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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0293

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l ff.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. PctitzeileAr.
M Republik.
Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.
ML 7,.
Freitag, 16. Juni.
1848.

Mit dem ersten Juli beginnt ein neues Quartal der „Republik"; sie wird wie bisher auch in
Zukunft ein Qrgan der strengsten demokratischen Richtung bleiben, und mit aller Entschiedenheit für die
Verwirklichung derjenigen Staatsform arbeiten, die ihr Titel bezeichnet. Bestellungen darauf bitten wir
recht bald zu machen, damit die Auflage danach ermessen werden kann; weiter ersuchen wir die Freunde der
Sache, Ihre Aufmerksamkeit dem Blatte durch Zuweisung von Inseraten, durch Zusendung interessanter Beiträge,
in prosaischer sowohl als in poetischer Form, zuzuwenden, und dadurch dessen Forterscheinen zu sichern. — Alle
Postämter des In- und Auslandes nehmen Bestellungen darauf an.
Die Redaktion.

„Die rechte Mitte und die Parteien."
Schon diese Aufschrift eines in Nro. 163 des Franks.
Journals enthaltenen, leitenden Artikels, noch mehr aber der
Inhalt desselben ist in so jesuitischem Sinne gehalten, daß mir
uns über die Keckheit wundern müssen, mit der sich die Schü-
ler Lojola's noch heutzutage breit machen. Wir könnten uns
nun zwar füglich der Mühe entschlagen, jenes Machwerk zu
widerlegen, weil der gesunde Menschenverstand in allen Klassen
der Gesellschaft den Pferdefuß überall entdeckt, wo er auch
verborgen sein mag; wir wollen uns aber doch zu einer Be-
sprechung desselben herbeilassen, weil die Grundsätze, die darin
zum Ausdruck kommen, durch eine nicht unbedeutende Anzahl
von Mitgliedern der Reichsversammlung vertreten werden.
Was zuerst die Aufschrift anlangt, so scheint der Verfasser
damit andeutcn zu wollen, die rechte Mitte sei etwas von
einer Partei Unterschiedenes, etwas über eine solche Erhabenes.
Nun können aber, wie Junius sagt, Zwecke, welche nur von
einem Theil Ker Staatsgesellschaft gehegt werden, der Absicht
nach sich entweder nur auf die besonderen Interessen dieses
Thrills, oder auch auf die allgemeinen Interessen des ganzen
Staates beziehen. Im ersten Falle bildet die engere Zweck-
gemeinschaft eine Corporation im Staate, im zweiten ist
sie eine politische Partei. Nehmen wir nun an, daß die
rechte Mitte nicht ihre Sonderinteressen, sondern die des ganzen
Staates im Auge habe, so ist sie eine Partei, so gut wie
die Rechte und Linke und muß sich diese Bezeichnung gefallen
lassen, sie mag wollen oder nicht.
Der Verfasser des obigen Artikels meint ferner, über der
Finsterniß der Reaktion und Revolution schwebe der schöpfe-
rische Geist der rechten Mitte, welcher sich die Anhänger jener
beiden, negativen Gewalten werden unterordncn müssen, wenn
sie nicht ihre Kräfte nutzlos vergeuden wollen. Es ist sehr
schön anzusehen, wie die Demokraten und Absolutisten im Ab-
gründ liegen, und das Juste Milieu in hoher Verklärung über
ihnen als Mittler und Versöhner waltet. Aber wo bleibt der
schöpferische Geist desselben? Wo sollten diese politischen In-

validen, Leute, die sich längst überlebt haben, die Kraft zu
neuen Schöpfungen hcrnehmcn? Sie holen links die Ver-
fassung, rechts das Königthum, flicken daraus die konstitutio-
nelle Monarchie zusammen und heißen das den Schöpfer spie-
len. Man weiß nicht, soll man über solche Zwitter lachen
oder sich ärgern. Sie sprechen von sich, als von positi-
ven Größen, weil der Eine von ihnen ein Gebetbuch, der
Andere vielleicht gar eine Grammatik in die Welt gesetzt hat
und unterstehen sich, von ihren Gegnern, die noch keine solche
Thatsachen verrichtet, als von negativen Gewalten zu reden. Nun
ja, die Linke verlangt die Beseitigung der Despoten, dafür
aber die Einsetzung einer Republik, sie weist jede Halbheit,
jedes Juste-Milieu zurück, sie will sich Niemand untcrordnen, als
dem vom Volke selbst gegeoenen Gesetz; sie negirt, ja, aber sie
setzt an die Stelle des Verworfenen etwas Besseres, Gesundes,
Haltbares, sie unterscheidet sich von der rechten Mitte eben
dadurch, daß sie auf daö alte, aus 38 Lappen und Läppchen
bestehende Kleid Deutschlands weder alte noch neue Fetzen hef-
ten , sondern die Farbe der Republik dem Gewand geben will,
welches das Vaterland fernerhin tragen soll; sie vergeudet ihre
„reichen Kräfte nicht nutzlos," sie konccntrirt dieselben auf einen
Mittelpunkt und wird mit ihnen den Sieg erringen über ihre
Widersacher in und außer dem Parlament.
Der Verfasser meint weiter, die Unterordnung, von wel-
cher oben die Rede gewesen, erheische keineswegs eine völlige
Selbstaufgcbung, eine Vernichtung der beiden Pole, deren
Gegensatz innerhalb eines gewissen Maßes zum Wohle des
Ganzen wirksam bleiben soll; wohl aber eben deßhalb eine
Kraft der Selbstermäßigung und der Assimilation
zu der überwiegenden Zeitrichtung. Unter dieser Assimila-
tion versteht er keine jesuitische Scheinvcrsöhnung, sondern eins
wirkliche Verständigung, bei welcher jede der beiden äußersten
Parteien die gewiß nicht seltenen Berührungspunkte ihres
Glaubensbekenntnisses mit dem der mittleren aufznsuchen und
ohne Schaden ihres wesentlichen Inhalts durch Modiukaticm
der Form und des Maßes als Bindemittel zu benützen hältst
Wie soll sich aber Feuer mit Wasser einigen, Sinn mit M-
 
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