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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0017

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Dnrch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
tv kr. Bei Inseraten kostet
die gespaltene Pctitzeile 2 kr.


Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Al- 2.

Sonntag, 2. April.

1848.

Wer trägt die Schuld daran, wenn es viel
Geld und — Blut kostet?
Die Constitutionellen sagen: «Die Einführung der Re-
publik entzündet in Deutschland den Bürgerkrieg.« Die Re-
publikaner sagen: «Gerade das Gegentheil! Ihr mit euerem
Bundestag, Fürstenkammer und Kaserthum entzweit das deut-
sche Volk." Wer von Beiden hat nun Recht? Sehen wir
zuvor, wo die zwei Fraktionen der Fortschrillsparchei Unrecht
haben! In Frankreich standen während der entjcheidcnden Fe-
bruartage Legitimisten und Communisten, Radikale und So-
ziale, Republikaner und dynastisch-Oppositionäre in Reihe und
Glied nebeneinander und erkämpften gegen den gemeinsamen
Feind den gemeinsamen Sieg.
In Deutschland streiten — wir wiederholen unsere gestri-
gen Worte — Altliberale und Jungliberale, man möchte sa-
gen Vater und Sohn vor der Bärenjagd über die Verwen-
dung des Bärenfells, und geben damit dem gefährlichen Naub-
thicr Gelegenheit, 'zu entwischen und neuerdings W schghen,
Da--- -st di: alte Geschichte vom Deulschmichelthum, das in
jede Braupfanne der . Zeit seinen unreinen Zopf hängen läßt,
unv damit den besten Sud verdirbt. Die Warnungen der
Geschichte gehen an diesem Halbwesen spurlos vorüber; man
denkt nicht mehr an die dreißiger Jahre, wo ebenfalls Ge-
mäßigte und Entschiedene, die Eisenmann's und die Wirlh's,
baierisches Volksblatt und deutsche Tribüne vor der Zeit sich
am Kragen faßten, und dadurch den lauernden Polizeistock
ermuthigten, Plötzlich Beider Rücken durchzubläuen. Wenn
das dieses Mal geschehen könnte, wenn wieder ein schlauer
Betrüger den Barrikadenthron des Nachbarlands einnähme:
so würde in Deutschland die Tragicomödie noch einmal spie-
len, und noch einmal ein Jahrzehnt der Sünde und Schande
die unausbleibliche Folge sein. Zum Glück stehl die franzö-
sische Republik ziemlich fest, und das deutsche Volk, das heißt
das eigentliche Volk in Kamisol und Schurzfell, ist geschcidter
als seine sogenannten Volksmänncr.
Aber — wer hat Recht, Constitutionelle oder Republikaner?
Wir wollen hier nicht Theorien und Prinzipien geltend machen;
denn in diesem Punkte gestehen die Halben selbst den Ganzen
den Vorrayg zu, indem sie sagen: «Eure Fahne ist die erha-
benste, schönste und menschenwürdigste, allein — sie ist noch
nicht an der Zeit.« Also nur die Praxis, die nackte Wirklich-
keit möge hier zur Sprache kommen! Wir fragen zunächst
unsere Widersacher: «Habt ihr Geld, um drei und dreißig
Fürstenhöse ferner zu unterhalte», und darüber noch einen
Kaiserhaushalt aufzurichten?« Gebt Antwort darauf! Das
verarmte Volk hat keines; und ihr werdet wahrscheinlich euere
Capitalien und euere Besoldungen dem genannten Zwecke nicht

opfern wollen. Was also thun? «Kein Geld haben und doch
viel Geld zahlen.« Seht, soweit bringt es euere doktrinäre
Gelehrsamkeit! Wir glauben wie ihr, daß Michel giebt, so
lang er hat; ob aber dieses Haben ein langes sein werde?
darüber kömmt uns aus den Hütten des Elends eine Gewiß-
heit zu, die leider noch nicht in euere Studicrstuben gedrungen
ist. Wenn nun auf einmal die Quellen und Bäche ausblei--
den, welche das Räderwerk eueres besten Staates treiben: wie
dann? Dann flicken wir eben wieder, bauen Roß- und Tret-
mühlen oder treten selber ab — nicht wahr? Aber jetzt, wo
Neues wohlfeil auf einfacher, dauernder Grundlage zu errich-
ten ist, da habt ihr keine Zeit oder keine Lust dazu. Die Re-
udlikaner Deutschlands haben alle Ursache, sich zum voraus
feierlich zu verwahren, wenn Las Machwerk der Constitutio-
nellen mehr Geld kostet, als das deutsche Volk erschwingen
kann. Der republikanische Staatshaushalt ist ein wohlfeiler.
Der Präsident der nordamerikanischen Freistaaten bezieht einen
Jahresgehalt von 25,000 Dollars; die Civillisten der deut-
Fü'.fk-rr- bct.agen fünfzig Mtlllonen Gulden. An diesem
simpel» Ncchcnerempcl mögen die Herren Hosräthe und Pro-
fessoren das Subtrahiren lernen!
lind wer trägt nun die Schuld, wenn es Blut kostet,
aus Wirrwar innerer Kampf entsteht? Wir? Ihr? Unsere
Sache ist nicht verworren, sie ist sonnenklar. Wir wollen
Keinen, Ihr wollt Einen, aber Welchen? Darin liegt
der Knoten. Nennt uns Einen, der sich seit Jahren durch
Thann des Volksvertraucns werth gemacht! Ihr könnt nicht!
Und gäbe es wirklich Einen: würden darum die Andern von
ihren Ansprüchen abstehen? Den Preußen will der Oestrcicher
nicht und überhaupt Niemand; schneidet aber das die Macht
zu schaden ab? Eifersüchtclt nicht Baier und Hesse? Blickt
Loch in die alte Geschichte! Hat nicht die Kaiserwahi häufig
die blutigsten Bürgerkriege um einzelner Persönlichkeiten willen
heraufbeschworen? Die Menschen in den Pallästcn sind nicht
besser, vielmehr schlimmer, gehaltloses geworden. Die Repu-
blik macht dem Rangstreit der Dpnastenhäuser und dessen trau-
rigen Folgen für immer ein Ende. Wer also trägt das Holz
zum Feuer — wir, die wir unsere deutschen Brüder aus
Frankreich und der Schweiz, zumeist brave, redliche Handwer-
ker, Söhne diesseitiger Väter, herzlich willkommen heißen?
Ihr, die ihr gegen sie mit Spießen und Stangen auszieht,
sie wie wilde Tyiere todtschlagen wollt? Wir, die wir euch
ruhig euere Meinung sagen lassen? ihr, die ihr wie die Darm-
städter Royalisten den Hanauer Freien zu Frankfurt gethan,
die Meinungsfreiheit mit Stößen und Schüssen traktirt? Und
wer sind denn diese Constitutionellen? Ist es noch eine reine
Fraktion der liberalen Parthei, Fleisch von unserm Fleische?
Nein! Die Hunderttausende von Ultramontanen und Absolutisten
 
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