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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 17
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Verfälschung der Edelsteine
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0166

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« JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST j-

zuwaschen, hier hilft nur ein Abkochen in verdünnter
Schwefelsäure.
Nicht selten, jedoch nur bei den in hohem Preise
stehenden Edelsteinen anwendbar, ist die Art der Ver-
fälschung, minder wertvolle Steine den kostbareren unter-
zuschieben. Solche Steine sind entweder schon in ihrer
eigentümlichen Farbe den letzteren ähnlich, oder man sucht
sie durch künstliche Behandlung denselben möglichst gleich
zu machen. Besonders geglühte Zirkone wurden früher,
neben weissem Saphir und Topas, dem Diamanten unter-
geschoben. Da ersterer nach dem Diamanten den höchsten
Brechungsgrad besitzt (/2—1,95), zeigt er ebenfalls ein
lebhaftes Farbenspiel. Im convergenten polarisierten Lichte
ist es jedoch nicht schwierig, das Interferenzbild dieses
optisch einachsigen Kristalls zur Demonstration zu bringen.
Dem orientalischen Rubin wird der im Preise weit ge-
ringere Spinell (Rubinspinell, Rubin balais) oder der rote
Turmalin (Rubellit) gerne untergeschoben.
Blauer Turmalin (Indigolith), Cyanit und Cordierit
(Luchssaphir) werden zuweilen als echter Saphir ausge-
geben.
Grüner Turmalin als Smaragd usw.
In solchen Fällen ist eine umfassende optische Unter-
suchung, Feststellung des spezifischen Gewichtes und die
Härteprobe anzuwenden.
Eine neuere Art von Fälschungen ist die, farblosen
natürlichen Quarz zu schmelzen und durch Beimischung
entsprechender Farbstoffe grün, rot, blau oder in anderen
Nuancen zu färben, um die so zubereiteten Steine Sma-
ragden, Rubinen, Saphiren usw. unterzuschieben.
Natürlicher Quarz kristallisiert in demselben System
wie Saphir und Smaragd, er zeigt deshalb auch die diesem
Kristallsystem eigenen Erscheinungen, die doppelte Licht-
brechung, optische Einachsigkeit und deutlichen Dichroismus.
Eigentümlicherweise gehen diese Eigenschaften durch das
Schmelzen verloren, so dass nachher die Steine sich genau
wie einfachbrechende Körper verhalten. Sie zeigen also
nach dem Schmelzen im Polarisations-Apparat bei der
Untersuchung im convergenten polarisierten Lichte nicht
mehr das Interferenzbild optisch einachsiger Kristalle und
im Dichroskop immer zwei gleiche Farbenbilder, in welcher
Richtung man sie auch einstellen mag.
Hierdurch ist es also leicht, derartige Fälschungen zu
erkennen, noch ganz abgesehen davon, dass Rubin und
Saphir (Härte 9) und Smaragd (Härte 71/2) härter sind wie
Quarz (Härte 7). Bei der Messung des Brechungsex-
ponenten im Refraktometer findet man für Quarz auch nur
1,55, Smaragd zeigt dagegen 1,57, Rubin und Saphir aber
1,77. Letztere haben auch ein höheres spezifisches Ge-
wicht wie Quarz, welches bei Smaragd allerdings ähnlich
ist. Auch der Hauptfaktor, die chemische Zusammensetzung,
ist eine grundverschiedene. Quarz besteht aus kristallisierter,
wasserfreier Kieselsäure, Smaragd aus Beryllium, Kieselsäure

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und Aluminiumoxyd, Rubin und Saphir aus kristallisierter
Tonerde.
Bei weiteren Untersuchungen mit den aus Quarz her-
gestellten Imitationen hat es sich ergeben, dass auch das
spezifische Gewicht und das Lichtbrechungsvermögen durch
das Schmelzen eine merkliche Änderung erfährt. Ersteres
beträgt nachher nur noch etwa 2,20, der Brechungsexponent
nur noch 1,45.
Diese Kunstprodukte werden jetzt auch häufig unter
der Bezeichnung „reconstitue, scientifique oder soude“
als Saphire, Smaragde, Aquamarine usw. angeboten. Da
in diesen Fällen mit den entsprechenden Bezeichnungen
Missbrauch getrieben wird, ist die bereits bestehende Un-
sicherheit hierdurch noch wesentlich vergrössert worden;
bei bezüglichen Einkäufen ist deshalb die weitgehendste
Vorsicht dringend geboten. Eine genaue optische Unter-
suchung, Feststellung des spezifischen Gewichts und die
Härteprobe werden am besten vor Betrug schützen.
Um in der Praxis schnell und sicher falsche „Recon-
stituees“ von den wirklichen oder den natürlichen Edel-
steinen zu unterscheiden, kann man auch eine in Amerika
gebräuchliche Ätzmethode anwenden, die ebenfalls bei
sämtlichen Glasimitationen gute Dienste leistet.
Als Ätzmittel nimmt man die sogenannte „Glasätztinte“,
eine äusserst scharfe Säure, die aus Fluorwasserstoff-Fluor-
ammonium, gefälltem schwefelsaurem Baryt und rauchender
Fluorwasserstoffsäure besteht und in Gummifläschchen auf-
bewahrt werden muss. Beim Hantieren mit Glasätztinte
ist die grösste Vorsicht nötig, da ein Tropfen auf die Haut
genügt, um schwere Verletzungen und bösartige Geschwüre
zu veranlassen, auch die Dämpfe dieser Säure sind giftig. Zu
den Experimenten sollte man vorsichtshalber immer Gummi-
handschuhe oder wenigstens Gummifingerschützer anziehen.
Zur Untersuchung giesst man etwas von diesem Ätz-
mittel in ein kleines Blei- oder Zelluloidschälchen, so dass
der zu untersuchende Stein von der Säure bedeckt ist und
den man eine Minute darin liegen lässt. Danach nimmt
man ihn vorsichtig mit der Kornzange heraus, spült ihn
gut mit Wasser ab und trocknet mit einem wollenen Tuche.
Folgende Edelsteine: Diamant, Rubin, Saphir, Spinell,
Smaragd, Aquamarin, Alexandrit, Edeltopas, Turmalin,
Granat, Hiddenit und Kunzit sowie die guten Reconstituees
werden von der Glasätztinte nicht angegriffen und können
deshalb das Eintauchen ohne Schaden vertragen.
Aber bei den gewöhnlichen Imitationen und den oben
angeführten Fälschungen aus Quarz frisst die Säure ein,
wodurch deren Politur vollständig zerstört wird; das matte
Aussehen macht die Nachahmungen nach der Ätzeinwirkung
sofort erkennbar.
Opal, Türkis und die Quarzvarietäten (Amethyst, Rauch-
topas, Goldtopas, Bergkristall usw.) werden von der Glasätz-
tinte stark angegriffen, auch Chrysolith darf mit dieser Säure
nicht in Berührung kommen, da er sonst den Glanz verliert.
 
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