Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0113
DOI issue:
Nr. 11
DOI article:Jessen, Jarno: Bäuerischer Schmuck
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1909 iB JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST -— 95
Gürfdsdjloß unb Knöpfe von ber Insel Fötjr
Berliner Kluseum für beufsdje Volkskunbe
eigensinnig behauptet und
mit ihr allerlei Gold-
und Silberzierat. Kom-
men wir über das Watten-
meer nach der baum-
armen Insel Föhr, so
überraschen uns Silber-
sachen von besonderer
Feinheit. Hier sind die
Frauen energische Mit-
arbeiterinnen des Man-
nes, aber sie lieben es
trotzdem am Sonntags-
staat mit Schmuck-
schätzen zu prunken.
Teueres Gold konnten
sie sich hier nicht leisten,
aber ihre Silbersachen entzücken Kenneraugen durch feinste
Ausführung. Das Filigran von Föhr hat besondere Reize. In
geometrisch verschlungenen Bändern legt es sich wie ein festes
Geflecht um die Knöpfe, die reihenweise aufgenäht werden,
und immer schliesst ein Sonderpunkt in der Mitte sicher das
Gebilde ab. Das Brustgeschmeide ist hier blosser, auf-
genähter Putz, hält nicht wie in der Schweiz die Kleid-
teile zusammen. Das eiförmige Gürtelschloss ist für diese
Inselfrauen typisch. Es zeigt die edle Art der Filigran-
technik, die wir schon bei den Ostfriesen bewunderten.
Auch hier finden sich aller Art Spangen.
Auch im Felsbereich Helgolands müssen geschickte
Edelmetallschmiede tätig gewesen sein, denn unser origi-
neller Brautschmuck
ist ein höchst inter-
essantes Dokument
einstiger dortiger
Kunsthöhe. So viel-
fach auch fremde
Anregungen aus Re-
naissancetagen ein-
geströmt scheinen,
der Geist, der das
Charaktergepräge des
Ganzen schuf, ist
durchaus boden-
wüchsig. Das zärt-
liche Paar im ge-
krönten Medaillonteil
des Oberstücks, das
Silberner Braufsdjmud; von Helgolanb
Berliner Kluseum für beufsdje Volhshunbe
Herz in der Mitte und die Herz-
form des Hauptkörpers sind geläufige Motive der
Bauernkunst. Aber in den Anhängseln äussert sich das
Wesen des „Meerumschlungenen“, nur bei einem Menschen-
stamm kräftiger Landesverteidiger, Schiffer und Fischer,
konnte der Silberschmied ein solches Schmuckstück er-
sinnen. Es trägt den Schollenduft der Heimat mit sich.
Im Heide- und Moorland der Geesten Holsteins und
in ihren fruchtbaren Marschen sind Bauernhände sehr
geschickte Hersteller eines höchst vornehmen Filigrans.
Manches ähnelt benachbarter Schmuckkunst, aber manches
kennzeichnet besonderen Landesgeschmack. Hier wird
Reichtum gern durch bunte Steine gezeigt, aber man ver-
steigt sich niemals ins Auffällige. Ketten, Schliessen und
Gürfdsdjloß unb Knöpfe von ber Insel Fötjr
Berliner Kluseum für beufsdje Volkskunbe
eigensinnig behauptet und
mit ihr allerlei Gold-
und Silberzierat. Kom-
men wir über das Watten-
meer nach der baum-
armen Insel Föhr, so
überraschen uns Silber-
sachen von besonderer
Feinheit. Hier sind die
Frauen energische Mit-
arbeiterinnen des Man-
nes, aber sie lieben es
trotzdem am Sonntags-
staat mit Schmuck-
schätzen zu prunken.
Teueres Gold konnten
sie sich hier nicht leisten,
aber ihre Silbersachen entzücken Kenneraugen durch feinste
Ausführung. Das Filigran von Föhr hat besondere Reize. In
geometrisch verschlungenen Bändern legt es sich wie ein festes
Geflecht um die Knöpfe, die reihenweise aufgenäht werden,
und immer schliesst ein Sonderpunkt in der Mitte sicher das
Gebilde ab. Das Brustgeschmeide ist hier blosser, auf-
genähter Putz, hält nicht wie in der Schweiz die Kleid-
teile zusammen. Das eiförmige Gürtelschloss ist für diese
Inselfrauen typisch. Es zeigt die edle Art der Filigran-
technik, die wir schon bei den Ostfriesen bewunderten.
Auch hier finden sich aller Art Spangen.
Auch im Felsbereich Helgolands müssen geschickte
Edelmetallschmiede tätig gewesen sein, denn unser origi-
neller Brautschmuck
ist ein höchst inter-
essantes Dokument
einstiger dortiger
Kunsthöhe. So viel-
fach auch fremde
Anregungen aus Re-
naissancetagen ein-
geströmt scheinen,
der Geist, der das
Charaktergepräge des
Ganzen schuf, ist
durchaus boden-
wüchsig. Das zärt-
liche Paar im ge-
krönten Medaillonteil
des Oberstücks, das
Silberner Braufsdjmud; von Helgolanb
Berliner Kluseum für beufsdje Volhshunbe
Herz in der Mitte und die Herz-
form des Hauptkörpers sind geläufige Motive der
Bauernkunst. Aber in den Anhängseln äussert sich das
Wesen des „Meerumschlungenen“, nur bei einem Menschen-
stamm kräftiger Landesverteidiger, Schiffer und Fischer,
konnte der Silberschmied ein solches Schmuckstück er-
sinnen. Es trägt den Schollenduft der Heimat mit sich.
Im Heide- und Moorland der Geesten Holsteins und
in ihren fruchtbaren Marschen sind Bauernhände sehr
geschickte Hersteller eines höchst vornehmen Filigrans.
Manches ähnelt benachbarter Schmuckkunst, aber manches
kennzeichnet besonderen Landesgeschmack. Hier wird
Reichtum gern durch bunte Steine gezeigt, aber man ver-
steigt sich niemals ins Auffällige. Ketten, Schliessen und