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sprechende Vergrösserung der Lagerbestände. Auch in
kuranten Artikeln zeigte sich ein Rückgang gegen seit-
her. Schon bei Beginn des Berichtsjahres war das Ge-
schäft nicht sonderlich rege, und allenthalben machte sich
bei der Kundschaft eine gewisse Ängstlichkeit im Einkauf
bemerkbar; nach einer starken Abflauung im Sommer
brachte erst der Herbst eine etwas lebhaftere Nachfrage,
welche jedoch auch nicht von Bestand blieb. Diese Ent-
wicklung traf sowohl den deutschen Markt wie den Ex-
port. Dementsprechend mussten Einschränkungen der
Produktion vorgenommen werden. Die Fabrikation von
Goldketten und Kettenbijouterie hatte einen bedeutend
geringeren Absatz als im Vorjahre zu verzeichnen, sowohl
im Inlande als auch auf den ausländischen Märkten.
Während der Frühjahrs- und Sommermonate konnte die
tägliche Arbeitszeit nur mit höchstens 7 bis 8 Stunden
aufrecht erhalten werden, und auch diese Dauer wurde
lediglich gewahrt, um nicht die Wochenverdienste der
Arbeiter allzu sehr zu schmälern. Für die wirklich vor-
liegenden Aufträge hätte eine Wochenarbeitszeit von etwa
30 Stunden wohl ausgereicht; infolgedessen wurde ein
grosses Lager in den verschiedenen Artikeln geschaffen,
das bei den schweren goldenen Sachen starke Zinsenlasten
mit sich bringt. Um dieses Lager zu räumen, dazu setzte
das Herbstgeschäft nicht stark genug ein. Es brachte für
einige Wochen zwar gute Beschäftigung, zum Teil mit
Überstundenarbeit; aber schon gegen Anfang Dezember
zeigte sich eine merkliche Abschwächung, und es besteht
wenig Zuversicht für eine Besserung im Frühjahr 1909.
In der Silberwarenindustrie blieben Umsatz und Pro-
duktion gegen die Vorjahre beträchtlich zurück. Trotz
grosser Anstrengungen und intensiver Reisetätigkeit war
ein befriedigender Absatz nicht zu erzielen. Diese Er-
scheinung wurde noch verschärft durch die ungünstige
Sommerwitterung, welche das Geschäft in den Kurorten
schmälerte, wie namentlich durch das Ausbleiben der über-
seeischen Einkäufer. In den Sommermonaten musste die
Arbeitszeit auf sieben Stunden pro Tag verkürzt werden;
erst der Herbst brachte eine etwas bessere Beschäftigung.
Die Rentabilität der Branche litt unter dem weiteren Rück-
gang des Silberkurses wie unter verschärfter Konkurrenz.
Kredit- und Zahlungsverhältnisse haben sich im In- und
Auslande nicht gebessert. Einige Zahlungseinstellungen,
namentlich in England, führten Verluste herbei.
Im Gross- und Exporthandel mit Bijouterie, Gold-
und Silberwaren wiesen die Umsätze im Inlande und auf
den ausländischen Märkten erhebliche Minderungen gegen
die Vorjahre auf, und auch trotz des Weihnachtsgeschäftes
hat sich dieses Missverhältnis bis zum Jahresschluss nicht
gebessert. Gemeinsam auf den in- und ausländischen
Plätzen mit starkem Fremdenverkehr war im Jahre 1908
die Klage über eine bedeutend verringerte Frequenz und
namentlich über das Ausbleiben vieler begüterter Familien,
welche sonst dort das kaufende Publikum für oben-
genannte Artikel zu bilden pflegen. Dabei zeigten sich
die Mindererträge auffallend grösser in den grossen Ver-
kehrszentren des In- und Auslandes, als an mittleren und
N§ 13
kleineren Plätzen, und ein Geschäft war eigentlich nur in
Sachen von niederer Preislage möglich, während die
teureren Stücke nur sehr wenig verlangt wurden. Die
Rentabilität des Engrosgeschäftes hat noch weiter dadurch
gelitten, dass eine Besserung in den Preis- und Zahlungs-
verhältnissen sich nicht erreichen liess; im Gegenteil mussten
zum Teil den Abnehmern noch weitere Zugeständnisse
hinsichtlich Ziel und Preisstellung gemacht werden.
Der Handel mit Juwelen, Edelsteinen und Perlen
hatte unter dem Niedergang im Wirtschaftsleben sehr zu
leiden, und das Jahr 1908 muss als überwiegend un-
günstig bezeichnet werden. Von Amerika aus, das als
Käufer für Juwelen aller Art fast völlig versagte, pflanzte
sich die Absatzkrise nach Deutschland und den übrigen
europäischen Ländern fort. Dabei gestaltete sich das Ge-
schäft bei den deutschen Juwelier-Detailgeschäften noch
einigermassen, es wurde immerhin ziemlich verkauft; aber
niemand wollte sein Lager ergänzen, weil angenommen
wurde, bei diesem Stillstand müsse ein Zusammenbruch
der Preise eintreten. Tatsächlich sind im Laufe des
Sommers nennenswerte Notverkäufe gemacht worden von
Händlern, die anscheinend Ware losschlagen mussten.
Fast bis zum Jahresschlüsse bewegte sich das Geschäft
unter den angedeuteten ungünstigen Verhältnissen, und
nur das Wenige, das der Detaillist haben musste und so-
gleich in der Hand verkaufen konnte, vermochte der Stein-
händler abzusetzen. So sind die Umsätze stark zurück-
geblieben und die Läger der Detaillisten sind entschieden
kleiner geworden.
Das Jahr 1908 war für die Platinindustrie ebenso
wenig befriedigend wie das vorhergehende. Da die im
vorigen Jahresberichte geschilderten Verhältnisse, vor allem
das fast völlige Ausbleiben von grösseren Aufträgen seitens
der Vereinigten Staaten von Nordamerika, sich im neuen
Jahre fortsetzten, so wurde der Widerstand, welchen die
russischen Produzenten und Händler dem Sinken der Platin-
preise entgegengesetzt haben, allmählich gebrochen. Die
Erz- und dementsprechend auch die Verkaufspreise für
Platin gingen nach und nach bis auf zirka 2400 Mark
herunter und hielten sich auf dieser Höhe bis in den
Herbst hinein. Erst Ende Oktober trat ein Umschwung
ein. Als namentlich nach dem Ausgang der Präsidenten-
wahl in den Vereinigten Staaten grössere Aufträge von
drüben eintrafen, sah man in Russland die Zeit gekommen,
eine Haussebewegung einzuleiten; die Erzpreise erfuhren
eine rasche Steigerung und der Platinverkaufspreis wurde
im Einverständnis mit der grössten Platin-Produzentin, der
„Compagnie Industrielle de Platine“ in Paris, Mitte No-
vember auf 3250 Mark erhöht. Über die weitere Ent-
wickelung des Platinmarktes ist, wie immer, schwer ein
zuverlässiges Urteil zu fällen. Vorläufig scheint man
die Hoffnung hegen zu dürfen, dass jetzt wieder eine
grössere Beständigkeit der Platinpreise eintreten wird, als
sie in den letzten Jahren zum Schaden aller Platin ver-
arbeitenden Industrien vorhanden gewesen ist. Einerseits
unterliegt es keinem Zweifel, dass bei einem Platinpreis
unter 3000 Mark der grösste Teil der russischen Minen
ag JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST
sprechende Vergrösserung der Lagerbestände. Auch in
kuranten Artikeln zeigte sich ein Rückgang gegen seit-
her. Schon bei Beginn des Berichtsjahres war das Ge-
schäft nicht sonderlich rege, und allenthalben machte sich
bei der Kundschaft eine gewisse Ängstlichkeit im Einkauf
bemerkbar; nach einer starken Abflauung im Sommer
brachte erst der Herbst eine etwas lebhaftere Nachfrage,
welche jedoch auch nicht von Bestand blieb. Diese Ent-
wicklung traf sowohl den deutschen Markt wie den Ex-
port. Dementsprechend mussten Einschränkungen der
Produktion vorgenommen werden. Die Fabrikation von
Goldketten und Kettenbijouterie hatte einen bedeutend
geringeren Absatz als im Vorjahre zu verzeichnen, sowohl
im Inlande als auch auf den ausländischen Märkten.
Während der Frühjahrs- und Sommermonate konnte die
tägliche Arbeitszeit nur mit höchstens 7 bis 8 Stunden
aufrecht erhalten werden, und auch diese Dauer wurde
lediglich gewahrt, um nicht die Wochenverdienste der
Arbeiter allzu sehr zu schmälern. Für die wirklich vor-
liegenden Aufträge hätte eine Wochenarbeitszeit von etwa
30 Stunden wohl ausgereicht; infolgedessen wurde ein
grosses Lager in den verschiedenen Artikeln geschaffen,
das bei den schweren goldenen Sachen starke Zinsenlasten
mit sich bringt. Um dieses Lager zu räumen, dazu setzte
das Herbstgeschäft nicht stark genug ein. Es brachte für
einige Wochen zwar gute Beschäftigung, zum Teil mit
Überstundenarbeit; aber schon gegen Anfang Dezember
zeigte sich eine merkliche Abschwächung, und es besteht
wenig Zuversicht für eine Besserung im Frühjahr 1909.
In der Silberwarenindustrie blieben Umsatz und Pro-
duktion gegen die Vorjahre beträchtlich zurück. Trotz
grosser Anstrengungen und intensiver Reisetätigkeit war
ein befriedigender Absatz nicht zu erzielen. Diese Er-
scheinung wurde noch verschärft durch die ungünstige
Sommerwitterung, welche das Geschäft in den Kurorten
schmälerte, wie namentlich durch das Ausbleiben der über-
seeischen Einkäufer. In den Sommermonaten musste die
Arbeitszeit auf sieben Stunden pro Tag verkürzt werden;
erst der Herbst brachte eine etwas bessere Beschäftigung.
Die Rentabilität der Branche litt unter dem weiteren Rück-
gang des Silberkurses wie unter verschärfter Konkurrenz.
Kredit- und Zahlungsverhältnisse haben sich im In- und
Auslande nicht gebessert. Einige Zahlungseinstellungen,
namentlich in England, führten Verluste herbei.
Im Gross- und Exporthandel mit Bijouterie, Gold-
und Silberwaren wiesen die Umsätze im Inlande und auf
den ausländischen Märkten erhebliche Minderungen gegen
die Vorjahre auf, und auch trotz des Weihnachtsgeschäftes
hat sich dieses Missverhältnis bis zum Jahresschluss nicht
gebessert. Gemeinsam auf den in- und ausländischen
Plätzen mit starkem Fremdenverkehr war im Jahre 1908
die Klage über eine bedeutend verringerte Frequenz und
namentlich über das Ausbleiben vieler begüterter Familien,
welche sonst dort das kaufende Publikum für oben-
genannte Artikel zu bilden pflegen. Dabei zeigten sich
die Mindererträge auffallend grösser in den grossen Ver-
kehrszentren des In- und Auslandes, als an mittleren und
N§ 13
kleineren Plätzen, und ein Geschäft war eigentlich nur in
Sachen von niederer Preislage möglich, während die
teureren Stücke nur sehr wenig verlangt wurden. Die
Rentabilität des Engrosgeschäftes hat noch weiter dadurch
gelitten, dass eine Besserung in den Preis- und Zahlungs-
verhältnissen sich nicht erreichen liess; im Gegenteil mussten
zum Teil den Abnehmern noch weitere Zugeständnisse
hinsichtlich Ziel und Preisstellung gemacht werden.
Der Handel mit Juwelen, Edelsteinen und Perlen
hatte unter dem Niedergang im Wirtschaftsleben sehr zu
leiden, und das Jahr 1908 muss als überwiegend un-
günstig bezeichnet werden. Von Amerika aus, das als
Käufer für Juwelen aller Art fast völlig versagte, pflanzte
sich die Absatzkrise nach Deutschland und den übrigen
europäischen Ländern fort. Dabei gestaltete sich das Ge-
schäft bei den deutschen Juwelier-Detailgeschäften noch
einigermassen, es wurde immerhin ziemlich verkauft; aber
niemand wollte sein Lager ergänzen, weil angenommen
wurde, bei diesem Stillstand müsse ein Zusammenbruch
der Preise eintreten. Tatsächlich sind im Laufe des
Sommers nennenswerte Notverkäufe gemacht worden von
Händlern, die anscheinend Ware losschlagen mussten.
Fast bis zum Jahresschlüsse bewegte sich das Geschäft
unter den angedeuteten ungünstigen Verhältnissen, und
nur das Wenige, das der Detaillist haben musste und so-
gleich in der Hand verkaufen konnte, vermochte der Stein-
händler abzusetzen. So sind die Umsätze stark zurück-
geblieben und die Läger der Detaillisten sind entschieden
kleiner geworden.
Das Jahr 1908 war für die Platinindustrie ebenso
wenig befriedigend wie das vorhergehende. Da die im
vorigen Jahresberichte geschilderten Verhältnisse, vor allem
das fast völlige Ausbleiben von grösseren Aufträgen seitens
der Vereinigten Staaten von Nordamerika, sich im neuen
Jahre fortsetzten, so wurde der Widerstand, welchen die
russischen Produzenten und Händler dem Sinken der Platin-
preise entgegengesetzt haben, allmählich gebrochen. Die
Erz- und dementsprechend auch die Verkaufspreise für
Platin gingen nach und nach bis auf zirka 2400 Mark
herunter und hielten sich auf dieser Höhe bis in den
Herbst hinein. Erst Ende Oktober trat ein Umschwung
ein. Als namentlich nach dem Ausgang der Präsidenten-
wahl in den Vereinigten Staaten grössere Aufträge von
drüben eintrafen, sah man in Russland die Zeit gekommen,
eine Haussebewegung einzuleiten; die Erzpreise erfuhren
eine rasche Steigerung und der Platinverkaufspreis wurde
im Einverständnis mit der grössten Platin-Produzentin, der
„Compagnie Industrielle de Platine“ in Paris, Mitte No-
vember auf 3250 Mark erhöht. Über die weitere Ent-
wickelung des Platinmarktes ist, wie immer, schwer ein
zuverlässiges Urteil zu fällen. Vorläufig scheint man
die Hoffnung hegen zu dürfen, dass jetzt wieder eine
grössere Beständigkeit der Platinpreise eintreten wird, als
sie in den letzten Jahren zum Schaden aller Platin ver-
arbeitenden Industrien vorhanden gewesen ist. Einerseits
unterliegt es keinem Zweifel, dass bei einem Platinpreis
unter 3000 Mark der grösste Teil der russischen Minen
ag JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST