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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0839

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Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg viertelfährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baben l fl.
I» kr. Bei Inseraten kostet
die brcispalt. Pctitzcile Ar.
K- 2»7.


Dienstag, S. Dezember.

IZvrei»i«;te Staate» oou Deutschland.
Heidelberg, 30- Nov. Zur Gründung eines Zweig-
vereins des von der Linken in Frankfurt gestifteten „Märzvcr-
cius" traten gestern Abgeordnete mehrerer volksthümlichen
Vereine unserer Stadt zusammen. Wie wir vernehmen, sollen
diele sogleich Satzungen für den zu gründenden Heidelberger
Märzvrrein entworfen haben, nm sie kommenden Samstag in
allgemeiner Versammlung aller hiesigen volksthümlichen Vereine
zur Vera'hung und Annabme vorzulegen.
Wir wünschen von Herzen das gute Gedeihen dieses für
unser Vaterland gewiß heilbringenden Vereins. —
st' Heidelberg, 4. Dezember. Gestern wurde von der
hiesigen Feuerwehr ein Windischgrä tzs chi c ß e n veranstal
tet. Die Zabl der Kugeln, dw den papiermn Blumen-
Mörder getroffen, wären zur Beseitigung aller Windischgrätzc
hinreichend gewesen.
* Heidelberg, 4. Dez. So eben geht uns die An-
wia-' von der Nedaction der Seeblättcr ein, daß der verant-
wortliche Redacteur dieser Blatter, I. R. Le tour, wegen
angeblicher Verbreitung von Flugschriften verhaftet und, unge-
achtet seiner Protestation gegen -diese polizeiliche Gewaltthat,
noch im Laufe des Tages nach Swckach abgcliefcrt worden
sei. —
Die Herausgabe der Seeblättcr wurde ebenfalls sogleich
verboten. —
*.Seide'ber-g, 4. Dez. Aus Warschau wird geschrieben,
daß anhaltend Kuriere von Petersburg nach Potsdam und Ol-
müy und ebenso vom Hofe des Hohenzollern und Habsbur-
gers nach dem des Barbarenhäuptlings dort duvchkommen,
und der Regierung zu Gumbinnen ist offiziell von verschiede-
nen Seiten mitgetheilt worden, daß bedeutende russische Trup-
pcnkorps sich der deutschen Grenze nähern und dort Position
nehmen.
Es ist jetzt offenkundig und klar, daß die »Herrn von
Gottes Gnaden« ein Bündniß miteinander geschlossen, um den
alten Zustand wieder vollkommen hcrbeizuführen. >
Karlsruhe, 2-. Nov. (N. Nh. Z.) Im Laufe der
letzten Woche entdeckte ein Wachtmeister bei der Artillerie in
Gottcsaue vor der Bettstelle des Korporals Sch rite le ein
Hecker bild. Er verwarnte den Schrietels und ersuchte ihn,
das Bild verschwinden zu machen. Sch. achtete nicht der sorg-
lichen Mahnung. Kurz darauf stürmt Hauptmann Großmann
in das Zimmer des Sch., bemerkt den falschen Heckerfetisch
und gebietet dem Sch. mit barschem, heftigem, standesrcchtlichem
Militärkommandotone das Bild auf der Stelle zu beseitigen.
»Es ist eine Schande," ruft der große Hauptmann Großmann
aus, »es ist eine Schande," wiederholt er in erhöhtem Stimm-
tone, „es ist eine Schande," brüllt der große Großmann
zum drittenmale, „es ist eine Schande für einen Soldaten, ein
derartiges Bild zu kaufen und in seinem Zimmer aufzuhängen.

1848.

Kaufen Sie," fuhr er patriarchalisch ermahnend fort, „kaufen.
Sie dafür den Großherzog u. dgl." Der Korporal Sch.
erwiedert: „Er wisse nicht warum? Das fragliche Bild sei
ein Bild wie ein anderes Bild und dazu ein ganz unschul-
diges Bild."
Einstweilen entfernt sich also Großmann knurrend aus
Schrictel' s Zimmer und das Heckerbild bleibt auf seinem
Platze.
Einige Tage darauf nimmt Oberst Schuberg Zimmer-
visitation vor. Sch. erhält Wind davon und verbirgt seinen
H.ckerfetisch.
Als die Reihe der Visitation an des Korporals Zimmer
kömmt, ruft der große Hauptmänn Großmann mit allen
Zeichen des Entsetzens: „Hier in diesem Zimmer Herr Oberst
Ist eS."
Der Oberst findet e s aber nicht. Das Zimmer war so
leer von Bildern, wie das A l l e r h e i l i g st e im Tempel
Salomoms. Und der „edle" Hauptmann sprach: „An
dieser Bettstelle hier hat es gehangen und dieser da «auf
Schrirel zeigend) ist der Mann." Also sprach Großmann.
Die Moral von der Geschichte war, daß der Korporal
Sch. zu zwei Tagen Dunkelarrest und der erwähnte Wacht-
meister wegen vcrnachläßigter alsbaldiger Anzeige zu 4 Tagen
Z'.mmerarrest verurtheilt wurde.
Das ist das große Abentheuer bon dem erschrecklichen
Kampfe des Hauptmanns Großmann mit dem Heckcrbilde.
Großmann verdient in einer Reichsdenkmünze verewigt zu
werden.
A Karlsruhe, 3. Dez. In unserer badischen Stän-
dckammer geschehen doch große, erstaunlich große Dinge. Alles
zur Wohlfahrt des gesegneten Vaterlandes und zur größern
Ehre unserer niet- und nagelfesten Volksmasestäten, unserer
theuern Abgeordneten. Während über dem Rhein die fürch-
terlichen Gesichter der rothen Republikaner nach unserem Ei-
genthum herüberschiclen, Basscrinanns Visionen und die schreck-
lichen Gestalten und die Laterncnpfähle noch in jedem ruhigen
Gemüth fortvibriren, während über dem Ocean das wilde
Heer mit rabenschwarzem Antlitz jeden Augenblick herüberbre-
chen will, und der heilige Vater in Pantoffel sein Fersengeld
nehmen muß-hat unsere Volkskammer den Muth, den
entsetzlichen Muth, den welthistorischen Muth, ein Hundegesetz,
ein Gesetz dieser beißenden Thiere zu bcrathen. Wer ist der
Unerschrockene, der Wagehals, der in einer drohenden Kata-
strophe einen solchen gefährlichen Vorschlag wagt? Herr
Schaafs ist es. In dem Thierkreis (nur in dem des Him-
mels nicht, so hoch kann ein Schaaff nicht hinaufblicken) am
besten bekannt, konnte kein Anrerer, paffender, dieses vierfüs-
sige, schweifwedelnde Geschlecht in die staatsbürgerlichen Pflich-
ten der Besteuerung einreihen. Dieses Hundegesetz aber, ob-
gleich es auf die breitesten demokratischen Grundlagen basirt
sein soll, sei doch nicht ganz frei von Ausnahmebestimmungen,
namentlich kommen die Hofhunde dabei wieder in Vergleich
zu andern sehr in Vortheil. Diese rasenden Bestien, die mit
 
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