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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 15
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Jessen, Jarno: Bäurischer Schmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0146

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_ —- JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST m 15


Hümlingsdjmuck im Besitze bes Berliner Bluseums für beufsdje Volkshunbe.

wir die für Holstein so charakteristische zweigliedrige

Hier spielte städtischer

feingearbeitete Brustzierden aus
Kettchen, aus getriebenen und
geschlagenen Teilen, reizend ge-
bildetem Filigran und den Be-
hängen bäuerischer Vorliebe —
den Herzen und Eicheln. Oft ist
als Schlussspitze ein Kreuz ein-
gearbeitet; diese „Krüzbengel“
sind für diesen Umkreis typisch.
Unser liebes Mitteldeutsch-
land, Thüringen, Franken, die
Rheinprovinz, Sachsen und Bran-
denburg hätten unsern Ruhm
durch ländliches Schmuck-
produzententum niemals gemehrt.
Einfluss die Hauptrolle, und hier

Gürtelschnalle in einzelnen schönen Exemplaren, die Kronen-
bildung am Kopf der herzförmigen Spangen und den mehr-
teiligen, langhängenden Ohrring, wie ihn auch Friesen-
frauen tragen.
Im hannöverschen Gebiet geht es besonders in den
Elbmarschengegenden in Schmuckdingen sehr hoch her.
Silberner Besitz herrscht zwar vor, aber Gold ist auch
häufig, und die warmroten Farbentöne der Granaten
spenden oft der Metallarbeit eigene Wirkungen. Hier
verfertigen geschickte Goldschmiede den Altländerinnen
für ihre Mieder wahre Brünhildenpanzerungen. Grosse
runde Spangen schliessen Hand- und Halstuch und viel-
reihige Ketten sind mit aufgeblähten Filigranknöpfen be-
hangen. Es klingt und klirrt um den Hals wie um die
Taille. Noch heute gilt das Städtchen Stade als bester
Ort für Goldschmiedearbeiten, und die dortigen Meister
wie auch die der hannöverschen Geesten, in Lüneburg,
Harburg und Buxtehude ordnen sich mehr oder weniger

sind auch die köstlichen Volkstrachten mehr und mehr
dahingeschwunden. Wo sie, wie im Bückeburgischen,
das Auge noch erfreuen, treffen wir auch auf besonders
prunkende Stücke. Hier zeugt das ganze Kostüm von
höchster Farbenfreudigkeit, sogar Strümpfe und „Ärm-
linge“ sind reich bestickt. Auf der Berliner Volkskunst-
ausstellung rissen sich unsere namhaften Kunstgewerbler
und elegante Damen geradezu um die mit Seidenblumen
bestickten Brusttücher, die oft malerische Tonharmonien
von bestrickendem Zauber boten. „Ausverkauft“, war in
dieser Abteilung schnell die Parole, und sie hätte sicher
der Schmuckabteilung ebenso gegolten, wenn hier nicht
das Meiste historischer Museums- und Sammlerbesitz ge-
wesen wäre. Der Bückeburger Schmuck erinnert stark
an die Zeit des alten Germaniens. Hier ist keine subtile
Arbeit zu bewundern, die Schliessen und Ketten scheinen
nach dem Pfundgewicht abgewogen. Alles wirkt, wie auf
den Griff der Bauernhand berechnet, wie für den Hinweis

den bäuerischen Wünschen unter. Sie richten sich nach auf das grosse

den Mustern des traditionell gewordenen Dorfgeschmacks
und beeinflussen zuweilen aus eigenem Wissen. Je mehr
wir südwärts in Hannover vordringen, je mehr scheint unser
Bauerntum an Gediegenheit des Geschmacks abzunehmen.
Der Schmuck ist ein feiner Gradmesser ästhetischer An-
lagen und hier missfällt uns oft das Mitverarbeiten billigerer
Materialien. Man hält in den Formen grossartiges Wesen
aufrecht, aber man scheut sich nicht, recht wertlose Surro-
gate, wie farbiges Glas, selbst schwarzes Steinkohlen-

Portemonnaie.
Es war interes-
sant, an einer
Schliessensamm-
lung, die Pro-
fessor Stoeving
besonders zu-
sammengestellt
hatte, zu ver-

kristall unter die Edel-
metallglieder zu fügen,
oder man ist auch mit
aufgenagelten geschlif-
fenen Stahlstücken im
Silber zufrieden. Merk-
würdig ist es, dass in
Hannover, in der Ge-
gend des Hümling,
sich ein wahres Kult-
zentrum für friesischen
Schmuck findet. Hier
tragen die Bäuerinnen


Sübbeutsdje Gürtelsdjliesse

im Besitz bes Berliner tTluseums für


beufsdje Volkskunbe

Oberbayerisdje Tniebersfeiken
 
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