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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0289

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
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ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. PetitzcileAr.


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Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefs
werden frankirt erbeten.

Äl" 7O.

Donnerstag, 13. Juni.

18L8

Vr. W. Schulz, Ueber Preßfreiheit.
(Geschrieben 1832.)
Als das neue Tagblatt, der Freisinnige, der erste
kräftige Sprosse der jungen Preßfreiheit, den ersten vollen
Gebrauch von dem theuer erworbenen Gute machen wollte,
da wurde diese und jene Nummer mit Beschlag belegt und
ihre Versendung verhindert — indem man die badische Preß-
freiheit mit der bundesmäßigen Unfreiheit der Presse gewalt-
sam zu vereinigen suchte. Und freilich, hätte cs die badische
Negierung nicht gcthan, so würden es die benachbarten Re-
gierungen gethan haben, selbst dann, wenn die badische Preß-
freiheit von einer würtembergischen und wenn die württem-
bergische von einer bayerischen re. begränzt wäre. Denn bald
würde die Laune des einen und bald des anderen Machthabers
unangenehm sich berührt finden, bald würde die Polizei des
einen bald die des anderen Staates in Bewegung sich setzen.
Gebt uns denn noch so viele Qualitäten von Preßfreiheit,
flickt.einen Lappen neben den anderen,, es kommt Lr'-msch
nichts Ganzes heraus. Im süßen Gift der Souveränetät
haben sich unsere mehrere Regierungen allzusehr berauscht, um
nicht nach wie vor in Versuchung zu gerathen, ihre separate
Machtvollkommenheit auch gegen das sogenannte deutsche Aus-
land nach allen Seiten hin geltend zu machen. Wie sie kein
deutsches Staatsbürgerrecht anerkennen, und wie jeder Bun-
desstaat die Bewohner des anderen gelegentlich als rechtlose
Fremdlinge zu behandeln sich vermißt, so werden sie auch die
Heimathsrechte der Kinder des deutschen Geistes enge genug
zu beschränken suchen und in jedem einzelnen deutschen Staate
wird man genöthigt bleiben, ohne auf ein deutsches Publi-
kum rechnen zu dürfen, seine besten Gedanken nur in svoroto
zu haben. Wie man auch die Preßgesetze in unseren Staaten
und Stätlcin modeln und abfasscn möge, man wird damit
nur die Gelegenheiten zu willkürlicher Auslegung derselben ver-
vielfachen; und es werden tausend legale Eckchen übrig blei-
ben, wo die Willkür sich versteckt, um aus ihrem Winkel auf
die respektiven kleinen Preßfreiheiten loszufahrcn und sie durch
achtunddreißig Gassen Ruthen zu jagen. Da wird denn un-
serem Volke ein neuer Beleg zu dem alten Satze gegeben
werden, daß man mit achtunddreißig Gesetzgebungen nur eine
Anarchie der Gesetzgebung zu Stande bringt; daß sich aus
einer Mosaik von achtunddreißig Rechten kein Recht machen
läßt; daß achtunddreißig Verfassungen keine Verfassung und
achtunddreißig Freiheiten keine Freiheiten sind. Mit allen sei-
nen Verfassungen wird unser liebes Vaterland nur dem Tisch
in Auerbachs Keller gleichen, in den der Teufel mehrere Lö-
cher gebohrt hatte: aus jedem Loche springt den Bewohnern

jedes einzelnen Staates ihr besonderer Wein, in dem sie für
eine kurze Zeit sich selig trinken, um schließlich zu bemerken,
daß der Eine den Andern an der Nase führt.

Tagesbericht aus Deutschland.
Aus dem Seekreis, 4. Juni. Heute treffen auf den
Ruf von Hecker seine Anhänger diesseits und jenseits der
Schwcizergränze zusammen, es soll über die Art und Weise,
wie man sich jetzt zu verhalten habe, berathcn und beschlossen
werden. Es ist seit der Niederlage im April die Partei der
Zahl nach nicht geringer geworden, ob aber klüger, wird
wahrscheinlich die nächste Zukunft uns zeigen.
8 Neustadt a. H., 13. Juni. Ueber die gestern und
heute dahier stattgchabtcn Festlichkeiten habe ich Ihnen Folgen-
des zu berichten: Vorgestern Abend kamen viele Mitglieder
der Versammlung in Frankfurt, alle der äußersten Linken an-
gehörend, hier an. Es war denselben ein glänzender Empfang
vorbereitet. Die ganze Bügerwehr war unter die Waffen ge-
treten, und eine unzählige Menschenmenge empfing die verehr-
ten Gäste unter unendlichem Jubel, und dem Donner der Ka-
nonen an dem Bahnhöfe. Nachdem unser Bürgermeister die-
selben im Namen der hies. Bevölkerung willkommen geheißen,
dankte Robert Blum für den freundlichen Empfang, der
Niemand anders gelten könne, als der erungencn Souveräne-
tät des deutschen Volkes. Von dem Bahnhofe aus begab sich
der Zug in das Schießhaus, wo unter heiteren Gesprächen
und Trinksprüchen auf die Zeitverhältnisse der Abend zugebracht
wurde. Gestern früh wurde eine Bergparthie nach Eschbach
veranstaltet, und nachdem wir das Bad Gleisweiler besucht
hatten, übernachteten wir in Edenkoben, woselbst wir den Abend
in Mitte der frei und heiter gesinnten Rheinrfälzer vergnügt
zubrachten. Heute früh kehrte die ganze Gesellschaft, nach Neu-
stadt zur Volksversammlung zurück Alö Redner traten auf:
Hepp aus Neustadt, Blum, Zimermann, Eisen stuck,
Tafel, Schilling aus Wien, Schott, Giscra, Vogt,
Dietsch, Wesendonk, Grether, Tritschlern. A.; am
Besten gefiel Grether, der auf einen engen Anschluß Deutsch-
lands an Frankreich, als seinen mächtigsten und ehrlichsten
Nachbar drang.
So, unter Reden und rauschendem Beifallrufen kam der
Abend heran, und die Gesellschaft, aus wenigstens 10,060
Memchen bestehend, ging durch die gehörten Mannesworte ge-
kräftigt und gestärkt, so ruhig und ernst auseinander, wie es
 
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