Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1848

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0739

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
IO kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.



Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Z82,

Sosnstsrg, S. NsvemHer.

18^8."

Inserate für unser Blatt können/ der Bequemlichkeit wegen
auch in der Stadt bei Kaufmann Berner abgegeben werden.

Aufruf an -as deutsche Volk!
Lange schmachvolle Jahre hindurch seufzte das Volk un-
ter dem Drucke der Gewaltherrschaft. Die blutigen Thatcn
Wiens und Berlins berechtigten zu der Hornung, daß seine
Freiheit und Einheit mit einem Schlag zur Wahrheit würden.
Teuflische Künste einer fluchwürdigen Reaktion traten dieser
Entwickelung entgegen, das heldcnmüthige Volk um die Früchte
seiwcr großartigen Erhebung zu betrügen.
Wien, ein Hauptbollwerk deutscher Freiheit steht in der
größten Gefahr. Aufgeopfert durch die Ränke einer noch im-
mer mächtigen Kamarilla sollte es aufs neue den Fesseln ei-
ner Zwing Herrschaft überliefert werden. Aber seine edle Be-
völkerung erhob sich wie Ein Mann und steht den bewaffneten
Horden seiner Unterdrücker todesmuthig entgegen. Die Sache
Wiens ist die Sache Deutschlands, ist die Sache der Freiheit.
Mit dem Falle Wiens wird die alte Willkürherrschaft mehr
wie je ihr Banner erheben, mit seinem Siege wird sie ver-
nichtet sein.
An uns ist es, deutsche Mitbrüder, Wiens Freiheit nicht
untcrgehen zu lassen, sie nicht dem Waffenglücke barbarischer
Horden prciszugcben. ES ist die heiligste Pflicht der deut-
schen Regierung'"- mit allem ihren Einflüsse der be-
drängten Schwesterstädt zu Hilfe zu eilen; es ist zugleich auch
die heiligste Pflicht des deutschen Volkes, im Interesse sei-
ner Selbsterhaltung zur Rettung Wiens jedes Opfer zu Krim
gen. Nimmer darf es die Schmach stumpfer Gleichgültigkeit
auf sich laden, wo das Höchste, ja, wo Alles auf dem Spiele
steht!
Wir fordern Euch daher auf, Mitbrüder! daß Ihr Jeder
nach seinen Kräften beitragt, Wien von dem Untergange zu
retten. Was wir für Wien thun, khun wir für Deutschland.
Helfet selbst! Die Männer, die Ihr nach Frankfurt gesendet,
um die Freiheit zu gründen, haben die Aufforderung Wien zu
helfen, mit Hohngelächter zurückgewiesen. An Euch ist es jetzt,
zu handeln!
Fordert Ihr es mit dem kräftiget, und unwandelbaren
Willen von Euren Negierungen, daß sie sich Eurer Majori-
tät unterwerfen, und die deutsche Sache und die Sache der
Freiheit in Wien retten. Eilt! Ihr seid die Macht und Euer
Wille ist Gesetz!
Auf! Ihr Männer der Freiheit, auf! in allen deutschen
Landen, und wo sonst der Gedanke der Freiheit uno Humani-
tät alle Herzen durchglüht! Auf, ehe es zu spät ist! Rettet
die Freiheit Wiens, rettet die Freiheit Deutschlands! Die
Gegenwart wird Euch bewundern, die Nachwelt mit unsterb-
lichem Ruhm belohnen!
Am 29. Oktober 1848.
Der demokratische Kongreß in Berlin.

V.roinirzte Staaten von Deutschland.
* Heidelberg, 2. Nov. Bis zum Abend des 29.
stimmen jetzt die verschiedenen Briefe und Nachrichten aus Wien
ziemlich überein, wir geben daher jetzt eine kürzere Zusammen-
stellung derselben.
Am 27. Okt. erließ Windischgrätz folgende Proklamation:
»Nachdem die gegebene Frist von 48 Stunden erfolglos abge-
laufen, begnüge ich mich nicht mehr mit den früher gestellten
Bedingungen. Ich verlange die Köpfe des Generals Bem,
Pulski und Dr. Schulte und mache jeden Hauseigcnthümer
für Das verantwortlich, was in dessen Hause vorgcht. Fällt
ein Schuß daraus oder wird ein Angriff auf die kaiserlichen
Truppen gemacht, so wird das Haus sofort niedergebrannt
und sämintliche Larin befindliche Personen müssen über die
Klinge springen. Jeder Wiener, dessen das Militär habhaft
wird, wird erschossen.»
Ain 28. morgens in der Frühe eröffneten die Kaiserlichen
das Feuer gegen das Volk. Zuerst fanden nur einzelne Vor-
postengefechte statt, aber um 11 Uhr griff Windischgrätz mit
seinem ganzen Heere an. Seine Truppen suchten nun die Jä-
gcrzcile (Lcopoldstadt) am Erdberg und dem Rennberg zu
gleicher Zeit zu stürmen.
Die Kanoniere eröffneten das Feuer gegen die Barricade
und Bomben, Granaden und Brandraketen flogen in großer
Menge durch die Luft und senkten sich auf die Häuser der Vor-
städte. Von Minute zu Minute wurde die Kanonade heftiger
und bald konnte man die einzelnen Schüsse nicht mehr unter-
scheiden. Das Kampfgeschrei der Stürmenden und daS Hur-
rahrufen der Vertheidiger feuerten die Kämpfer an, 9 Stun-
den wülhete der furchtbarste Kampf, der Tausende das Lebe»
kostete.
Welch Resultat diese Freiheitsschlacht gehabt, können wir
noch nicht mit Bestimmtheit angeben, soviel aber scheint gewiß,
daß Windischgrätz und der Banus einzelne der 33 Vorstädte
Wiens besetzten.
Folgende Einzelheiten des blutigen Kampfes vom 28
können wir heute schon mittheilen.
Die Bresl. Ztg. schreibt: Privatnachrichten melden, daß
ein Bataillon vom Regiment Schönhals die erste Banikade
in der Jägerzeile (Leopoldstadt) zu stürmen suchte, dasselbe
wurde jedoch zurückgeschlagen und zum großen Theile aufge-
rieben. Einem vereinigten Corps von Jägern und Greuanecn
gelang cs später, diese Barrikade zu nehmen, nachdem die
hinter derselben aufgepflanzten elf Kanonen hinter die zweite
Barrikade zurückgezogen worden waren.
Aus Natibor wird geschrieben: 1500 Jäger, die gegen
die gemauerte Barrikade in der Jägerzeile fochten, sollen bis
auf 150 Mann aufgericben sein, welche letztere sich auf Gnade
 
Annotationen