JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.
Geschenke für den moskowitischen Zarenhof von durchreisenden
Gesandschaften gerne mitgenommen wurden. Aber auch andere
Kunstliebhaber und Museen haben sich einen trefflichen Schatz
Danziger Edelschmiedearbeiten gesichert. Ich erinnere mich noch
genau, wie mein Heimatsgefühl sich empörte, als ich vor Jahren
beim Studium im Londoner South Kensington-Museum einen
grossen Glasschrank mit nur Danziger Silberbechern fand. Durch
die auswärtigen Stücke ist der Ruhm der Danziger Goldschmiede-
kunst in alle Lande getragen.
Einige treffliche Stücke sind in unserem Provinzial- und Stadt-
museum noch erhalten und wir haben die Freude, an unserem
Jubeltage eine ganze Anzahl Arbeiten unserer Vorfahren vereinigt
zu sehen. Der Verein zur Erhaltung der Bau- und Kunstdenk-
mäler hatte7 die grosse Liebenswürdigkeit, unserer Anregung Folge
zu geben und mit uns eine Ausstellung von alten Kunstgewerbe-
arbeiten aus Danziger Privatbesitz zu veranstalten. Wir haben
ein ganz besonderes Interesse an den dort vorhandenen Gold-
und Silberschmiedearbeiten und freuen uns, Stücke aus aller-
frühester Zeit, dann dem für Danzig typischen Barock bis zum
Empire im Anfänge des 19. Jahrhunderts dort vereinigt zu sehen.
Ich möchte allen Freunden heimatlicher Arbeit den Besuch dieser
Ausstellung dringend empfehlen, Sie werden dort ein Bild des
Gewerbefleisses und der Blüte unseres einstigen Kunstgewerbes
erhalten. Es drängt mich, an dieser Stelle den Dank der Innung
dem Verein zur Erhaltung der Bau- und Kunstdenkmäler und
seinem Vorsitzenden, dann aber den Direktoren der Privat-Aktien-
bank für die kostenlose Überlassung der Räume und den überaus
bereitwilligen Ausstellern abzustatten.
Ich fand in alten Chroniken, dass bereits im Jahre 1504 am
25. Mai eine ähnliche derartige Ausstellung, und zwar sämtlicher
Heiligtümer Danziger Kirchen zu Ehren des anwesenden Königs
von Polen auf dem Langen Markt veranstaltet war.
Die von mir angeführte erste urkundliche Ordnung, welche
ganz genaue Vorschriften über das Leben wie die Arbeit des
Meisters gibt und teilweise sogar in ihr Privatleben hineingreift,
hat sich durch alle Jahrhunderte erhalten, sie ist nur nach den
Bedürfnissen derZeit ergänzt und geändert worden. Das Gewerk
hat mit diesen strengen Gesetzen alle Fährnisse bis zum Jahre
1814, als die Gewerbefreiheit auch in Danzig ihren Einzug hielt,
überstanden. Es blieb jedoch auch dann noch als freie Innung
bestehen und wir müssen die gerechte Beurteilung unseren Zeit-
genossen überlassen, ob es noch heute jung und lebenskräftig
ist. Den modernisierten Zünften werden ihre Berechtigungen
heute vielfach abgesprochen und man denkt bei dem Wort Innung
stets an den alten Zopf. Der Name Innungsmeister ist meistens
unweigerlich von dem Begriff des Schmerbauchs und der Schwer-
fälligkeit nicht zu trennen. Dieses trifft nun heute in der Tat
kaum mehr zu, und wir dürfen wohl sagen, dass die Innungen,
nachdem sie nunmehr fast 100 Jahre der Gewerbefreiheit durch-
gemacht, ihre Existenzberechtigung bewiesen haben und nicht
allein von ihren alten Traditionen zehren. Von den alten Ge-
werken hat sich die Grossindustrie abgesondert, für das Hand-
werk bilden sie auch heute noch den Mittelpunkt des berufs-
gewerblichen Lebens einer Stadt. Ihre gemeinsamen Versamm-
lungen und Einrichtungen sind auch in Bezug auf das Lehrlings-
und Gesellenwesen ein starkes Bindeglied und tragen viel zur
Förderung der Kollegialität bei. Wir müssen mit grossem Dank
anerkennen, wie viel die Staats- und Stadtbehörden gerade in
letzter Zeit für sie getan und sie in jeder Beziehung gefördert
haben. Es liegt nun an den einzelnen Meistern, ihre Kräfte, ihr
Wollen und Können zu zeigen, dann wird das Vollbringen nicht
fehlen. Die ewigen Klagen über die Konkurrenz, die Rufe nach
Staatshilfe bei jeder Gelegenheit müssen verstummen. Die In-
nungen müssen sich auf ihre historischen Überlieferungen be-
sinnen und werden dann finden, dass der Wandel von innen
heraus kommen muss. Hierzu gehört in erster Beziehung die
Pflege unseres gewerblichen Nachwuchses. Wir sind uns alle
darüber klar, dass hier etwas geschehen muss, es kann sich nur
noch um die Frage der besten Mittel handeln. Aus dem Mittel-
alter, der Zeit des vollendetsten handwerklichen Können, über-
nehmen wir nur, dass auch heute noch ein tüchtiger Meister der
beste Erzieher und Förderer der Lehrlinge bei ihrer gewerblichen
Ausbildung ist. Bei der grossen Teilung der Arbeit auch in den
Kleinbetrieben müssen wir jedoch in Ergänzung der Werkstatt
eine tüchtige Fach- und Gewerbeschule haben. Die wissen-
schaftliche Vorschule, sei es nun Volks-, Mittel- oder höhere
Schule, muss den Menschen durch ihre Lehren derart erziehen
und fortbilden, dass er selbständig sehen und denken lernt. So
ausgerüstet, wird er meistens in seinem späteren Beruf Tüchtiges
leisten, denn wir dürfen nie vergessen, dass die Berufsbildung mit
der allgemeinen Bildung gleichen Schritt halten muss. Das Ver-
ständnis für andere Kulturaufgaben wird mit der eigenen Fort-
bildung wachsen. Hierbei ist noch unendlich viel zu leisten und
wir müssen uns darüber klar sein, dass die gewerbliche und
kunstgewerbliche deutsche Arbeit lange nicht den Höhepunkt
früherer Zeit erreicht hat. Mit der Entwickelung des neuen
geeinten Deutschlands hat sie nicht gleichen Schritt gehalten.
Gewerbe und Kunstgewerbe sind erst durch das Eingreifen-von
Künstlern und Architekten und die bessere Ausbildung des Nach-
wuchses vorwärts gebracht. Die Klärung des Geschmacks stellt
gesteigerte Forderungen an die Arbeit und ihren Verfertiger. Wir
müssen nunmehr auf der beschrittenen Bahn rüstig vorwärtsschreiten
und der Erfolg wird nicht ausbleiben. Es gehört hierzu, dass ein
jeder ein wirklicher Meister seines Berufes ist und ihm fachlich
geschulte Hilfskräfte zur Verfügung stehen. Das Streben, die
Lust und Freude an der eignen Arbeit kann nur anhalten, wenn
Bedürfnisse der Käufer und Besteller vorliegen. Die erwerbende
Klasse muss guten Verdienst, die besitzende Klasse grosse Re-
venuen aus ihren Kapitalanlagen haben. Wir haben hier in Dan-
zig ein krasses Beispiel dafür, dass stets das Wohl der Gewerke
und allgemeine wirtschaftliche Erfolge eng miteinander verknüpft
sind. Während Danzigs Blüte als Handelsstadt, früher bei der
Blüte des Ordens, dann beim Bedarf der nahen polnischen Hof-
haltung, wurde viel von gewerblichen und prunkvollen Gegen-
ständen gebraucht. Jedes Wollen, jedes Können konnte in die
Tat umgesetzt werden und die Meister Danziger Gewerbe-
fleisses entstehen. Nach dem Verfall des Ordens, des nahen Polen-
reiches und des Danziger Handels ging alles schnell zurück. Die
gewerblichen Leistungen konnten nie mehr die infolge der ewigen
Unruhen frühere Höhe erreichen, bis Preussen Danzig in
sichern Schutz nahm. Durch die enormen Aufwendungen für
das Staatswohl waren die Mittel erschöpft, und wir sehen von
1820 ab, dass allen Sachen ein unverstandener Prunk anhaftete
und ihnen ein falsches Aussehen gegeben wurde. Alle Stilarten
wurden herangezogen und meistens falsch verstanden. Wir
kommen auf den Schlendrian und die Gedankenlosigkeit, das
Trotten in ausgefahrenen Gleisen, wie wir es im vorigen Jahr-
hundert sehen. Ich erinnere in unserem eigenen Beruf daran,
wie das Kittsilber und das Kittgold in Gerät und Schmuck ver-
wendet wurd^; es war zum Ansehen nicht zum Gebrauch. Ich
erinnere daran, dass später der höchste Schmuck vieler Damen
darin bestand, dass sie eine Messerdrahtbrosche oder einen Ring
mit dünner goldener Schiene und möglichst grossem Brillanten
hatten. Von irgend welcher gewerblichen, geschmackvollen
Arbeit konnte hierbei nicht mehr die Rede sein. Um die Wende
des 19. Jahrhunderts setzt der frische Zug auch im Kunstgewerbe
ein und die erfreuliche Tätigkeit des Werkbundes, dessen Dan-
ziger Vertrauensmann, Herrn Professor Karsten, wir unter uns
haben, in den letzten Jahren will uns den Fabrikschund fern-
halten und uns zum Verständnis der guten Ware erziehen.
Meine Herren! Das Motto der Dresdner Ausstellung von
1906 schwebte mir bei meinen Ausführungen vor und ich glaube,
auch Sie werden es alle billigen: „Schönheit der Form! Schön-
heit des Materials und Schönheit der gediegenen Arbeit!“
Wenn wir in diesem Sinne individuell arbeiten, werden wir
zu der Überzeugung kommen, dass der Gegenstand der beste
ist, der dem Erzeuger und dem Käufer gleich viel Freude bereitet.
Wir Gewerbetreibenden können nur herzlichst wünschen, dass
es allen Berufsklassen, Handel und Industrie, Landwirtschaft und
Beamten wohl ergeht, um für unsere Arbeit auch lohnende Absatz-
gebiete zu finden. Zur Zeit der höchsten Blüte der Danziger
Innung finden wir fast 50 Meister in ihr vereinigt und wir müssen