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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 21
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Die 500 jährige Jubelfeier der Goldschmiede-Innung zu Danzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0198

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■h JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST m 21

Meister der beste Erzieher und Förderer der Lehrlinge bei
ihrer gewerblichen Ausbildung ist. Bei der grossen Teilung
der Arbeit — auch in den Kleinbetrieben — müssen wir
jedoch in Ergänzung der Werkstatt eine tüchtige Fach-
und Gewerbeschule haben. Die wissenschaftliche Vor-
schule, sei es nun Volks-, Mittel- oder höhere Schule, muss
den Menschen durch ihre wissenschaftlichen Lehren derart
erziehen und fortbilden, dass er selbständig sehen und
denken lernt. So ausgerüstet wird er meistens in seinem
späteren Berufe Tüchtiges leisten, denn wir dürfen nie
vergessen, dass die Berufsbildung mit der allgemeinen
Bildung gleichen Schritt halten muss. Das Verständnis für
andere Kulturaufgaben wird mit der eigenen Fortbildung
wachsen. Hierbei ist noch unendlich viel zu leisten und
wir müssen uns darüber klar sein, dass die gewerbliche
und kunstgewerbliche deutsche Arbeit lange nicht den
Höhepunkt früherer Zeit erreicht hat. Mit der Entwickelung
des neuen geeinten Deutschlands hat sie nicht gleichen
Schritt gehalten. Gewerbe und Kunstgewerbe sind erst
durch das Eingreifen von Künstlern und Architekten und
die bessere Ausbildung des Nachwuchses vorwärts
gebracht worden.
Die Klärung des Geschmacks stellt gesteigerte Anfor-
derungen an die Arbeit und ihren Verfertiger. — Wir
müssen auf der nunmehr beschrittenen Bahn rüstig fort-
schreiten und der Erfolg wird nicht ausbleiben. Es gehört
hierzu, dass ein jeder ein wirklicher Meister seines Berufes
ist und ihm fachlich geschulte Hilfskräfte zur Verfügung
stehen. Das Streben, die Lust und Freude an der eigenen
Arbeit kann nur anhalten, wenn Bedürfnisse der Käufer
und Besteller vorliegen. — Die erwerbende Klasse muss
guten Verdienst, die besitzende Klasse grosse Revenüen
aus ihren Kapitalanlagen haben. Wir haben hier in Danzig
ein krasses Beispiel dafür, dass stets das Wohl der Ge-
werke und wirtschaftliche Erfolge eng miteinander ver-
knüpft sind. — Während Danzigs Blüte als Handelsstadt,
früher bei der Blüte des Ordens, dann beim Bedarf der
nahen polnischen Hofhaltung wurde viel von gewerblichen
und prunkvollen Gegenständen gebraucht. — Jedes Wollen,
jedes Können konnte in die Tat umgesetzt werden, und
die Meisterwerke Danziger Gewerbefleisses entstehen. —
Mit dem Verfalle des Ordens, des nahen Polenreichs und
des Danziger Handels ging alles schnell zurück und die
gewerblichen Leistungen konnten nie mehr die frühere
Höhe erreichen, bis Preussen Danzig in sicheren Schutz
nahm. Durch die enormen Aufwendungen für das Staats-
wohl waren die Mittel erschöpft, und wir sehen etwa von
1820 ab, dass allen Sachen ein unverstandener Prunk an-
haftete und ihnen ein falsches Aussehen gegeben wurde.
Alle Stilarten wurden herangezogen und meistens falsch
verstanden. Wir kommen auf den Schlendrian und die
Gedankenlosigkeit, das Trotten in ausgefahrenen Gleisen.
Ich erinnere in unserem eigenen Berufe daran, wie das
Kittsilber und das Kittgold in Gerät und Schmuck ver-
wendet wurde, es war zum Ansehen, nicht zum Gebrauch.
Ich erinnere daran, dass später der höchste Schmuck vieler

Damen darin besteht, dass sie eine Metalldrahtbrosche
oder einen Ring mit dünner goldener Schiene und mög-
lichst grossem Brillanten hatten. Von irgend welcher ge-
werblichen, geschmackvollen Arbeit konnte hierbei nicht
mehr die Rede sein.
Meine Herren! Das Motto der Dresdener Ausstellung
von 1906 schwebte mir bei meinen Ausführungen vor,
und ich glaube, auch Sie werden es alle billigen. Schön-
heit der Form, Schönheit des Materials und Schönheit der
gediegenen Arbeit. Wenn wir in diesem Sinne individuell
arbeiten, werden wir zu der Überzeugung kommen, dass
der Gegenstand der beste ist, der dem Erzeuger und dem
Käufer gleich viel Freude bereitet. Wir Gewerbetreibenden
können nur herzlichst wünschen, dass es allen anderen
Berufsklassen, Handel und Industrie, Landwirtschaft und
Beamten, wohl ergeht, um für unsere Arbeit auch lohnende
Absatzgebiete zu finden. Zur Zeit der höchsten Blüte der
Danziger Innung finden wir fast 50 Meister in ihr ver-
einigt und wir müssen bedauern, dass wir heute kaum
zwanzig sind.
Der Redner gedachte zum Schluss des Heimganges
zweier kürzlich verstorbener Mitglieder der Innung, des
Kollegen Roggatz und eines im Berufe ergrauten Kollegen in
Newyork. Freudig konnte er dagegen auf drei 50 jährige
Meisterjubiläen aus der Zeit von 1890 bis 1900 hinweisen:
Gottlieb Wulsten, Moritz Stumpf und Zacharias. Im neuen
Jahrhundert wurden die Kollegen Meyer, Rosalowski und
Sohr aus gleichem Anlasse zu Ehrenmitgliedern ernannt.
Der Redner schloss seine Ausführungen mit dem Hin-
weis auf das wiedererwachte und erstarkte Deutschland,
und dem ritterlichen Kaiser galt sein letztes Wort.
Es folgten nun seitens der verschiedenen Behörden
und Abordnungen die Gratulationen.
Als erster gratulierte namens des Handelsministers und
des Oberpräsidenten der Oberpräsidialrat v. Liebermann.
Mit herzlichen Glückwunschworten wies er auf die Wechsel-
wirkungen zwischen Handel und Handwerk hin und sprach
die Zuversicht aus, dass Güte der Arbeit, Zuverlässigkeit
und Pünktlichkeit die besten Stützen für das Handwerk
seien. Dem Obermeister der Innung, Herrn Erich Stumpf,
überreichte er als kaiserliche Anerkennung des schönen
Jubiläums den Kronenorden 4. Klasse.
Namens des Regierungspräsidenten gratulierte alsdann
Herr Regierungsrat Meyer, namens der Stadt Danzig Herr
Stadtrat Dr. Mayer, welch letzterer ein mit dem Wappen
der Innung und der Stadt geschmücktes Buch überreichte.
Es ist dies ein Protokollbuch, 40\26 Zentimeter gross,
in Rindleder auf sechs echten Bünden in der Technik
der alten Meister gebunden. Den Vorderdeckel ziert
das farbige Innungswappen in Lederschnitt. Das sehr
wirksam gezeichnete Titelblatt enthält die Widmung der
Stadt. Dieses, der Entwurf und der Lederschnitt sind von
Herrn Kunstmaler F. Badt hergestellt, während den Einband
und die handmarmorierten Vorsatzblätter die Herren
Buchbindermeister Hugo und Fritz Nitsch ausgeführt
haben. (Danziger Ztg.)
 
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