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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0453

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Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
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werden frankirt erbeten/

M" 111. SonNtag, ZG. Juli. 18L8.

Sitzung der konstituireuden National-
versammlung.
Frankfurt, 27. Juli. Der Präsident zeigt an, daß
der berühmte Wirth hier gestorben sei. Derselbe war be-
kanntlich Abgeordneter für Reuß-Greiz-Lobenstcin. Die Ver-
sammlung beschließt, seinem Leichcnbegängniß anzuwohnen.
Nach eröffneter Abstimmung über die posenssche Frage wurde
der Antrag Nuge's, auf einen allgemeinen Kongreß zur
Wiederherstellung Polens verworfen; ebenso der Antrag des
Abg. Blum, auf kommissarische Untersuchung des Sachver-
halts in Posen bei namentlicher Abstimmung mit 333 gegen
130 Stimmen verworfen. Sodann nach Verwerfung eines
Antrags von Schusclka und eines andern von Döllinger,
Gfrörer u. s- w. (Anerkennung der Ausnahme cincö Theils
von Posen in Len deutschen Bund und definitive Zulassung
der Posener Abgeordneten) mit Namensaufruf durch 342 gegen
31 Stimmen angenommen; der zweite Antrag (Anerken-
nung der Demarkationslinie unter Vorbehalt der definitiven
Grenzbcstimmung durch die Nationalversammlung) ebenfalls
angenommen. Art. 3 (die preußische Negierung zu der Er-
klärung aufzufordcrn, daß sie den Deutschen im polnischen
Theilc des Großherzogthums Posen unter allen Umständen
Schutz ihrer Nationalität zusichere) angenommen, dagegen A.
4 (die Bittschriften der Polen in Westpreußcn mit Hinwei-
sung auf den Beschluß vom 31. Mai zu bescheiden) durch
einfache Tagesordnung beseitigt. Die linke Seite hat nach
Verwerfung des Blum'fcheu Antrags an den weitern Abstim-
mungen keinen Theil mehr genommen. Dagegen behielt sie
sich die Thcilnahme an der Abstimmung über den Antrag
Schaffrath's vor: Die Nationalversammlung möge die Thei-
lung Polens für ein schmachvolles Unrecht erklären, und die
heilige Pflicht des deutschen Volkes, zur Wiederherstellung ei-
nes selbständigen Polens mitzuwirken, anerkennen.
Nach einer tumultuarischen Debatte Mrd namentlich ab-
gestimmt, und mit 331 gegen 101 der Schaffrath'sche Antrag
verworfen, 26 Mitglieder hatten sich der Abstimmung ent-
halten. Eine Anzahl Mitglieder der Majorität erklärten zu
Protokoll: sie hielten allerdings die Theilung Polens für ein
schmachvolles Unrecht, fänden es aber nicht geeignet, durch
Abstimmung ein Urtheil über ein historisches Ercigniß abzuge-
ben und für die Zukunft unbestimmte Verheißungen zu erthei-
len. Jucho hält es für unwürdig, Erklärungen in die Welt
hinaus zu schicken, denen man nicht sogleich die That Nachfol-
gen lasse. Wieder andere sprachen die Uebcrzeugung aus,
daß das deutsche Volk an dem schmachvollen Unrecht der Höfe
von Oesterreich und Preußen keinen Theil habe. Schluß der
Sitzung 3 V/ Uhr.

Versammlung ausgeschiedenen Professors Kapp sind der hiesige
Professor Kortüm und der evangelische Pfarrer Vr. Kühlen-
thal in Hilsbach bei Sinsheim vorgeschlagcn.
Konstanz. Der hiesige Gemeinderath und Bürgeraus-
schuß hat die Sache des Regierungsdirektors Peter zu der
seinigen gemacht und in einer Denkschrift an die Nationalver-
sammlung erklärt, daß die Gemeindebehörden von hier und
der Umgegend das Verfahren Peters in den Apriltagen voll-
ständig, Laß sie demselben Dank schuldig und gerade so straf-
bar seien als er und die Beamten der Negierung, welche mit
Peter ihre Stellen aufgegeben haben. Dafür, daß dieser die
Statthalterstclle für den Seekreis übernahm zu einer Zeit, in
der Niemand wußte, wer Koch oder Kellner war, will man
ihn jetzt der Thcilnahme an hochverrätherischen Unternehmun-
gen beschuldigen und beschließt seine Verhaftnahme. Selbst
die feile 2. Kammer bietet die Hand dazu.
Die badische Negierung hat sich von dem Schrecken und
der Schwäche erholt, an welchem sie vor drei Monaten dar-
niederlag. Sie möchte jetzt das Andenken daran verwischen,
im April Herr und Diener zu Karlsruhe den Kopf verloren
hatten. Damals erschien der Steuermann sammt der ganzen
Schiffsmannschaft gelähmt; er ließ das Ruder aus der Hand
fallen und übergab das Staatsschiff dem Zug der Winde u.
Wellen. Jetzt möchte man die gemachten, groben Fehler ei-
nem Unschuldigen in die Tasche schieben und sich weiß bren-
nen ; jetzt möchte man wieder seine Stärke zeigen und die Ge-
setze in der alten Polizeiwcise handhaben. Auch die Beam-
ten, welche, „moralisch und Physisch gezwungen" mit Peter
von ihren Stellen abtraten, lassen sich natürlich als Werkzeuge
der Regierung brauchen und helfen treulich zu Verfolgung ih-
res frühem Vorgesetzten. Sie möchten dadurch gerne die
Schuldwon sich abwälzen, die sie so gut als Peter auf sich ge-
laden, wenn überhaupt von Schuld die Rede sein kann. Den
Einen oder Andern unter ihnen mag auch der Neid darüber,
daß nicht er, sondern Peter zum Statthalter gewählt wurde,
jetzt reizen, gegen diesen zu wirken. Alle aber glauben sicher,
sich dadurch beliebt zu machen, wenn sie auf Den losschlagen,
welchen die Negierung als Sündenbock hinstellt. Diesem gan-
zen Treiben sucht die hiesige Stadtgemeinde mit der oben be-
rührten Denkschrift ein Ende zu machen und hoffentlich wird
die Nationalversammlung, welche noch vor Kurzem ihre Mit-
glieder zu schützen beschlossen hat, solchen Schutz auch dem
ins Parlament gewählten, ehrenwerthen Peter der badischen
Negierung gegenüber angcdeihen lassen.

Tagesbericht aus Deutschland.
Heidelberg. Als Ersatzmann des aus der National-

Frank für t, 27. Juli. Hecker hat — ein neuer Be-
weis seiner erhabenen edeln Gesinnungen — seinen Freunden
im Pmlimc: t mitgetheilt, daß er öffentlich erklären wolle,
für seine Person auf Amnestie zu verzichten, wenn hierdurch
für seine Unglücksgefährten eine günstigere Lage herbcigeführt
werden könne; er beabsichtigt, nach Nordamerika ausznwan-
dem. Was wird die Neaktionsparthei dann für Vorwände
 
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