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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 30.1909

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Nr. 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.55857#0492

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

O1

eine ganz genaue Aufstellung der finanziellen Entwickelung der
Einbruchskasse, und zwar binnen 8 Tagen, und um nachträgliche
Veröffentlichung des Kassenberichtes in den zuständigen Fach-
organen, damit den Satzungsvorschriften gedient ist.
Was nun den Hauptkassenbericht des Verbandes anbelangt,
so finden wir auch da verschiedene Punkte, die dringend einer
Aufklärung bedürfen. Vor allem sind im Bericht von 1907/08
M. 4000.— rückständige Mitgliedsbeiträge als „sicher“ aufgeführt.
Ein Posten dieser Art aber findet sich weder im Bericht 1906/07,
noch in dem von 1905/06. Man muss also annehmen, dass diese
M. 4000.— nicht entrichtete Mitgliedsbeiträge des Jahres 1907/08
sind. Ist es aber möglich? Es wäre uns da insbesondere auch
wichtig, zu erfahren, worauf Sie die Annahme gründen, dass
diese in „voller Höhe“ einbringlich seien und wieviel sind in
der Zwischenzeit von jener Summe tatsächlich hereingebracht
worden.
Stammen die angeblich als „sicher“ zu erwartenden aber aus
früheren Jahren, so ist dies vollständig unzulässig. Es ist nicht
statthaft, um einen rechnerischen Ausgleich herbeizuführen, un-
einbringliche oder dubiose Forderungen, die früher eben wegen
dieser Eigenschaft mit Recht gar nicht berücksichtigt worden
sind, nun auf einmal als „Aktiva“, als „Vermögen“, zu buchen.
Verhält es sich tatsächlich so, wie dies von verschiedenen Seiten
in unserer Innung gemutmasst wird, so würde dadurch die Finanz-
lage des Verbandes in sehr bedenklichem Lichte erscheinen.
Und dies um so mehr, als sich in den Verbandskassenberichten
auch Lombardierungen bei Banken finden. So 1907/08: M. 5400.—,
denen nur M. 4771.— gegenüberstehen; im Jahre 1906/07: M.750.—
gegenüber M. 54.— ; im Jahre 1905/06: M. 5115.— gegen M. 3855,25.
(Letzterer Posten ist als „Ein- und Rückzahlungen an Bank“
höchst unklar gebucht.) Daneben laufen noch Summen als Bank-
spesen und Bankzinsen. Eine Bank gibt doch nur Lombard-
darlehn, wenn dafür Wertpapiere verpfändet werden. Woher
aber nimmt der Verband als solcher derartige Wertpapiere?
Unseres Wissens hat der Verband überhaupt kein Vermögen,
sondern nur M. 600.— für 2 Fonds und die Unterstützungskasse
besitzt nur M. 4600.—. Da diese aber als vorhanden geführt
werden, können sie doch nicht verpfändet sein. Wir verhehlen
nicht, dass in unserer Innung die Meinung laut geworden ist,
dass aus der Einbruchskasse Wertpapiere lombardiert worden
sein könnten. Wir bitten, und zwar ebenfalls binnen 8 Tagen,
um erschöpfende Aufklärung bezüglich der ganzen Lombar-
dierungsangelegenheit; insbesondere bei welchen Banken, wann
und mit welchen Beträgen im einzelnen sind überhaupt seitens
des Verbandsvorstandes Lombarddarlehen angenommen worden?
Ist es überhaupt erlaubt, dass der Verbandsvorstaud da so ohne
weiteres und ohne Wissen der Gesamtheit der Mitglieder Lom-
bardierungen vornimmt?
Weiter ist es aufgefallen, dass die Verbandskasse ein An-
lehen bei der Unterstützungskasse aufgenommen hat. Wie be-
kannt, sind infolge des Weihnachtsaufrufes 1906 aus der Ge-
samtheit des Verbandes für die Unterstützungskasse M. 1800.—
gesammelt worden. Diese M. 1800.— hat die Verbandskasse
sofort für sich genommen. Wir sind der festen Überzeugung,
dass keiner der Kollegen einen Beitrag für diese Unterstützungs-
kasse gezeichnet hätte, wenn er hätte annehmen müssen, dass
diese Gelder, anstatt sicher angelegt zu werden, in die Verbands-
kasse herüber genommen würden. Benötigte man wieder einmal
bares Geld für die Verbandskasse, so hätte die für Unterstützungs-
zwecke erfolgte Sammlung sicher nicht zu diesem Zweck in An-
spruch genommen werden dürfen. Eine Teilzahlung aus der
Verbandskasse an die Unterstützungskasse mit M. 350.— ist zwar
erfolgt, diese wäre aber nicht möglich gewesen, wenn nicht auf
der anderen Seite eine neue Lombardierung in Höhe von M. 750.—
vorgenommen worden wäre. Genügen die Verbandsbeiträge
nicht, und dies scheint ja seit Jahren der Fall gewesen zu sein,
so hätte man den ganzen Verbandsetat viel bescheidener auf-
stellen müssen, an allen Ecken und Enden sparen und vor allen
Dingen dahin wirken sollen, dass möglichst alle in Deutschland
vorhandenen Juweliere und Goldschmiede sich dem Verbände
anschlössen. Dann wäre er sehr bald so kapitalkräftig, dass ein

solches Lombardierungssystem nicht mehr nötig wäre. Dann
würde auch die Einbruchskasse einen ganz anderen Zugang
haben, und die Verbandstage gewännen das, was ihnen heute
fehlt — wirkliche Bedeutung und realen Nutzen für den Verband
und für jedes einzelne Mitglied in demselben. So aber sind von
ca. 6000 Goldschmieden erst ca. 1800 dem Verbände ange-
schlossen, und von den Besuchern des letzten Verbandstages
waren noch nicht 60 eigentliche Fachkollegen, alles andere waren
Grossisten, Fabrikanten und Vertreter von Metallwarenfabriken.
Die Leipziger Innung hat diese Erscheinung wiederholt be-
obachtet und es unter diesen Umständen nicht für ratsam er-
achtet, einen Delegierten nach Heidelberg zum Verbandstage zu
schicken, da ihr Abgeordneter ja doch nicht mit seiner Stimme
dort durchgedrungen wäre.
Wir bitten also um schriftliche Aufklärung über alle ange-
fragten Punkte und bemerken ausdrücklich, dass es uns fern
liegt, etwa ein Misstrauen in den Verbandsvorstand oder in den
Schatzmeister und die Kassenrevisoren zu setzen. Den berech-
tigten Wünschen unserer Mitglieder müssen wir aber entsprechen.
Zum Schlüsse bemerken wir noch, dass wir die Notwendig-
keit einer eigenen Verbandszeitung bei der Leistungsfähigkeit der
bestehenden Organe nicht zu erkennen vermögen und wir pro-
testieren dagegen, dass in einer solch wichtigen Frage über die
Köpfe der Mitglieder hinweg einfach vom Vorstand Beschlüsse
gefasst werden. Auch der für den 9. November einberufenen
Ausschusssitzung sprechen wir das Recht ab, hier eine endgültige
Entscheidung zu treffen, da unseres Erachtens einzig und allein
der Verbandstag zuständig ist, der auch s. Zt. die Verbandsorgane
ernannt hat. Im übrigen bitten wir um Bekanntgabe der in Ihrer
Zeitung angegebenen „tiefgehenden“ Gründe für die Herausgabe
eines eigenen Organs.
Mit kollegialer Hochachtung!
Juwelier-, Gold- und Silberschmiede-Innung
x zu Leipzig.
Am 26. Oktober war der Verbandsvorsitzende Herr
Fischer in Leipzig anwesend. Die dann stattgefundenen
Unterredungen sind aus dem nächsten Briefe ersichtlich,
den die Leipziger Innung am 30. Oktober an den Ver-
bandsvorstand gerichtet hat:
Leipzig, den 30. Oktober 1908.
An den Vorstand
des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede
Berlin, Oranienstrasse 143.
Bei Gelegenheit seiner Anwesenheit in Leipzig — 26. Oktober
1908 — stattete Herr Verbandsvorsitzender Fischer dem mit-
unterzeichneten Obermeister Ilschner der Leipziger Goldschmiede-
Innung seinen Besuch ab.

Alsdann aber kam Herr Fischer auf die Eingabe der Leipziger
Innung an den Verbandsvorstand vom 16. Oktober 1908 zu sprechen
und erklärte, dieselbe sei nicht von Herrn Ilschner, überhaupt
nicht von einem Mitgliede der Innung verfasst, denen er die
Befähigung hierzu rundweg absprach. Herr Ilschner verwahrte
sich dagegen und betonte, es müsse dem Verbandsvorstand
gleichgültig sein, wer die einzelnen Bedenken gegen zahlreiche
Positionen des Verbandskassenberichtes zusammengestellt hat,
sobald eine'Innung als solche die Eingabe unterzeichnet und die
dort spezialisierten Bemängelungen durch ihre Unterschrift zu
den ihrigen gemacht hat. Im übrigen macht Herr Obermeister
Ilschner kein Hehl daraus, dass die übersichtliche Zusammen-
stellung jener Monita von seinem Bücherrevisor geliefert worden
ist, dem er die in der Innung laut gewordenen Bedenken mitge-
teilt hatte.
Daraufhin erklärte Herr Fischer: „Einen solchen Brief schreibe
man nicht an den Verbandsvorstand, Herr Ilschner habe damit
diesen beleidigt; es sei dasselbe, als hätte er den Mitgliedern
des Vorstandes vorgeworfen, sie hätten silberne Löffel gestohlen“.
 
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