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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0065

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
tN kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.

«i- 14. Samstag,

An das Deutsche Bolk!

In weniger als >4 Wochen, Montag den 1. Mai, soll,
nach den Beschlüssen des Vorparlaments, die konstüuirende
Versammlung zusammentreten. Diese wird zu entscheiden ha-
ben, ob der Druck, welcher seit so langer Zeit auf Deutsch-
land lastet, seine Zersplitterung im Innern und seine Herab-
würdigung von Außen fortbestehen, ob der Kampf zwischen
einer unhaltbar gewordenen Vergangenheit und den Ansprüchen
der Gegenwart a^f unbestimmte Zeit verlängert, oder aber
ob derselbe durch eme^Reihe entscheidender Beschlüsse beendigt
werden soll. Alle Diejenigen,.^w^che. daher auf der einen
Seite die Befreiung Deutschlandsj-.auf der anderen aber auch
. dje rasche Beendigung unserer staatlichen Kämpfe wünschen,
werden sich uns anschließen und nur solche Männer wählen,
welche den Muth besitzen, mit der alten Zeit und allen ihren
Drangsalen vollständig zu brechen, um eine neue Zeit des
Wohlstandes, der Bildung und der Freiheit über Deutschland
hcraufzusühren.
Wir brauchen Euch, unfern Brüdern, den Alp, welcher
auf unserm Vaterlande lastet, nicht zu schildern. Das Gefühl
erlittenen schweren Druckes ruht in jeder Mannes-Brust, wenn
auch die Ursachen desselben nicht allgemein erkannt werden.
Was wir wollen, was wir unter Freiheit verstehen, müssen
wir Euch aber bestimmt und deutlich erklären. Wir haben
bereits von der Versammlung zu Frankfurt verlangt und ver-
langen noch immer, jetzt um so mehr, als unser Verlangen
von derselben der konstituirenden Versammlung zur Prüfung
und geeigneten-Berücksichtigung empfohlen worden ist:
1) Aufhebung der stehenden Soldatenheere und Verschmel-
zung'derselben mit der Bürgerwehr zum Behufe derBil-
. / düng einer wahren, alle waffenfähigen Männer umfas-
. senden Volkswehc.
H Aufhebung der stehenden Heere von Beamten und Erse-
tzung derselben durch eine wohlfeile Regierung, welche
aus freigewählten Volksmännern besteht.
3) Abschaffung der stehenden Heere von Abgaben, welche an
dem Marke des Volkes zehren, insbesondere aller derje-
nigen Abgaben, welche den innern Verkehr Deutschlands
hemmen, Binnenzölle und Schifffahrtsabgaben, welche die
Landwirthschaft drücken. Zehnten, Gülten, Frohnden, u.
s. w., welche die Gewerbe^ belasten, Gewerbsteuer Accise
u. s. w. und Ersetzung derselben:
durch eine progressive Einkommens- und Vermögens-
steuer, bei welcher der nothwendige Lebensunterhalt
frei von allen Abgaben verbleibt;

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u-
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

IS April. 18L8.

4) Abschaffung aller Vorrechte, welchen Namen dieselben
tragen mögen, insbesondere des Adels, der Privilegien
des Reichthums (Census) und der bevorzugten Gerichts-
stände, und Ersetzung derselben durch ein allgemeines
Staatsbürgerrecht.
5) Abschaffung der Bev^xmundung der Gemeinden und Er-
setzung derselben durch ^in, auf der Grundlage der Selbst-
verwaltung ruhendes Gemeindegesetz.
6) Auflösung des Bundes, welcher bisher bestand zwischen
Kirche und Staat, und Kirche und Schule, und Ersetzung
desselben durch:
u die Grundsätze der gleichen Berechtigung aller Glau-
bensbekenntnisse, der ungeschmälerten Glaubens- und
Gewissensfreiheit, des freien Affociationörechts, der
Selbstverwaltung der Gemeinden und namentlich des
derselben, ihre Geistlichen, Lehrer und Bürgermeister
frei zu wählen. -
l>) Besserstellung des Lchrcrstandes und gleichmäßigere
Orenung der Pfarrbesoldungen;
o) Abschaffung des Schulgeldes und der Stolgebühren.
7) Abschaffung der Censur, Concessionen und Cautionen und
Ersetzung dieser Zwangsanstalten durch den Grundsatz
der Preßfreiheit in seiner weitesten Ausdehnung.
8) Abschaffung der geheimen uni- schriftlichen Inquisitions-
gerichte und Ersetzung derselben durch öffentlich und münd-
lich gepflogene Schwurgerichte.
9) Abschaffung der Hunderte von Beschränkungen der per-
sönlichen Freiheit der Deutschen der verschiedenen Stände
und gleichmäßige Sicherstellung derselben durch ein beson-
deres Gesetz (Hadoss oorpus-Akte im ausgedehntesten
Sinne des Worts,) welches insbesondere das Vereins-
und VcrsammlungSrecht des Volkes seststellt.
10) Beseitigung des Nothstandes der arbeitenden Elasten und
des Mittelstandes, Hebung des Handels, des Gewerb-
standes und der Landwirthschaft.
Die bisherigen ungeheuer» Civillisten, Appanagen,
die „unverdienten und zu hohen Besoldungen und Pensio-
nen, die mannigfaltigen Stiftungen und die jetzt brach
liegenden Besitzungen vieler Körperschaften, sowie die
Domainen des Landes bieten hierzu reichliche Mittel.
11) Ausgleichung des Mißverhältnisses zwischen Arbeit und
Capital vermittelst eines besonderen Arbeiter-Ministeriums
welches dem Wucher steuert, die Arbeit schützt und der-
selben namentlich einen Antheil an dem Arbeitsgewinne
sichert.
 
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