die Ausschmückung denken. Er wird
über einen einseitigen Spezialisten hinauskommen, wird
Goldschmied wieder im alten Sinne, der nicht eine Zise-
lierung, Gravierung oder dergl. schuf, sondern einen Gegen-
stand, an welchem er die Technik, die ihm gerade zusagt,
in Anwendung bringt.

So geht die Heranbildung zum Gegenständlichen mit
der Erlernung einer oder mehrerer künstlerischer Spezial-
techniken permanent Hand in Hand.
Der Sinn für richtiges Ornament wird lediglich vom
tektonischen Standpunkt aus geweckt. Die ersten orna-
mentalen Bildungen geschehen durch variierte Nietungen,
durch Betonung der Montierungsstellen, Ausbildung von
Griffen, Füssen und dergl. Der Schüler bildet sich da-
durch bald den Begriff eines gewissen Zweckmässigkeits-
ornaments. So wird er z. B., wo er an einem Stück
Hammerarbeit eine gerade Kante hat, die ihm für eine
durchaus exakte Verarbeitung Schwierigkeiten bietet, auf
die Idee kommen, an dieser Stelle ein Ornament mit dem
Perlbunsen oder eine einfache oder gewundene Draht-
einlage anzubringen.
Derartige Beispiele gibt es viele und behalte ich mir
eine weitergehende Besprechung einer primitiven Zweck-
mässigkeitsornamentik noch vor.
G. Bindhardt, Fach

Es ist natürlich nicht Absicht der Schule, die Werk-
stattlehre ersetzen oder gar verdrängen zu wollen. Für
jeden im Handwerk tätigen Künstler ist es selbstverständ-
lich, dass die wirkliche Ausbildung nur im praktischen
Leben erworben werden kann.
Wenn die Schule praktische Werkstätten einrichtet,
will sie das Handwerk unterstützen und ist mit den ihr
zu Gebote stehenden Mitteln in der Lage, sich in einer
Art und Weise mit dem Lehrling zu beschäftigen, für die
im rationellen praktischen Leben nicht immer Zeit und
Gelegenheit genug vorhanden ist.
Es ist eine dankenswerte Errungenschaft, dass unsere
Schulen seit einigen Jahren zu rein praktischen Begriffen
und Ausbildungstheorien gekommen sind und nicht mehr
Künstler im dilettantischen Sinne, sondern Handwerker,
Goldschmiede im alten tüchtigen Sinne, heranzubilden be-
strebt sind.
irer an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule Altona.
 
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