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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0012

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unbeschreiblicher Gravität auf ihren Stühlen saßen. Daher kömmt
es wohl, daß noch heutzutage mancher Dcputirte einer deutscher Stän-
dekammcr sich für einen kleinen König hält, und die leiseste Volks-
Kritik seiner parlamentarischen Rollen für eine Majestätsbeleidigung
ansieht. Besonders jetzt, wo solche Herren an vielen Orten mitre-
gieren müssen, tauchen in diesen Mitregentcn die prinzlichen Ge-
danken auf. Dergleichen Radikale Haffen die Republik fast noch mehr
als das die Fi rsten thnn, aus dem einfachen Grunde, weil dieselbe
von Zeit zu Zeit den Personenwechsel in der Volksvertre-
tung nöthig findet, unsere Königlein aber für immer die grünen
Sitze hüten möchten. Dergleichen Wahrnehmungen ergeben sich am
linken wie am rechten Ufer des Mittelrheins.

(Berühmte Erfinder). Ein Nürnberger hat die Sackuhren
erfunden und ein Breisgauer das Schießpulver. Beide Erfindungen
greifen ineinander; man muß die Stunde kennen in der man das
Pulver braucht. Der belgische König Gambrinuö erfand das Bier
und ein anderer — JnuS, der aber vor der Hand noch kein König
oder gar deutscher Kaiser, sondern nur ein deutscher Professor ist, das
Gegengift gegen alle Revolutionen und Republiken. Schade, daß
die meisten Minister-Portefeuillcö der konstitutionellen Staaten schon
vergeben sind! Schon früher entdeckte dieser grundgelehrte Herr das
Geheimmittel, um die todtkranke Schweiz vom Verderben zu retten.
Das Volk in den Bergen besitzt mehr Dankgcfühl als das in den
Thälern; wie man vernimmt, wird der Kanton Uri diesem Erfindungs-
reichen seinen Hansorden schicken.

(Deutsche Zeitung). Der alte Aderlaßmännleins-Kalender
enthält folgendes astrologische Prognostikon: „Kinder, im Zeichen des
„Wassermanns geboren, sterben häufig im ersten Zähre am Zah-
„n cn, und bekommen, wenn sie am Leben bleiben, leicht Wasser-
köpfe und Wassersucht. Im erwachsenen Alter sehen sic mitun-
ter recht aufgebläht aus, sind aber innerlich gar nicht fett. Nach
„ihrem Tode kommen sie meistens in ven Himmel "

(Die Zeiten ändern sich). Vor einem Jahre wurden in
Rhcinbaiern die deutschkatholischen Prediger von der Polizei ausge-
wiescn und nötigenfalls durch Gensdarmen fortgeschafft. Am 12.
d. M. stand zu Neustadt in Rhcinbaiern ein Prediger dieser s. g.
Ketzersekte unter demselben seidenen und goldverbrämtcn Thronhim-
mel, der für den Thronerben des Königreichs zum festlichen Empfange
angeschafft, nunmehr aber zu vorgenanntem bessern Zwecke eingeweibt
worden war. Die Zeiten der Könige sind vorüber; es wäre Schade,
wenn die schönen Stühle leer blieben, darum setzt sich der ursprüng-
liche Eigcnthümer, das Volk, darauf.

(Mahnung.) Wir leben jetzt in einer Zeit der politischen
Dämmerung. Ob es eine Morgendämmerung, worauf ein
heiterer Tag, oder eine Abenddämmerung, worauf eine lange
finstere Nacht folgen wird, liegt nun einzig in der freien Wahl des
Volkes. In keinem Falle wird diese Dämmerung, gleich der wirk-
lichen, lange dauern. Die Wahl kann nicht schwer sein Ihr werdet,
Deutsche, diese Dämmerung für eine Morgendämmerung erkennen
uns aüfstehen! Versäumet ihr das, so macht sich die Abenddäm-
merung von selbst, und für euere Niederlage braucht ihr dann
freilich nicht weiter zu sorgen! —

(Frankfurt und Deutschland). Die große frankfurter Na-
tion scheint dem bescheidenen deutschen Volke den Krieg erklären zu
wollen. Wir lesen in öffentlichen Blättern, wie angesehene Frank-
furter ihre eigenen Landsleute vor den traurigen Folgen warnen,
welche die fernere Verfolgung der schwarzrvthgoldnen Farbe an deren
auswärtigen Trägern nach sich ziehen könnte. Bekanntlich hat bereits
der Bundestag diese Farbe für die allgemeine deutsche Nativnalfarbe
erklärt; die Frankfurter sind mithin bundestäglichcr als der
Bundestag selbst. — Seiner Zeit war cs Politik der Engländer,
sür sich allein frei zu sein, und alle andern Völker, die frei
waren oder frei werden wollten, zu bekämpfen und zu unter-
drücken. So gibt es auch deutsche Duodez-Republikaner, welche die
Republik nur innerhalb ihrer vier Mauern wollen, und was darüber
ist, mit Freuden unter dem monarchischen Drucke seufzen sehen. Für
diese freundnachbarliche, deutsche und cosmopolitische Gesinnung wird
Redigirt unter Verantwortlichkeit von I»--. Frick.

wohl ein Tag der Vergeltung kommen. Heil den „Borgern" Frank-
furts, wenn sie sich dann so tapfer zeigen als am bewußten April-
tage 1833 oder wie kürzlich, wo ein Theil der löblichen Metzgerzunft
sich bewaffnete, um einen fremden Doktor aus einem Bierhause auf
die Straße zu werfen. In einer Zeit, wo man häufig christliche Ju-
den und jüdische Christen findet, kommen folgerecht neben liberalen
Royalisten servile Republikaner vor! Wir hoffen von der starken
Jungfrau Germania, daß sie bei ihrer Wiedergeburt diesen unbedeu-
tenden Hautausschlag leicht verwinden werde.

(Schließlicher Dank). Am Schluffe unseres Blattes erfah-
ren wir, daß 3000 Oestreicher auf dem Marsche nach Ulm be-
griffen sind, und ebensoviele oder mehr Preußen nach Rastatt wol-
len, angeblich, um die nichtvollendeten Festungen gegen äußere
Feinde zu schützen. Wir danken dem großen Metternich für
diesen meisterlichen Staarstich unserer Constitutionellcn;
die Ehrlichen unter dieser Parthei werden nun wohl wissen, zn wel-
cher Fahne sie fortan zu halten haben, wenn sie nicht ver-
mengt mit den Unehrlichen den Vorwurf des Vcrrathes auf sich la-
den wollen.

Wie man hört, soll ein Engländer eine Rundreise in Deutsch-
land machen, um die nun vacant gewordenen Censurschecren als
Antiquitäten aufzukaufen; unter allen bisher eingesammelten soll die
ans der freien (?) Stadt Frankfurt die schärfste, und die Berliner
die größte sein. Seine Sammlung soll einen reichen Ertrag
liefern; denn obwohl die in Hannover als zur Zeit noch unentbehr-
lich nicht abgegeben wurde, fand er in Heidelberg deren drei vor,
die sich aber in etwas abgenutztem Zustande befinden; auch die Mann-
heimer soll bei der Bearbeitung des „Deutschen Zuschauers" in der
letzten Zeit sehr stumpf geworden sepn-

Der Engel auf dem Karlsruher Gefängnißthurm soll kürzlich zu
Aller Erstaunen die Posaune erhoben und ganz vernehmlich die Arie
„Freund ich bin zufrieden" über die Stadt hingeblasen haben ; die
Karlsruher sollen davon so begeistert worden sein, daß sie in einer
großen Versammlung beschlossen haben, demselben seinen Mantel,
den er, beiläufig gesagt, immer nach dem Wind hängt, neu
vergolden zu lassen.

Mn öas badische Volk!
Die freiheitlichen Bestrebungen des badisches Volkes ent-
behren der Einigung; die Aufregung äußert sich thcilweise in
beklagenswerthen Ausbrüchen. Die Feinde der Freiheit und
des Vaterlandes treten zwar im Augenblick nicht offen auf,
können aber leicht wieder ihre Macht entwickeln. Unter diesen
Umständen ist zum Schutz der öffentlichen Ordnung und der
Rechte des Volkes ein Zusammentreten aller Freunde des Va-
terlandes nothwendig, wenn sich nicht der gute Geist zersplit-
tern, oder gar von feindseligen Umtrieben unterdrückt sehen
soll. Von diesen Erwägungen geleitet, laden die Unterzeich-
neten alle badischen Staatsbürger, welche das Recht haben,
Wahlmänner zu wählen, auf Sonntag den L8. d. M
Vormittags Stt Uhr zu einer allgemeinen Versammlung
nach -Offenburg ein, wo das Weitere berathen und be-
schlossen werden wird.
Karlsruhe, den 9. März 1848.
Hecker, Jtzstein, Soiron, Peter, Richter, Straub,
Sachs, Metz, Welker, Kapp, Baum.

Druck von Renner Lk Wolff in Heidelberg.
 
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