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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0149

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden 1 ff.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Pctitzeile2kr.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten-

HsL 3S. Montag, 8. Mai. 1848.
Für das begonnene Vierteljahr können fortwährend noch Bestellungen gemacht werden. In Heidelberg in der
Buchdruckcrei von Renner und Wolff, auswärts bei allen resp. Postämtern. Die bereits erschienenen Nummern
werden auf Verlangen vollständig nachgeliefert.

Eine Scene ans Posen.

Während man hier in Deutschland fortwährend Indig-
nation zu erregen sucht über die Behandlung, die unsere
„deutschen Brüder" in Polen zu erdulden haben, ist es wohl
auch Pflicht, eine Stimme von der andern Seite zu hören,
um sich über die dortigen Vorgänge ein klares Urtheil zu fäl-
len. So enthält der „Deutsche Zuschauer" Nr. 19 mehrere
actenmäßige Belege über die im Grßhzgth. Posen verübten Er-
cesse, von denen wir nur die Ermordung des Herrn Bracki
im Kreise Jnowraclaw hier wiedcrgeben wollen. Die Frau
des Erschossenen berichtet dies folgendermaßen: „Mein Mann,
welcher Gutspächter von der Probstei zu Stodoly war, kehrte
mit dem Herrn Laskowski von einem Termine aus Nogasen
zurück. Als sie über Mogilno hinaus kamen, sanden sie das
Volk mit Abreißring der preußischen Adler beschäftigt; weil
ihnen gesagt wurde, daß überall ein Gleiches geschähe, so
nahmen sk keinen Anstand, dies auch in Strzelno zu bewerk-
stelligen. Der Oberamtmann Kühne und der Intendant
Jamroski fingen gleichzeitig an das Volk gegen und auf-
zuhetzen, indem sie demselben verkündeten, die Polen wollten
alle Deutschen ausrotten und den Oberamtmann plündern.
Die- polnischen Bauern wolle man in die alte Knechtschaft zu-
rückbringen, ihnen die Aecker nehmen und wie früher prü-
geln. Er schickte in der Nacht vom 27. März nach allen
umliegenden Ortschaften Boten aus um die deutschen Bewoh-
ner aufzufordern, sich zu bewaffnen und ihm nach Strzelno
HU Hülfe zu eilen. Einer von diesen Boten, ein Schneider-
geselle, Namens Rau, verkündete in allen deutschen Häusern
zu Strzelno: die Polen würden sämmtlich binnen zwei Stun-
den ermordet werden! — Nachdem nun vieles Volk nebst den
Waldhütern und Forstmeistern von dem ganzen Amte nach
Strzelno geeilt war, ließ der Oberamtmann dem versammel-
ten Hausen auf dem Marktplatz des Städtchens ein Gastmahl
bereiten und nochmals Boten ausschicken: Jeder solle, wie er
könne, sich bewaffnen und sich sofort nach Strzelno verfügen.
Da begab sich auch mein Mann mit einem Paar gela-
dener Pistolen, die er zu seinem Schutze mitnahm, nach Strzelno.
Am Thorwege von einem Sensenmann angehalten, zeigte er
seine Pistolen und wurde bei dem Ausrufe „Gut Freund!" in
den Hof gelassen. Der Intendant Jamroski bemerkte die-

ses und umzingelte ihn sofort mit einem Haufen von Bewaff-
neten. Die geladenen Gewehre mit gespanntem Hahn wur-
den sämmtlich auf meinen Mann gerichtet und „Gewehr fort!"
schrie man ihm von allen Seiten zu! — Er antwortete ganz
gelassen: Ihr habt ja befohlen, mit Waffen herzukommcn, ihr
legt euer Gewehr nicht ab, warum soll ich das meinige fort-
legen? Man drängte und schrie noch heftiger. Da knieete
mein Mann nieder: Ich bin in keiner bösen Absicht gekom-
men, sprach er — wollt ihr mein Gewehr, so nehmt es hin
mit meinem Leben!
Er legte eine Pistole an seine eigene Brust, die andere
aber gegen den Haufen gerichtet, sprach er: wer mein unschul-
dig Blut verlangt, der trete vor! — Herr Kühne komman-
dirte darauf: Gewehr ab! umarmte meinen Mann und bat
ihn, die Stadt sofort zu verlassen. Dies geschah. Hr. Kühne
begnügte sich aber damit nicht; er forderte eine Truppenab-
theilung auf, in die Stadt einzurücken, „weil die Polen hier
mordeten und plünderten." — Die Truppenabtheilung rückte
in der That ein, ganz verwundert, daß hier eine so große
Ruhe herrschte. - Eine Komornik-Frau, Namens Marie
Waszbinska, hörte unter den Soldaten folgendes Gespräch
an: „Man hat uns gesagt, daß hier der größte Aufruhr
herrsche, und hier ist ja Alles still wie im Grabe. Warum
habt ihr wenigstens nicht ein Paar Kälber geschlachtet, um
mit ihrem Blute die Stelle des Aufruhrs zu bezeichnen?" —
Der Oberamtmann bedeutete sie aber, daß Bracki, mein
Mann, der unruhigste Aufwiegler sei, und daß man ihm an's
Leben gehen müsse, um die Gegend in Ruhe zu erhalten.
Die Soldaten wurden darauf reichlich mit Schnaps traktirt
und kamen gut angetrunken nach unfern: Pachthofe. Die Ab-
theilung bestand aus 11 Mann Cavallcrie und 9 Mann In-
fanterie. Als mein Dienstmädchen Daszkowska aufschrie:
Soldaten kommen, sie wollen den Herrn morden! da ergriff
ich ein Paar Pistolen, um dieselben in die Küche zu werfen
— aber zu spät. Das Haus war umzingelt, die Soldaten
drangen ein, die Pistolen wurden mir entrissen, nachdem man
mir, unter den größten Schmähungen, ein Paar Hiebe mit
dem Kolben in die Brust und ins Gesicht versetzt hatte. Mein
Mann kehrte auf den Lärm aus der Scheune zurück, und als
er diese Missethaten erblickte, wollte er mir zu Hülfe eilen.
Da zielte ein Soldat unter wildem Geschrei seiner Kameraden
 
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