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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0907

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden I fl.
I<> kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzcile Ar,

M- 22«.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch,
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Sonntag, 24. Dezember.

1848

ZZereittigte Staaten von Deutschland.
ss Schriesheim, 22. Dec. Endlich sind unsere drei
Mitbürger, Schottcrer, Becker und Bauer, die wegen der
bekannten Weinheimer Eisenbahngeschichte seit 70 Tagen schuldlos
in Untersuchungshaft saßen, wieder auf freien Fuß-gesetzt wor-
den, und man ist berechtigt zu hoffen, daß man dem vierten
Opfer, das man sich von hier auserwählte, ebenfalls dieser Tage
wieder seine Freiheit geben wird.
** Bruchsal, 20. Dez. Sollte die Haft der hier
sitzenden politischen Gefangenen in der Art, wie bisher fort-
dauern, so steht das Physische wie moralische Wohlsein sämmt-
licher auf dem Spiele. Abgesehen davon, daß in allen Ge-
fangenen eine innere Wuth kocht, von denen der Freiheit be-
raubt zu werden die zwar Gewalt, aber wahrscheinlich nicht
das Recht haben, daß diese Gemüthsstimmung in ihnen schon
eine Disposition, zu den verschiedensten Krankheitsfällen erzeugt,
ist es auch die Behandlung, die völlig geeignet ist, den Ruin
der Leute herbei zu führen. Man denke sich, daß ein großer
Theil von ihnen (Anfangs waren es Alle) in dumpfige, rau-
chige Zellen eingesperrt ist, daß sie Speißen erhalten die man
ohne Ekel nicht zu genießen im Stande ist! Diejenigen, welche
nicht im Stande sind, sich auf eigene Kosten einige Erquickun-
gen zu verschaffen, sehen lebenden Skeletten gleich. Und noch
würden alle diese äußerlichen Leiden zu ertragen sein, wenn
nicht die leiseste fröhliche Regung des Geistes verboten wäre.
Kaum erschallt durch ein eifenbegütertes Fenster aus gepreßter
Brust ein Gesang, in dem das Wort --Freiheit" oder gar --Re-
publik" zu hören ist, so wird der Sänger auf Befehl des
Majors, falls er sich nicht schon allein befindet, in ein einsa-
mes Loch geworfen, und ihm mit Hungerkost und dunklem
Arrest gedroht.
Sonst wurde das Herz der Gefangenen noch dadurch er-
freut, daß aus diesem oder jenem Fenster Gesänge erschollen.
Jetzt ruht Grabesstille ans dem Gebäude.
Möge Jeder sich bestreben, auf Besserung der unerträg-
lichen Lage der Leidenden hinzuwirken!
A Sinsheim, 21. Dez. In dem benachbarten, zu
unserem Amtsbezirk gehörigen Städtchen Hilsbach ist vor
einigen Tagen eine neue Gemeinderathswahl vorgenommen
worben, und es wurde an die Stelle des ausgetretenen dem
philisteriösen Zopfthum angehörigen Rosenwirth Holzenwerth
— Nö/selwicth Lang gewählt, ein wackerer und gesinnungs-
fester Bürger, dem schon früher, seiner politischen Richtung
wegen, die amtliche Bestätigung zu seiner Ernennung als Bür-
germeister versagt worden. Abermals ein demokratisches
Vorwärts! Die Waffe des volkethümlichen Prinzips muß
allmählig' dir finstere Brut der Camarilla mit ihrem verroste-
ten System und ihrem Bajonetten-Negiment weichen, denn es
gibt nichts Mächtigeres als die Allgewalt — der Idee.

Dieser Tage wurde hier eine Petition von hiesigen Bür-
gern und Einwohnern, bezüglich des Amnestiegesuchs des flüch-
tigen Apothekers Maser an Großh. Justizministerium abge-
sendet. Obgleich mehrere Bürger durch Verweigerung ihrer
Unterschriften sich ein Armuchszcugniß ihrer Loyalität, christli-
chen Gesinnung und Toleranz ausstellten, und obgleich von
einer gewissen Partei die Petition dermaßen verdächtigt und
dahin entstellt wurde, als bezwecke die Unterschriftensammlung
ein Bethciligung an den Untersuchungskosten, so erhielt die-
selbe doch 300 Unterschriften und würde noch mehr erhalten
haben, wenn die Zeit zu deren Absendung nicht zu sehr ge-
drängt hätte.
Wird von Seiten Großh. Justizministeriums der Billig-
keit und Humanität einigermaßen Rechnung getragen, so dürfte
der Erfolg seiner Amnestie außer Zweifel sein.
Darmstadt. Unser Militär erhält nun auch andere
Hosen. Nicht allein Pickelhauben und Waffenröcke, sondern
graue, kaiserlich preußische Hosen. Unser Großherzog, ein
Kenner in Uniformirungesachcn, der als Erbprinz sich schon
viele Verdienste um diesen wichtigen Theil des staatlichen Le-
bens erworben, hat Muster kommen lassen, und sein Urtheil
ging dahin, das Zeug sei zwar gut, aber die Arbeit schlecht.
Es werden neue Muster und bessere Arbeit erwartet. 11,000
neue Paar Hosen, um der 11,000 Jungfrauen willen, wo
soll das Geld dazu Herkommen? Die Kosten für diesen neuen
Lurus sind ungeheuer, und es wird dem Lande schwer werden,
dieselben trotz der verdoppelten Steuern aufzubringen. Viel-
leicht geht es dessen, wenn der Großherzog die im Anfänge
seiner Negierung zugcsagte Verminderung der Civittisten eintre-
ten läßt. — Die Kosten für die Neichsmilitärlasten sind auf
die einzelnen Staaten ansgeschlagen. Hessen trägt es 3-1,000
fl. und es bringt an diesen die Summe in Abzug, die das
Reich dem Lande schuldet, für Einquartierung. Hessen hat
also jetzt die Neichscinquarticrung zu bezahlen. Bis jetzt ist
nichts der Art geschehen, obgleich das Gesetz solches 14 Tage
nach dem Abmarsch der Truppen vorschreibt. — Vielleicht ge-
schieht es, wenn die Hosen, Pickelhauben rc. angcschafft sind.
(N. Z.)
/V München, 16. Dez. Glaubens- und Lehrfreiheit
ist Eigenthum des deutschen Volkes; so steht es in den von
der deutschen constituirenden Versammlung erlassenen Grund-
rechte. Ja so steht es dort und ist zu lesen, damit aber ist
es nicht gethan. Auf dem Papiere stehen unsere Freiheiten
alle, aber in der Wirklichkeit eristiren sie nicht. Rong e ist
von der hiesigen Polizei ausgewiesen, weil er gegen die „ka-
tholische Geistlichkeit" gesprochen. Das nennt man Glaubens-
und Lehrfreiheit!
* Müncheu, IN Dez. Wieder ein Redakteur verhaf-
tet. Es scheint beinahe als wolle man, da man die Presse
nicht vernichten und die Buchdruckerkunst nicht mehr nnerfunden
machen kann, die Schriftsteller mit Stumpf und Stiel von der
 
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