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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0261

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Hl" «3. Mittwoch- 7. Jrnri.

1848.

Von vielen Bürgern und Einwohnern der Stadt Mann-
heim ist folgende Beschwerde und Bitte um Schutz gegen die
drückenden Einquartierungslastcn an die „hohe Reichsversamm-
lung" abgegangen.
//Wenn wir in einer besondern Angelegenheit unserer
Stadt uns an die Verfassung gebende Versammlung
wenden, so glauben wir dieses durch den absoluten Mangel
allen Rechtsschutzes und durch die Unmöglichkeit einer Abhülfe
auf andere Weise, nachdem wir alle Wege erschöpft haben,
begründen und unserem Gesuch Gehör verschaffen zu können.
Es ist bekannt, daß unsere Stadt in Folge eines unglück-
lichen Vorfalls, den die ganze Bürgerschaft auf's Tiefste be-
klagte, zu Anfang des vorigen Monats in Kriegszustand ver-
setzt wurde, weniger bekannt vielleicht, daß noch ehe dieses
geschah, der zu diesem Zweck hierher gesandte Civil-Kommifsär
mehrere Verhaftungen hier bewerkstelligt, die Entwaffnung der
Bürgerwehr angekündigt und von sämmtlichcn Befehlshabern
die Erklärung erhalten hatte, man werde sämmtlichc Waffen
bereitwillig abliefern, daß derselbe darauf an unsere Regierung
berichtete, in Mannheim herrsche die vollkommenste Ruhe und
sie ^uvrvnuug des Kriegszustandes sei durchaus überflüssig
und daß trotzdem, zwei Tage nach Herstellung der vollkom-
- mensten Ruhe, die Versetzung unserer Stadt in Kriegszustand
verkündet wurde.
Gleichzeitig trafen zu den schon früher hierhergezogenen
Nassauischen und Churhessischen Truppen auch noch Bayerische
hier ein, durch welche die hier befindliche Lruppenmacht auf
7 — 8000 Mann erhöht wurde und von denen Alle mit
Ausnahme von etwa 1500 Mann bei den Bürgern einquar-
tiert wurden.
Trotzdem, daß die Ucberlieferung sämmtlichcr, auch der
Privatwaffen, welche sich in hiesiger Stadt befanden, schon am
ersten Tage gänzlich vollbracht, daß die Ruhe keinen Augen-
blick gestört war, dauerte dieser ganz zwecklose Kriegszustand,
aller dringenden Beschwerden der Gemeindebehörden ungeachtet,
bis zum 10. vorigen Monats. — Aber selbst nach seiner Auf-
hebung wurde die Besetzung nicht vermindert, sondern erst am
20. verließ uns ein Theil derselben, nach deren Entfernung
jedoch immer noch ein Bestand von 4 — 5000 Mann Nassau-
ischer und Bayerischer Truppen in unserer Stadt blieb, von
welchen etwa 2000 Mann in den Kasernen und anderen
öffentlichen Räumen, darunter sogar unseren Volksschulen,
einkasernirt, die übrigen aber bei den Bürgern einquartiert
waren.
Alle Beschwerden, welche unsere Gemeindebehörden theils
schriftlich, theils durch Deputationen bei dem Civilkommiffär
und dem Ministerium vorbrachten, blieben erfolglos. Die Vor-

stellungen, daß unsere Bürgerschaft durch die vorausgegangene
Theurung und Handelskrise, die fortdaurende Nahrungs- und
Verdienstlosigkeit in ihrem Wohlstände bedroht, durch die Fort-
dauer der Einquartierung dem sichern Verderben entgegengc-
führt werde und zum großen Theil schon zu Grunde gerichtet
sei, brachte uns zwar Versprechungen der Abhülfe von unserer
Regierung, aber keine wirkliche Erleichterung.
Endlich erklärte eine große Anzahl von Bürgern dem
Gemeinderathe, sie würden den Soldaten von einem bestimmten
Tage an nichts mehr zu essen geben, weil sie selbst
nichts zu essen hätten. Der Gemeinderach theilte dies
dem Civilkommiffär mit, stellte ihm vor, in welcher Noth sich
die Bürgerschaft befinde, wie die Jugend verwildere, die Zu-
kunft des Gemeindewesens mit jedem Tage mehr bedroht sei,
und bat dringend um Hülfe, — allein der Civilkommiffär,
welcher zwar alles Mögliche zu thun versprach, erwiederte,
die Negierung könne nichts machen, es handle sich hier nicht
um eine Maßregel der Negierung, sondern des Bundes.
Wir wendeten uns hierauf an den Bundestag, der uns Ab-
hülfe ebenfalls versprach, aber nicht bracht:.
Zwar wurden auf Kosten der Stadt Räume zur Unter-
bringung einer großen Anzahl Truppen hergerichtet, allein
noch sind 800 Mann bei den Bürgern einquartiert.
Die zu militärischen Zwecken bestimmten Räume unserer
Stadt können allein 2500 Mann aufnchmen, und wir können
behaupten, daß eine Garnison von dieser Stärke selbst den
ängstlichsten und mißtrauischsten Gemüthcrn für unsere Stadt
weitaus genügend erscheinen würde. Will man indessen aus
militärischen oder anderen Gründen noch mehr Truppen m
unserer Stadt koncentriren, so haben wir nichts dagegen zu
erinnern, sofern sie nur nicht bei den Bürgern oder auf Kosten
der Stadt untergebracht werden; — denn die Lasten der Ge-
meinde treffen auch wieder uns Bürger, und bis die vielen
Tausende, welche der Kriegszustand und seine Nachwehen un-
sere Gemeinde gekostet, bezahlt sind, wird wohl mehr als ein
Jahrzehnt dahin gehen.
Aber gegen die Fortdauer der Einquartierung müssen wir
uns um so lauter erheben, als sie eine wahre Grausam-
keit ist.
Nichts begründet die Nothwendigkeit einer Garnison von
5000 Mann, von der doch wahrlich 800 entbehrt werden
könnten.
Nichts rechtfertigt aber diese Maßregel, deren Fort-
dauer auf eine warhaft 'frevelhaft, muthwillige Weise unfern
tief erschütterten Wohlstand, die Existenz unserer Bürgerschaft
gefährdet und zerstört.
Dieser Gefahr, welche unsere Zukunft schwer bedroht, zu
 
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