Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909
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Nr. 23
DOI article:R., W.: Goldschmied Professor Ernst Riegel
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J\s 23
und Modellieren an der Fachklasse für Juweliere, Gold- und Silber-
schmiede der städtischen Gewerbeschule. 1906 siedelte er, dem ehren-
vollen Rufe Sr. Kgl. Hoheit des Grossherzogs von Hessen folgend, nach
Darmstadt über, um hier als Mitglied in die Künstlerkolonie aufge-
nommen zu werden.
Neben zahlreichen sonstigen Ehrungen wurde ihm 1900 die goldene
Mitarbeiter-Medaille der Pariser Weltausstellung zuerkannt, auf der
Dresdener Kunstausstellung 1904 erhielt er die kleine goldene Medaille.
Professor Riegel zählt zu den wenigen unserer modernen Kunst-
gewerbler, die ihre Arbeiten selbst entwerfen und ihre Entwürfe selbst
ausführen, und zwar beides in einer Vollkommenheit, die seine Werke
unbedingt als aussergewöhnliche Leistungen erscheinen lassen. Er
hat sich allen Fährnissen der Sturm- und Drangperiode der modernen
Kunstströmung zu entziehen vermocht; seine meisten Schöpfungen
bekunden eine durchaus geläuterte Auffassung.
Riegel ist zugleich formalistischer Künstler und konstruktiver Naturalist.
Pokal
Silber getrieben
Beeren, geschliffene unb
burctjbotirte Amethyste
Figur in Golb
(1903)
ßectjer
Silber poliert
ITlanfel aus Tombak,
Vögel, Äste unb Rippen
ber Bläffer Silber
fauschierf, Früchte in Golb,
Augen unb Schnäbel ber
Vögel in Golb-Kupfer -
Regierung, Bläffer braun
pafinierf.
(1902)
Als letzterer ist er geradezu bewundernswert darin, wie unerschöpflich
er die verschiedensten Naturformen in seinen Kunstwerken stilisiert zum
Ausdruck bringt und zudem in einer Vollendung, die in diesem hohen
Masse nur infolge der innigen Vertrautheit mit dem zur Ausführung
verwendeten Material möglich ist. Er treibt einen gewissen Kult mit
dem Formenreichtum der Natur. Einige seiner Werke zeigen dagegen
rein geometrische Phantasiegebilde; als formalistischer Künstler wirkt
er hier durch eine wirklich ästhetische Anordnung von Kreisornamenten
und linearen Gruppierungen.
Meisterhaft entfaltet er die Schönheiten des Materials durch stofflich
individuelle Bearbeitung; zart beseitete Regungen und konstruktive
Mächtigkeit finden wir durch ihn verkörpert. — Trotz der Vielgestalt
sind aber seine sämtlichen Arbeiten von nicht zu verkennender, per-
sönlichster Eigenart, sie besitzen eben ein charakteristisches Gepräge.
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und Modellieren an der Fachklasse für Juweliere, Gold- und Silber-
schmiede der städtischen Gewerbeschule. 1906 siedelte er, dem ehren-
vollen Rufe Sr. Kgl. Hoheit des Grossherzogs von Hessen folgend, nach
Darmstadt über, um hier als Mitglied in die Künstlerkolonie aufge-
nommen zu werden.
Neben zahlreichen sonstigen Ehrungen wurde ihm 1900 die goldene
Mitarbeiter-Medaille der Pariser Weltausstellung zuerkannt, auf der
Dresdener Kunstausstellung 1904 erhielt er die kleine goldene Medaille.
Professor Riegel zählt zu den wenigen unserer modernen Kunst-
gewerbler, die ihre Arbeiten selbst entwerfen und ihre Entwürfe selbst
ausführen, und zwar beides in einer Vollkommenheit, die seine Werke
unbedingt als aussergewöhnliche Leistungen erscheinen lassen. Er
hat sich allen Fährnissen der Sturm- und Drangperiode der modernen
Kunstströmung zu entziehen vermocht; seine meisten Schöpfungen
bekunden eine durchaus geläuterte Auffassung.
Riegel ist zugleich formalistischer Künstler und konstruktiver Naturalist.
Pokal
Silber getrieben
Beeren, geschliffene unb
burctjbotirte Amethyste
Figur in Golb
(1903)
ßectjer
Silber poliert
ITlanfel aus Tombak,
Vögel, Äste unb Rippen
ber Bläffer Silber
fauschierf, Früchte in Golb,
Augen unb Schnäbel ber
Vögel in Golb-Kupfer -
Regierung, Bläffer braun
pafinierf.
(1902)
Als letzterer ist er geradezu bewundernswert darin, wie unerschöpflich
er die verschiedensten Naturformen in seinen Kunstwerken stilisiert zum
Ausdruck bringt und zudem in einer Vollendung, die in diesem hohen
Masse nur infolge der innigen Vertrautheit mit dem zur Ausführung
verwendeten Material möglich ist. Er treibt einen gewissen Kult mit
dem Formenreichtum der Natur. Einige seiner Werke zeigen dagegen
rein geometrische Phantasiegebilde; als formalistischer Künstler wirkt
er hier durch eine wirklich ästhetische Anordnung von Kreisornamenten
und linearen Gruppierungen.
Meisterhaft entfaltet er die Schönheiten des Materials durch stofflich
individuelle Bearbeitung; zart beseitete Regungen und konstruktive
Mächtigkeit finden wir durch ihn verkörpert. — Trotz der Vielgestalt
sind aber seine sämtlichen Arbeiten von nicht zu verkennender, per-
sönlichster Eigenart, sie besitzen eben ein charakteristisches Gepräge.