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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0397

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nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l ff.
lt> kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeilc 2kr.

»7.



Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Freitag, 14. Juli.

1848

H) Heidelberg. (Schluß.) Der Verein beschloß un-
bedingt öffentlich aufzutrcten, und schlug eine Aufforderung an
das schwarze Brett an alle Studenten, dem neuen Vereine
bcizntreten, gab die Gründe an, warum die Gründung eines
solchen demokratischen Vereines nothwcndig sei, und verwies
in Betreff der Zwecke und Mittel auf die gedruckten Statuten
(die, beiläufig gesagt, in der Wintcr'schen Buchhandlung auf-
gelegt, aber sogleich von dieser an den Vorstand des Vereins
zurückgeschickt wurden — ob auf Betrieb des Herrn Amt-
manns??). Der Herr Amtmann sah alsbald etwas Staats-
gefährliches und riß mit höchst eigener Hand den Anschlag
vom Brette ab. Ein Mitglied des Vereins bemerkte es und
verfügte sich sogleich aufs Amtszimmer und fragte, was dies
zu bedeuten habe? Der Herr Amtmann wollte wie gewöhn-
lich den jungen Mann cinschüchtern und ergoß sich in einem
Wortschwall beleidigender und von seiner eigenen Beschränkt-
heit zeugender Ausdrücke. Unter Anderem sagte er wörtlich
Folgendes: „Diese K v nsti tu irung des demokrati-
schen Studentcnv e reine sei ein freches Unter-
nehmen; man kenne aber diese jämmerlichen
Subjekte mit ihren perfiden Mitteln, wie die
semokratischen Vereine überhaupt solche ge-
brauchen." Das Mitglied des Vereins ließ sich aber da-
durch nicht abschrecken und verwies ihn in Betreff der genann-
ten „perfiden Mittel" des Vereins auf die gedruckten Statu-
ten, worin §. 3 und §. 4 steht: „der Verein wird, um seine
Zwecke zu erreichen, Propaganda machen unter den Studen-
ten und unter dem Volke, und zwar durch die Presse, durch
mündliche Ucbcrzcugung und durch Errichtung anderer demo-
kralfichcr Vereine." Der Verein will also wirken blos auf
dem Wege der geistigen Ucbcrzcugung, bis er die Majorität
deS Volks gewinne und dann seinen Zweck, die demokratische
Republik verwirkliche. „Ja, erwicderte sehr schlau der Herr
Amtmann, sie wollen ja die Republik"!! Versteht
sich wird er diese wollen; aber wenn ein Herr Amtmann nicht
einmal Zweck und Mittel zu unterscheiden, im Stande ist, wenn
ein solcher noch nicht einmal gelernt hat, Republik und Anar-
chie zu unterscheiden, wenn er jeden ehrlichen Republikaner
ein jämmerliches Subjekt, einen perfiden Menschen nennt:
so weiß man wahrhaftig nicht, ob man mehr seine Beschränkt-
heil bcmillciden, oder sich darüber wundern soll, daß ein sol-
cher Mann den Universitätsamtmannsthron hat besteigen kön-
nen. Doch die Hauptsache kommt erst. Sein letztes Wort
war dieses: „Ueberdies steht es ja auch noch gar
nicht fcst, daß dieser demokratische Studenten-
verein sich konstituiren darf." So, Herr Von Amt-
mann, haben Sic unsre Zeit so verschlafen, daß sie als Jurist
nicht einmal wissen daß daS ganze deutsche Volk sich unbe-
dingt freies Assoziationsrecht errungen hat? Lesen Sie das Re-
gierungsblatt nicht? Kennen Sie die neuesten geheimen Mi-
nisterialbcschlüsse nicht, worin die Bezirksämter aufgcfordcrt
werden, die demokratischen Vereine allerorts gehörig zu über-
wachen, auszuspioniren, und ihm Worte und Beschlüsse in die

Residenz zu berichten? Wissen Sie nicht, daß die geheime
Hof- und Ministerial-Spionerie die einzelnen „jämmerlichen"
demokratischen Subjekte dermaßen mit ihrer väterlichen Weis-
heit und Fürsorge überwacht, daß man in Karlsruhe weiß,
wann ein solches Subjekt aufsteht, wohin es geht, mit wem
es umgeht, welche Zeitungen es liest, was es spricht, wahr-
scheinlich auch was es denkt und frühstückt? Aus welchem
Grunde haben Sie denn dem betreffenden Mitgliede des Ver-
eins den Namen abgeforLet, und in seinem Beisein ein schwar-
zes Kreuz vor seinen Namen im Adreßkalender hingemalt??
8iij)iontl 88t!!
Darauf berief der demokratische Studentcnverein alsbald
eine außerordentliche Sitzung und beschloß: in Anbetracht des
willkührlichen widerrechtlichen Verfahrens des Herrn Universi-
rätsamtmanns von Hillern gegen den Verein, welches darin
besteht, daß er 1) den Aufruf des demokratischen Vereins an
ihre Commil'tonen vom schwarzen Brett hat abrcißcn lassen ;
2) daß er die Mitglieder des demokratischen Studentenvereinö
so wie die Mitglieder aller übrigen demokratischen Vereine
beleidigt hat; und 3) daß er den Verein erst von seiner(ü)
Bestätigung abhängig machen will, wozu er kein Recht hat-
in Anbetracht alles dieses eine Deputation an den Hrn. Amt-
mann zu schicken, um sich darüber eine nähere Auskunft zu
erbitten. —
Der Deputation ward folgende Auskunft: aci 1. Das
schwarze Brett sei Eigenthum der Universität, bei allen An-
schlägen daran bedürfe es also zuerst seiner Durchsicht und Be-
stätigung. uck 2. Er habe nicht die Mittel der demokratischen
Vereine perfid genannt, sondern nur den Anschlag des demo-
kratischen Studentenvereins ans schwarze Brett. Er habe als
Richter und nicht als Privatmann gehandelt. (?) Er-
hübe bei den Ausdrücken „jämmerliche Subjekte" und „perfide
Mittel" nickt den rmiinus injuri-mül (die Absicht zu bclei
digen) gehabt. Er bestreite, daß das Wort „perfid" eine
Injurie sci, wenn dies der demokratische Verein aber so ver-
stehe, so nehme cr die Beleidigung zurück. — aä 3. Er-
hübe den Ausdruck : „ Ueberdies stehe cs noch gar nicht fest,
daß der neue Verein sich konstituiren darf" so gemeint: daß
er sich zwar und den akademischen Behörden daö Recht nicht
zuschreibe, die Konstituirung des neuen Vereins zu hindern,
daß er aber ten Verein beobachten lassen wolle, ob er nicht
ein staatcgcfährlichcr sei und darnach seine Maßregeln nehmen
werde. Zum Schlüsse bat die Kommission den Herrn Amt-
mann den Aufruf wieder ans schwarze Brett anschlagen z»
wollen, indem der Verein sich sonst nicht scheuen werde, die
ganze Sache der Ocffentlichkcit zu übergeben. Worauf Herr
von Hillern zitternd erwicderte: „Er müsse sich die Sache
erst überlegen, es könnte dies für ihn und seine ganze Stellung
gefährlich sein." —
Ueber diese neue Auskunft des Herrn Amtmanns lassen
wir jeden vernünftigen Menschen selber urtheilcn. Ungesetzlich-
keit und Furcht ist immer bei einander. Wenn die Gesetzes-
 
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