Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1848

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0165

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l st.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Petitzeile 2kr.

Si- SS.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolsf und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briese
werden frankirt erbeten.

Freitag, 12. Mai.

1848

Wort an die Wabluränner unseres Bezirks
zum verfassungsgebenden Reichstag.

Bedenket wohl, welch' ernste Aufgabe Euch geworden ist,
die Stimme dessen, den Ihr zur Nationalversammlung senden
werdet, kann schwer in die Wagschale fallen in dem Augen-
blick, wo cs sich um die künftige Gestaltung unseres Gesammt-
vatcrlandcö handelt. Laßt Euch in Eurer Abstimmung nicht
durch den Eindruck, den eine wohlgesetzte mit Schwung vor-
getragene Rede auf das Gemiith zu machen pflegt, hinreißen.
Viele sind unter Euch, ausgezeichnet durch hohe wissenschaft-
liche Bildung, Achtung gebietende Persönlichkeit und hervorra-
gendes Rednertalcnt. Solche Gaben dürfen Euch nicht blen-
den, sehet einzig und allein darauf, ob es das Ziel dessen,
der zu Euch spricht, ist, das deutsche Volk endlich in seine
heiligsten Rechte, zu denen es vor andern vollkommen reif
und mündig ist, einzusetzen, ob er wirUich von dem Ausspruch
durchdrungen ist, daß der Glanz der Kronen erbleichen und die
Majestät auf das Volk übergehen muß.
Man spricht viel von einem deutschen Kaiser, von dem
das Heil unö kommen soll. Wo findet sich aber ein Mensch,
der mit solcher Würde und Macht bekleidet, und als Fürst
noch auf eine bedeutende Hausmacht gestützt nicht von Ehr-
geiz und Herrschsucht durchdrungen danach streben wird, die
Gränzen seiner Gewalt nach und nach zu erweitern und die
des Volks zu schmälern.
Welche Verfassung ist unumstößlich und den Gewaltstrei-
chen eines mit solcher Macht begabten unerreichbar? Wer
wird dann dem geknechteten Volk die höchste Gewalt, die es
mit ächt deutscher Gutmüthigkeit und im Vertrauen auf Die,
welche es so oft täuschten, wieder zurückgeben wenn es sie
nicht abermals mit seinem Blute erkauft!
Im Anfang freilich wird der neugeschaffene Erdengott wie
gewöhnlich überaus gnädig und herablassend mit dem guten,
deutschen Michel sein, der ihn so hoch erhob. Bald aber
wird er sich sicher fühlen, und die Zügel, nach beliebtem Aus-
druck, straffer fassen.
Die vielen weitern Millionen für sogenannte würdige
Repräsentation und den eitlen Glanz und Pomp des Kaiser-
hofes mit seinen Hof- und Oberhofchargen muß natürlich der
Bürger im Schweiße seines Angesichtes verdienen und be-
zahlen.
Nichts von dem Institut deS deutschen Kaiserreichs, das
in ähnlicher Zusammensetzung wie man es jetzt projcktirt, erst
vor wenig Jahrzehnten zu Grabe ging. Wir wollen es gleich

dem alten Barbarossa imKyffhäuser Berg seinem Todesschlaf
überlassen und dem Geist der Zeit folgen, der sich nicht per-
sonifizier in der Gestalt eines Kaisers der Vorzeit, cinherschrei-
tend in schwerem Purpur und sich mit Krone und Reichsapfel
abschlcppend, sondern als Genius der deutschen Freiheit, ein
blonder Jüngling mit leuchtenden Augen uns vorangcht auf
der Bahn, die zur Erringung der heiligsten angeborenen Men-
schenrechte führt.
Wer es ernstlich wohl mit dem Volke meint, der muß
dahin streben, daß die höchste, die Centralgewalt in Deutschland
von den frei gewählten Volksvertretern, ihrem Obmann, und
einem ihnen verantwortlichen Ministerium ausgcübt werde. Je-
der einzelne Staat mag sich natürlich iu der ihm am besten
zusagenden Form regieren lassen. Nur so kann uns Heil
kommen, nur so machen wir einen wirklichen Fortschritt.
Daher ihr Wahlmänner, laßt Euch von diesen Grund-
sätzen durchdringen, die allein die wahre Freiheit unseres Va-
terlandes dauernd befestigen können und gebt Eure Stimme
nur einem Manne, der, indem er vor .Euch tritt, offen und
unumwunden erklärt, daß diese Grundsätze auch die seinigen
sind und die einzige Richtschnur seines Redens und Handelns
als Abgeordneter in Frankfurt sein werden.

Tagesbericht aus Deutschland.
Heidelberg, 11- Mai. Gestern waren die Wahlmänner
der Aemter Weinheim und Wiesloch hier, um sich mit denen
hiesiger Stadt über die am Dinstag den 16. d. M. vorzuneh-
mende Wahl eines Deputaten zur Nationalversammlung in Frank-
furt zu besprechen. Zwei Männer kamen in Vorschlag. Einer-
seits wurde Vater Jtzstein unter allgemeinem Beifall vorge-
schlagen. Andererseits wurde Herr Soiron von zwei Steuer-
männern der „Deutschen Ztg." (von denen der Eine das Fahr-
wasser vorher mit der Lorgnette sondirte) ins Schlepptau gcnom -
men; obwohl dieselben aber auch mit vollen Backen in die Segel
bliesen, es gelang ihnen nicht flott zu werden. Wäre Herr
Soiron, den wir als einen Ehrenmann kennen und achten,
von jedem andern schlichten Wahlmann vorgcschlagen worden,
es hätte einen bessern Eindruck auf unö gemacht. Es fehlt
eben einmal das Vertrauen zu jenen Mannern, die fast täglich
in Wort und Schrift gegen die „Ungesetzlichkeit" zu Felde ziehen,
sich selbst in ihrem Wahn mit dcö Papstes Unfehlbarkeit schmük-
ken, und sich allein als Netter des Volkes und des Vaterlandes
präsentsten. Daö Volk kennt sie nicht, sie haben noch nichts
 
Annotationen