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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0213

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden I ff.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeile2kr.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden srankirt erbeten.

Hs" Mittwoch, 24. Mai.

1848.

Guter Rath eines Fürsten- und Volksfreundes

Ich habe den berüchtigten Entwurf der Frankfurter Ver-
trauensmänner für die Einheit und das Wohl Deutschlands
gelesen.
Von vorn herein will derselbe einen erblichen Kaiser,
natürlich also mit einer kaiserlichen Zivilliste — kaiserlichen
Staatsräthen, kaiserlichen Ministern rc. re., einem kaiserlichen
Heere und das alles auf Kosten Deutschlands.
Dieses ist eine wahrhaft abenteuerliche Idee, die nicht
von einem Vertrauensmanne, nein, die aus dem Kopfe eines
schlauen und entschiedenen Feindes der Fürsten und Völker
hervorgegangen ist; — die unausbleiblich zur gänzlichen Ver-
armung, zum Kommunismus, zur Anarchie, zum krassesten
Mittelalter führen müßte. Dem armen in tausend Millionen
Staatsschulden versunkenen Deutschland muß auf eine andere
Weise geholfen werden.
Ich will meine Gedanken darüber niederschreiben; muß
aber vorbemerken: ich kann nur meine Ueberzeugungen laut
werden lassen und bitte daher, mir sie nicht übel zu deuten,
wenn sie etwas hart werden sollten; denn ich meine es gut,
geize aber auch nicht nach Fürsten- oder Volksgunst; dem
Grabe nahe, bin ich für beides zu alt. Höchstens beachte
man mein Geschreibsel als die Schwäche des Alters, ( 85
Jahre) das immer noch glaubt zum Besseren rathen zu kön-
nen, weil es erfahrungsreich ist.
Der kluge Erbe, der ein verschuldetes Gut antritt, über-
zeugt sich vor Allem von dem wahren Passivstand desselben,
um zu sehen, ob derselbe sich nicht vielleicht rechtlich vermin-
dern lasse. Er sucht ferner durch kluge Ersparnisse seinen
Haushalt zu verbessern.
Dieses Bild zeigt uns die allein ächten Mittel zu einer
wahren, für Fürsten und Völker beglückenden Reform Deutsch-
lands.
s) Bezahlung der Staatsschulden und
b) ein weises Ersparungsspstem.
Zu s) Bereits 30 Jahre lebt Deutschland im Frieden
und steckt in einer Staatsschuldenlast von 1000 Millionen
Gulden, und sie wuchsen von Jahr zu Jahr. Ich will nicht
untersuchen, wodurch sie entstanden sind; sie sind einmal da,
und müssen durchaus abgetragen werden, wenn es besser wer-
den soll. Aber wie?
Man liquidire vor allen Dingen in jedem einzelnen Staat
Deutschlands mit den Staatsgläubigern, die ihre Anlchen zu

70, 75 bis 80 Prozent negozirt haben, streng etwa nach den
Artikeln 3 und 4 des in der baierischen Pfalz bestehenden
Gesetzes vom 2. Sept. 1807 (in den andern Staaten Deutsch-
lands werden doch wohl auch Gesetze gegen Betrug und Wu-
cher bestehen) und zwar nöthigen Falls vor den Gerichten.
Und dadurch schon werden sich die Staatsschulden sehr, sehr
verringern, vielleicht hie und da auf Null reduziren, oder
gar zum Wiedcrersatz eignen.
Möge das deutsche Parlament in Frankfurt es vor allen
Dingen bewirken können, daß alle Staaten Deutschlands dies
thäten und die Resultate mit Bezeichnung der wucherischen
Gläubiger vorlegen und veröffentlichen. Dies Geschäft müßte
in einem Vierteljahr längstens beendet sein können.
Für Bewirkung dessen schon gebührte dem Parlamente,
(nicht den Vertrauensmännern) wie den biedern Fürsten
Bürgerkronen und mir auch eine auf meinen Sarg, weil ich
das zu sagen wagte, was Minister und überkluge Staatö-
räthe längst schon pflichtschuldigst hätten in Erwägung bringen
sollen.
Eitle Furcht wäre es, daß die wucherischen Negotianten
den deutschen Staaten im ergebenden Falle nicht mehr zu
Hilfe kommen würden, denn man brauchte sie nicht mehr, da
für den etwaigen Nest der Schulden die mobilen und immo-
bilen Schätze der Stifte und Klöster, überhaupt die Kapita-
lien der todten Hand zu verwenden wären. Und Deutschland
würde als ein durchaus schuldenfreies Land vor allen Staa-
ten der Erde ausgezeichnet sein.
Zu b) Und jetzt nur noch ein weises System der Er-
sparnisse an Haupt und Gliedern und es wäre auch das glück-
lichste.
Hier steht die Reduction der Heere etwa auf den zehn-
ten Theil des dermaligen Bestandes oben an. Ich kann die
Millionen nicht zählen, die sie seit 30 Jahren allgemeinen
Friedens gekostet haben; und was haben sie dafür geleistet?
Eine kluge, auf 2 Dienstjahre beschränkte Volksbewaffnung
würde es in jeder Rücksicht mehr als ersetzen.
Ihr folgen die zeitgemäße Einschränkung des lächerlichen
Aufwandes und der luxuriösen Verschwendung; der Höfe und
Stellen, wodurch Civilliste und Apanagen, Besoldungen und
Pensionen billig vermindert werden könnten. Wer wird die
veraltete steife Etiquette, die Menge von Ober- und Unter-
meistern nebst zahllosen Anhängseln — den vielen Kammer-
Staats-, Ministerial-, Kirchen- und geheimen Kirchenräthen,
Hof- und geheimen Hofräthen, Justiz und Regierungsräthen
re., die eigentlich alle nichts zu rathen haben, heute noch daS
 
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