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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 15
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Jessen, Jarno: Bäurischer Schmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0147

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1909 ■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ji-—-— 129


SdjlesisdjGr Bauernsdjmuck
im Besitze bcs Sdjlesisdjen ffluseums für beufsdie Volkskunst.

folgen, welche Wandlungen während des neunzehnten Jahr-
hunderts an der schlichten Bückeburger Schliesse vorge-
gangen waren. Mit Konsequenz war die Eintragung der
Jahreszahl und der Namensinitialen durchgeführt und immer
hatte bäuerischer Kunstsinn auch an der gleichen Ornamentik,
dem schnäbelnden Taubenpaar auf dem Lorbeerzweig, der
Krone, dem Herzen, an allem was in leichtleserlicher Sym-
bolik die himmlische und die irdische Liebe deutet, festge-
halten. Aber im Lauf der Jahrzehnte hatte sich doch sichtlich
die Ausführung verfeinert. Zu blosser Treibarbeit trat das
Gravieren, das Schmücken mit Filigran und bunten Glas-
steinen und neuerdings auch das naive Einsetzen bemalter
Bildchen unter Glas, ein Ersatz der Emaille. Aus der
runden Schildform ist dann auch ein vieleckiges Gebilde
erwachsen, ein wahres Kampfschild für zarte Frauenglieder.
Die Ohrringe aus der Friller Gegend zeigen in ihrer ge-
stanzten Knopfform mit Filigran und Steinbesatz deutliche

Ähnlichkeit mit venezianischem Schmuck des siebzehnten
Jahrhunderts. Sie sind sicherlich durch Berührung mit
süddeutschen Vorbildern hier eingeführt worden. Und noch
einmal taucht Alt-Germanien auf beim Anblick der viel-
reifigen Eheringe im Lindhorster Gebiet, und es ist in-
teressant, zu wissen, dass gerade für ihre Herstellung sich
auch zuweilen weibliche Goldschmiede betätigen.
In Franken begegnen wir häufig den Granatketten,
sicher wegen der Nachbarschaft Böhmens, und die Land-
frauen tragen an ihnen ihr Medaillon oder Kreuz. Silberne
Schnallen und Knöpfe am Gürtel kann hier, wie auch im
Egerland, der Bauer nicht missen, aber sie gehören zum
Sonntagsstaat wie der Miederschmuck der Egerländerin.
In diesem Kettchengeflecht, an dem kräftige „Klünger“, die
Maria Theresia- oder Kreuztaler, klirren, verspüren wir
schon, dass das schmucklustige Bayerland nahe gerückt
ist. Schlesien hat wohl durch den Einstrom polnischen
Wesens gewisse Geschmacksverfeinerungen angenommen.
Es sind heute noch im Breslauer Kunstgewerbemuseum
Trachtenstücke, Hauben und Schürzen, erhalten, die die vor-
nehmsten Zusammenstellungen, Silber- und Goldstickereien
mit köstlichen Stoffen, Brokaten, Pelzen und Spitzen auf-
weisen. Auf schlesischen Bauernschmuck dürfen wir auch mit
Genugtuung weisen, denn er verrät sehr kundige, geschickte
Hersteller. Hier scheint auf besondere Eleganz und Leichtig-
keit Wert gelegt. Die Ketten sind aus zierlichsten Gliedern
in Draht oder gebuckelten Teilchen zusammengefügt und
oft findet sich ein besonders augenerfreuendes Mittelstück.
Es zeigt den naiv die Natur in Blatt- und Blumenwerk
nachbildenden Goldschmied oder auch die Kopie irgend-
welcher friesischer oder italienischer Vorbilder. Graziöse,
bewegliche Wesen, „die Anmut, die lebendig quillt“, dürften
eigentlich nur Träger solchen Feinguts sein.
Kommen wir nach Süddeutschland hinein, dann hallt
wohl mancher Anklang von Norden her nach, aber trotz
dieses Durchgangsgebietes nach italienischer Welt, findet sich
Lokalgut an verschiedenen Stellen. Bemerkenswert ist
die Vorliebe für Filigran, das hier wie der schwellende
Gebirgsboden oft ein Emporwölben liebt. Hier liegen eine
 
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