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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0417

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. Zn Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden I st.
lt) kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Petitzcile 2kr.

ros.

Donnerstag, so. Juli.


Bestellung wird gemacht iss
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

1848.

Der König von Pre ßen und die National-
versammlung.
Wir haben vor wenigen Tagen gezeigt, wie der alte Kö-
nig von Hannover der verfassunggebenden Nationalversamm-
lung gegenüber austritt, und sich diesen Letzteren nur in Rück-
sicht auf dessen Persönlichkeit, mit anderen Worten deswegen
gefallen läßt, weil er glaubt, daß der alte Johann das fünfte
Rad am Wagen wäre. Ganz anders läßt sich der König von
Preußen vernehmen. Er ist so gut als der alte Ernst August
auf seine Selbstherrlichkeit versessen, es ärgert auch ihn, daß
zu Frankfurt eine aus der Revolution hervorgegangene Ver-
sammlung tagt. — Sie mag noch so zahme Beschlüsse fassen,
er kann ihr nie verzeihen, daß sie ein — wenn auch miß-
rathenes — Kind des Volkswillens und nicht auf Veranlas-
sung, ohne die Zustimmung Friedrich Wilhelms von Hohcn-
zollern zusammcngctreten ist, der sich selber einen mächtigen
König von Gottes Gnaden nennt. Aber man geht in Pots-
dam sachte zu Werk, man will sich das Spiel nicht auf ein
Mal und völlig verderben. Der König von Hannover ist ein
gewaltthätiger- hitziger Mann, — die Engländer wissen da-
von zu erzählen - und zu hochmüthig, um ein Blatt vor's
Maul zu nehmen. Der König von Preußen fährt nicht so
plump in's Zeug, er hat eine Bevölkerung um sich, mit der
sich nicht spassen und die sich nicht einmal durch Kartätschen
ganz beschwichtigen läßt. Er tritt dem Prinzip der Volkssou-
veränetät nicht geradezu entgegen, und wenn er für den Au-
genblick zu der Ernennung eines Rcichsvcrwesers durch die
Nationalversammlung schweigt, so behält er sich im Stillen
vor, bei veränderten Zeitverhältniffcn demselben die höchste Ge-
walt streitig zu machen, wie das sein Minister AuerswalV zu
verstehen gegeben hat. Vor der Hand begnügt er sich damit,
Truppen um seine Hauptstadt zusammen zu ziehen und will
mit diesen die Bürgerwchr, die ihm, alö gleichfalls der Re-
volution entsprossen, ein gewaltiger Dorn im Auge ist, nach
und nach beseitigen, auch die „unteren Volksklassen" von wei-
teren Unruhen abhaltcn. Er wagt nicht einmal die dcmokra
tischen Vereine aufzulösen, wie der König von Baden und der
Großherzog von Württemberg es thun, er wartet andere Zei-
ten ab und trinkt Thee dazu. Offene Gewalt jetzt schon ge-
gen den Geist zu brauchen, der im Sturm die Welt durch-
schreitet, dazu ist der König von Preußen zu klug, derartige
Mißverständnisse führt nur der Abgeordnete von Wirsiz, sein
Bruder herbei. Wie den König auch seine herrschsüchtige Ge-
mahlin zu energischem Handeln stacheln mag, der Prinz von
Preußen hat aus London ein Rezept mitgebracht, das lang-
samer aber um nichts weniger sicher wirkt. Dieses Rezept wen-
det der König von Preußen an. Er sagt: hat sich mein Herr
Bruder durch seine Kartätschen um die Neichsverwescrei und
mich um die Schirmvogtei von Deutschland gebracht, so könnte
ein neues Mißverständniß den Thron wackelig machen, also
gehen wir fein langsam voran, damit nicht noch mehr verlo-
ren geht, und wirken wir im Stillen! Und siehe da, ganz

in der Stille bringt er Allerlei zuwege. Er stellt sich an, als
läge ihm ungeheuer viel daran, Deutschlands Macht und Ein-
heit nach Außen zu wahren; er schickt seinen General Wran-
gel mit einem Heere nach Schleswig, um Dänemark zu zei-
gen, daß es sich nicht unterstehen dürfe, zwei Provinzen von
Deutschland abzutrennen. Aber wie die preußischen Truppen
die Dänen auf's Haupt geschlagen haben, daß sie in wilder
Flucht auf ihre Inseln sich zurückziehen, da ruft er den Wrän-
get zurück, unbekümmert darum, daß die Nationalversammlung
diesem eine Verstärkung zu senden beschlossen hatte. Unter dem
Vorwand, daß Rußland die Besetzung Jütlands so ansehen zu
wollen erklärt habe, als wäre ihm selber damit der Kriegs-
handschuh hingeworfcn, müssen die preußischen und andere
deutsche Krieger plötzlich auf ihrem Siegeslauf umkehren. —
Jetzt erweist sich das Alles nur als eine Komödie.
Einzig der Wunsch, die radikalen und republikanischen
Elemente Deutschlands zu verhindern, sich unheilbringend ein-
zumischen, hatte Preußen bewogen, gegen Dänemark einzu-
schreiten; Dänemarks, nicht Deutschlands Größe und Selbst-
ständigkeit schien ihm durch Abtretung der Herzogthümer be-
droht und er wirkte darum dazu mit, daß weder in diesen eine
republikanische Negierungsform Platz griff, noch daß die nord-
albingische Republik, die im Werk war, zu Stande kam. Eine
solche hätte dem Schreiben des außerordentlichen russischen Be-
vollmächtigten Wildenbruch zufolge, sowohl Dänemark als die
deutschen Nachbarstaaten ernstlich gefährdet, deßhalb zog Preus-
sen zu Felde, deßhalb verbündeten sich Schweden, Rußland
und England mit Dänemark. — Mit einem Wort: Preußen
ging mit den eben genannten Mächten Hand in Hand nicht
dem Dänenkönig, sondern dem Demokratenthum, dem Repub-
likanismus zu Leibe, und eben damit auch dem Prinzip der
Volkssouveränetät, welches die Nationalversammlung geschaffen
bat. Und jetzt schließt der Preußenhäuptling einen Waffenstill-
stand, dem bald der Friede folgen soll, unter den hcrabwür-
digendsten Bedingungen. Derselbe ist ein wahrer Vcrrath an
der neugcschaffenen Ccntralgewalt, die nebst der Nationalver-
sammlung allein befugt ist, einen Frieden oder Waffenstillstand
abzuschließen, und die Bestimmungen des letzter« schänden die
Ehre der deutschen Nation.
„Das siegreiche Deutschland soll dem von ihm erdrückten
Duodezstaate eine Waffenruhe von 3 Monaten gewähren, aus
dem deutschen Gebiete das deutsche Heer zurückziehen, die ein-
geborenen Truppen der Herzogthümer auflösen und entwaffnen
und eine dänische Besatzung auf deutschem Boden dulden, die
bisherige Negierung Schleswig-Holsteins aufhebcn und eine
neue eiusetzen lassen, die endliche Feststellung des Friedens
einem Schiedsgericht übergeben, und den Dänen 140,000
Thlr. bezahlen, den Dänen, welche unsere Handelsmarine ver-
nichtet, und Tausende von Familien ins Verderben gestürzt
haben." Dieser schimpfliche Waffenstillstand wird in Berlin
geschlossen, unbekümmert um die Machtvollkommenheit der Ab-
geordneten in Frankfurt, unbekümmert um den Reichsverweser.
So versteht es der König von Preußen, die Leute für Narren
 
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