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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0361

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Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

88. Dienstag, L. Jntt.

18L8.

Heidelberg. Die deutsche Zeitung wird jeden Tag
vortrefflicher; sie verbessert die Verhandlungen der verfassung-
gebenden Versammlung in Frankfurt sehr gut, sie behauptet
sogar, Welcker habe gegen das Bestehen des Bundestags ge-
stimmt, während mir Augenzeugen versichern, Welcher, Basscr-
mann, Mathy, Lichnowsky, Vincke, Jordan (aus Kassel),
Jahn, u. s. w. hätten für den Bundestag gestimmt. Seine
Durchlaucht, der Herr Fürst von Lichnowsky, dem wenige Tage
zuvor die Ehre zu Theil geworden war, von der Nednerbühne
herunter geworfen zu werden, worauf derselbe, eine Nachahm-
ung des Auftrittes in Paris, als die Herzogin von Orleans
nicht zur Neichsverwescrin ausgerufen wurde, fürchtend, in
wilder Hast, ganz so wie damals die rechte Seite in Paris,
unter Zurücklassung seines Hutes, mit seinen Genossen über
Tische und Bänke zur Paulskirche hinauslief. (Herr Gervinus
war auch dabei.) Dieser Herr Lichnowsky erhielt nachher
glänzende Genugthuung durch die deutsche Zeitung. Er stimmte
nämlich gegen die Ernennung eines Ncichsverwesers durch die
Negierungen und die d. Z. bemerkte dies ausdrücklich in ihrem
Berichte, um dem Herrn Fürsten wieder einige Geltung zu
verschaffen. Eben so behauptete die b. Z. Vincke's Antrag sei
mit allen gegen 31 Stimmen angenommen worden und berich-
tete am andern Tage, dieß sei ein Schreibfehler. Sie zankte
ferner über die linke Seite, welche am Tage nach Gagern's
Rede ein Zerwürfniß hervorgebracht haben soll, und meinte,
es passe ganz in den „Kram" der linken, daß ein unvolks-
thümlicher Beschluß gefaßt werde. Dies Zerwürfniß wurde
aber sicherlich durch die Rechte herbcigeführt, welche sich von
Gagcrns Rede hatte hinreißen lassen und der er dann zu weit
gegangen war. Sie meint ferner, die Fürsten seien noch eine
Macht. Ich sage nein. Sie werden blos geduldet. Diese
Duldung geschieht, weil man dem Reichstage nicht vorgrcifen
will. Wenn aber der Reichstag in Frankfurt sagt: „Ihr Un-
terthanen seid euren Fürsten keinen Gehorsam mehr schuldig,"
so möchte ich den wissen der ihnen noch gehorchen wird. Dies
läugnet die d. Z. und bespöttelt den Herrn Schaffrath, weil
er diese Meinung auvsprach. Früher sagte die d. Z. wenig-
stens noch, wie sie meinte, daß Mißverhältnisse könnten ge-
bessert werden, jetzt thut sie auch das nicht mehr. Alles, was
nicht von der Partei des Herrn Lichnowsky ist, wird auf die
gemeinste Weise in den Koth gezogen. Erzherzog Johann
wird nun auch beschimpft, und die d. Z. meint, er würde die
Wahl nicht annehmcn, weil ein Mann wie Jtzstcin sein Ne-
benbuhler sei!! Sie hält ferner den Erzherzog Johann nicht
so nötbig in Frankfurt, als in Wien, weil die Beruhigung
Oesterreichs wichtiger sei, als die Deutschlands. Und warum
meint sie dies? Weil sie hofft, Erzherzog Johann werde die
Wahl nicht annehmcn, und dann werde ein preußischer Prinz
gewäh't, die sie so g rne hat und von denen sie immer einen
zur Empfehlung vorräthig hält. Als sie früher plötzlich der
Gedanke eines deutsch-preußischen Kaiserthums ergriff, meinte
sie sehr naiv: „Wie kommt diese plötzliche Umwandlung un-
serer Gesinnung? Besondere Gnadrnbezeugungen (Geld, Orden,

rothe Singvögel 4r Klasse) werden wir doch wohl keine von
Preußen erhalten haben." Wie rührend! Jeder Esel sieht
ein, was das bedeuten soll. Die lieben preußischen Abgeord-
neten werden himmelhoch erhoben, daß sie mit so edler Sclbst-
verläugnung für einen österreichischen Prinzen gestimmt haben,
während die Qesterreicher aber, wie die d. Z. meint, nie für
einen nicht-österreichischen Prinzen stimmen würden. Gagern
wird ebenfalls besudelt, weil er nicht mit Lichnowsky stimmte.
Aus den Artikeln gegen Gagern zeigt sich, daß Herr Gervinus
schon neidisch ist, weil Gagern, und nicht Lichnowsky oder er
Reichskanzler werden wird. Gemeinere Aufsätze, als die ge-
gen Gagern, kann man sich nicht denken.
Was diese Herren in Gemeinschaft mit Welcher, Mathy,
re. gesäet haben, mögen sie auch erndten. Die Fluth steigt,
steigt, steigt - sie donnert auch ihrer Verheerung zu.

Tagesbericht ans Deutschland.
Gernsbach. (Schluß.) Wir kommen nun zu Nr. 3.
Brrrcr... Wenn Sie mir den konsequenten Liberalismus
des Vorigen gezeigt haben, so sollen Sie dafür sogleich die
liberale Konsequenz des Dritten bewundern.
Man vermag nicht zu begreifen, wie es kommt, daß Be-
zirksförstcr Eichrodt, der vor der Februar-Revolution öffentkich
und so oft man es hören wollte, gewisse Leute mit den Eh-
rentiteln „Galgenstricke", „Spitzbuben", „Tröpfe" und wie
sonst die forstjunkerlichen Kraftauedrücke heißen, die seinem
Munde entströmen — belegte und es jetzt noch thut, seine
Stelle nicht niedergelegt hat, nachdem jene also betitelten
Leute Bundestagsgesandte, Stäatsräthe, Negierungsdircktorcn,
u. dgl. geworden sind und mehr in -den großen Angelegen-
heiten Deutschlands mitzureden haben, als der Herr Bezirks-
förster bei der Verpachtung der Jagdgerechtigkeit in einer
Dorfgemeinde. Man hätte glauben sollen, der stolze Herr
werde es unter feiner Würde finden, unter sothancn betrüben-
den Umständen dem Lande noch fürder seine Dienste zu wid-
men. Aber nein, mit ungeheurer Selbstverläugnung, mit To-
desverachtung beschützt er die Waldungen des „souveränen
Volkes", wie die des souveränen Fürsten. Ist diese Konse-
quenz nickt liberal? Indessen dürfen, wir erwarten, daß er
den gewohnten Herrscherton gegen Bürgermeister, Gemeinde-
räthe, Waldhüter u. dgl. in einen etwas milderen umstimmen
werde.
Ferner erwarten wir — dies aber erwarten wir ganz
bestimmt — daß der Herr Eichrodt sich künftig gegen land-
fremde, arglose Reisende, die das ausnehmende Glück haben,
in demselben Omnibus mit ihm von Notbenfels nach Gerns-
bach zu fahren, wenigstens als einigermaßen ordentlicher
Mensch betrage, damit nicht die „ungebildeten, rohen" Bauern -
bursche von Altenau Gelegenheit haben, sich mit Entrüstung
 
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