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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0493

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
1U kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Petitzeile 2kr.

121.

Samstag, 21». August.


Bestellung wird gemacht in'
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

1828

Sitzung der konstituirenden National-
versammlung.
Dienstag, den 22. August 1848.
(Schluß.)
Reichsministcr v Beckerath versucht, über Vogt zu
spotten, weil ihm von seinem Standpunkte aus die Aussicht
verschwinde, Minister zu werden oh! oh!) und svricht viel
von dem Trost und dem Much, den die Religion einflöße und
rühmt sich, der freiesten kirchlichen Genossenschaft anzugehören,
die es nur geben könne (?) (v. Beckerath ist, so viel wir
wissen, katholisch). Nach Vogts Rede zieme es sich, auszu-
sprechen, daß es nicht die Ansicht des Volkes sei, daß die
Kirche nur Fluch, statt Segen verbreitet habe, zieme es sich,
eine hohe Achtung vor der katholischen Kirche, jener ehrwür-
digen Institution, zu bezeugen, welche der deutschen Freiheit
so wesentliche Dienste geleistet habe (oh! oh!). Er verläßt
darauf Vogt's Standpunkt, in dessen eisiger Luft keine Men-
schenbrust achmen könne (Bravo von der Rechten), und hofft,
daß sich das deutsche Volk nicht zu den Verirrungen der fran-
zösischen Revolution verlieren werde (Bravo von der Rechten),
Er empfiehlt weitläufig den Antrag der Ausschußmajorität mit
einer Salbung die ihn zum trefflichsten Kanzelredner qualifi-
ziren würde.
Ein anderer Redner, dem Aeußern nach ein katholischer
Geistlicher*), welcher sich zu schämen scheint, seinen Namen
zu nennen, dessen Namen auch v. Gagcrn zum zweiten Mal
zu nennen, wiederholten Zurufs uncrachtci, sich weigert (nach
vielfachem Anfragen erfährt man, es sei Bischoff Joseph Am-
brosius Geritz aus Frauenburg), predigt mit grimmiger
Miene und unverständlichem Nascnton eine halbe Stunde lang.
Nachdem dies glücklich überstanden, betritt Christ die
Nednerbühne, um in einem eben so beredten als geistvollen
Vorträge die Nothwendigkeit einer Trennung der Kirche vom
Staate und die Beseitigung des Einflusses der Geistlichkeit als
unerläßlich darzulegen, woran er eine scharfe Kritik einzelner
Sprecher vor ihm knüpft.
Paur (aus Augsburg) bedauert, dHWeckerath (der
dicht vor ihm steht) nicht mehr da sei, um ihm für seine
schöne Rede zu danken, schleudert einige grimmige Phrasen
gegen Vogt, der in so ernster Sache mit Humor zu reden
wage, und will als protestantischer Geistlicher der Frage eine
neue Seite abgewinnen.
Nachdem Döllinger, der ein warmer Vertheidiger des
Abel'schen Systems der Unterdrückung der Protestanten gewe-
sen hört! hört!), als katholischer Geistlicher sich ausgesprochen,
will er Aufrechterhaltung der Kirche und der Kirchengewalt,
aber nicht vollständige Unabhängigkeit, schon aus dem einen

*) Ob es wohl dem Präsidenten mehr Mühe gemacht hätte, an-
statt: --der Name ist bereits schon genannt" zu sagen: „Geritz ans
Fraucnburg" ? Letzteres hätte jedenfalls mehr Achtung und Zuvor-
kommenheit gegen die Versammlung bewiesen; zumal da der Präsi-
dent die Namen immer sehr undeutlich ausspricht.

Grunde, weil sie die Einheit Deutschlands gefährde. Staat
und Kirche hänge zusammen, wie Leib und Seele, ihre Tren-
nung sei Tod. Schutz für die Rechtsverhältnisse der einzelnen
Kirchen suche er beim Staate, nicht beim Polizei- sondern
beim Rechtsstaat. Freiheit einer Kirche bei der Coeristenz einer
Gleichberechtigten, welcher aber mächtigere Waffen zu Gebot
'"hen, sei unmöglich u. s. w. Seine neue Seite ist nichts
^.res als Widerstand und Kamps gegen die Herrschsucht der
(..^Vlischen Kirche.
Präsident verliest einen schriftlichen Antrag von Rei-
ch cnspcrger und Genossen, die allgemeine Berathung über
Art. lll. zu schließen und auf spezielle Berathung der einzel-
nen Paragraphen überzugehen. Der Antrag wird nicht un-
terstützt.
Fortsetzung der allgemeinen Berathung Donnerstag den
24. d. M.

Tagesbericht a«s Deutschland.
* Heidelberg, 25. August. Von unserer „Republik" wur-
den mehrere Nummern wegen „die Offiziere beleidigenden Ar-
tikeln" mit Beschlag belegt. Wie wahr ein Theil des in den-
selben Gesagten ist, zeigt uns folgende Thatsache von Neuem.
Bei dem Verles der hier einquaitiert gewel^M württember-
gischcn Reiterei, das gestern Abend nach MM Uhr auf dem
Ludwigsplatz startsand, sammelten sich eiMMNeugierige ver-
schiedenen Alters, unter denen auch mehrere hiösige Bürger sich
befanden. Den anwesenden Wachtmeister nwchte:es verdrießen,
daß man sich in seine heilige Nähe drängte, da er die um ihn
Stehenden aufforderte, sich zu entfernen, und da dieser Auffor-
derung nicht augenblicklich Folge geleistet wurde, wendete er
sich zu dem neben ihm stehenden Lieutenant Einsiedel mit
der Aeußerung: „wenn sie nicht gehen, so schlägt man ihnen
auf die Köpfe!" Kaum hatte er ausgeredct, so schlug der
leutenantpatcntirte Held mit dem Bemerken: „Meint ihr, man
macht lang Spaß mit euch Lausbuben?" schon wacker um sich.
Sich hcrumdrehend gab er dem hiesigen Schneidermeister St.
eine Ohrfeige und ging dann zu einer andern Abtheilung Sol-
daten, um dort seine Heldenthat fortsetzen zu können.
Für Lieutenant Einsiedel wäre es sehr zu wünschen,
daß es in Schleswig-Holstein m'Aö Besseres zn thun gäbe,
als sich mit Lausbuben herumzuschlagen, da seinem Mut he
bald die Augst folgte, denn als er einige Minuten später
nach dem Gastbause zum Prinz Carl, und von da in den
Ritter ging, nahm er einige Mann Militär zur Bedeckung mit.
München. Es ist den Unteroffizieren verboten wor-
den, mit den Soldaten über konstitutionelles Wesen zu ver-
handel». Ferner besteht ein Verbot für die Soldaten, außer
Dienst (z. B. an den Schirmützen) die deutschen Farben zu
tragen.
Leipzig, 19. August. Gestern Abend fand im großen
Kuchengarten auf Veranstaltung des deutschen Vaterlandsver-
 
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