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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0725

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
lt> kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeile Ar.



Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

M°- Z 7?-. Donnerstag, 2. November.

1848.

Heidelberg, 1. Novbr. Aus mehreren Gegenden wird
uns von achtbarer Seite versichert, daß bei verschiedenen Post-
ämtern Bestellungen auf unser Blatt gemacht wurden, diese
aber unter nichtewürdiger Ausfluch't einiger verla-
kaitcn Kriechlinge des Schreibstubenthums nicht berücksich-
tigt wurden. Besonders soll dieser Fall in einigen benach-
barten Städtchen schon mehrmals vorgekommcn sein. Wir er
klären hiermit, daß unser Blatt, die „Republik" zu jeder Zeit
durch jedes Postamt bezogen werden kann, und daß wir in
wieder verkommenden Fällen solcher Beschränkung der Presse,
den unseligen Zeiten des Polizeistaates entstammt, die ener-
gischsten Schritte thun werden, diesem Unfug ein Ende zu
machen. Wir ersuchen unsere Abnehmer, uns sogleich die An-
zeige zu machen, wenn irgend ein ähnlicher, das Recht der
freien Presse verletzender Akt vorkommt.

Das Ministerium Bekk und die Gnade Gottes.
U Kckrksrrme, 30. Okt. In der großen Hof-Bekker-
Stube — früher die Volkskammer genannt — wo an vierzig
Gesellen den alten Sauerteig fortan aufwühlen und im sauren
Schweiße ihres Angesichts tüchtig für ihren Zunftmeister und
großen Wochcnlohn kneten und sackträgem müssen — hört man
von Zeit zu Zeit doch nebenbei auch wieder Gespräche führen,
und Trümpfe ausspielen, daß man sagen kann, es befinden
sich auch außcrzünftigc und selbstständige Meister darun-
ter, die nicht für den Hof, sondern für das Volk ihre An-
strengung ernstlich zeigen. So betritt Baum die Neduerbühne
der Kammer und begründet seine Motion, Berufung einer
verfassunggebenden Versammlung nach einem neuen Wahlmo-
dus re., welch letzten er in der Weise festgesetzt wissen will,
daß zu der aus Einer Kammer von 90 bis 100 Mitglie-
dern bestehenden Volksvertretung entweder je 14,000 Einwoh-
ner einen Abgeordneten, oder jeder der 14 Parlaments Wahl-
bezirke deren sechs, außerdem die 14 größten Gewcrbstädte je
Einen abzuordnen haben. Die Wahlen sollen direkt sein (d.
h. die ilrwähler wählen gleich den Deputaten) wählbar jeder
Staatsbürger, der zugleich Ortsbürgcr ist, oder ein öffentliches
Amt bekleidet und das 30 Lebensjahr erreicht hat; wahlfähig
jeder 21jährige Staatsbürger unter den gleichen Voraussetz-
ungen.
Mez stellt den Antrag, die Motion in die Abtheilung zu
verweisen und Junghans rügt in seiner Erörterung vornehm-
lich die Beibehaltung der Gottesgnaden-Formel für den Lan-
desfürften, noch in den neusten Vorlagen und Erlassen, wäh-
rend allerseits auf Abschaffung dieses lächerlichen Ueberbleibscls
mittelalterlicher Verschrobenheit und Anmaßung gedrungen wird
und dieselbe auch bereits in mehreren Staaten erfolgt ist.
Bekk entgegnet, das sei nur die Frivolität der Neuzeit,
welche die Abschaffung des „von Gottesgnaden" verlange; die

Regierung wolle diesem „verbrecherischen" Geiste keinen
Vorschub leisten. Zur Berufung^einer gesetzgebenden Versamm-
lung sei keine Nothwendigkeit vorhanden; man habe ja schon
eine Verfassung.
Der Herr Minister scheint nöch etwas vorsündfluthig ge-
sinnt zu sein.
Der feurige Brentano weist den Bekkischen Sauerteig mit
folgender kräftigen Rede zurück: Der Präsident unseres Mini-
steriums des Innern scheint die Märzrevolution geradezu in
Abrede stellen zu wollen, die doch der Reichsminister des In-
nern erst vor wenigen Tagen in einem offiziellen Erlasse ge-
radezu und ausdrücklich anerkannt hat. Seit wir auf den
Grund der bestehenden Verfassung im letzten Jahre hierher be-
rufen worden sind, um das Wohl des Landes zu berathen,
haben sich große Dingn ereignet; die Revolution ist auch über
Deutschland hingegangen, sie hat die Throne erschüttert und
alles Bestehende in seinen Grundfesten angegriffen.
Hat man jetzt vergessen, daß einmal ein deutscher Bund
eristme, an dessen Spitze der Bundestag stand? Hat man
denn vergessen, daß der Siaatenbund in Deutschland über den
Haufen geworfen ist? Haben Sie denn nicht gehört, Herr
Minister, daß aus jener Revolution das Vorparlament hcr-
vorgegangen, daß dieses den Grundsatz der Volkssouveränität
proklamirt und dadurch alle deutschen Verfassungssysteme ver-
nichtet hat? Und nach solchen Erschütterungen, die noch nicht
einmal vollendet sind, glauben Sie mit einem Flickwerke helfen
zu können, und auf dem Wege, den diese Verfassung vorzeich-
net, sie mit den Grundsätzen des neuen Systems in Einklang
bringen zu können? Die badische Verfassung ist eine oktroyirte,
wenn ich sie auch nicht, wie der Antragsteller, als ein Ge-
schenk des Fürsten anerkenne. Wie kann man von einem Ge-
schenk beö Fürsten sprechen, wenn man nicht annehmen will,
daß die Fürsten zuerst auf der Welt gewesen und ihretwegen
die Völker geschaffen seien? Alle Rechte waren ursprünglich
und naturgemäß Eigcnthum des Volkes, sie waren ihm ange-
boren, und wenn im Verlaufe der Zeiten einzelne Menschen,
die sich Fürsten nennen, in Besitz eines Theils dieser Rechte
gekommen sind, so sind ihnen dieselben von dem Volke über-
tragen oder sic haben sich dieselben angemaßt. Gaben sie nun
einen Theil dieser angemaßten Rechte zurück, so bin ich weit
entfernt davon, hierin ein Geschenk zu erblicken.
Man sagt, in Oesterreich und Preußen seien andere Ver-
hältnisse gewesen, dort sei noch keine Verfassung gewesen und
darum hätte es konstituircnber Versammlungen bedurft; ich
sage, gegenüber den Grundsätzen der Revolution besteht in
unfern Verhältnissen keine Verschiedenheit. In Oesterreich gab
cs keine Repräsentation, in Berlin eine mangelhafte; allein
auch bei uns gründet sich die Verfassung nicht auf die 'Prin-
zipien der Volkssouveränetät, und darum bedarf es einer
konstituirenden Versammlung, welche lediglich kraft der Sou-
veränetät des Volkes die Bestimmungen feststellt, nach welchen
künftig bei uns regiert werden darf. Hiernach ist es auch
kein Geist der Frivolität, wenn man den aus den absolutisti-
 
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