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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0405

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Bestellung wird gemacht in
Heidelberg i» der Buch-
druckerei von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

H '»>». Sonntag, 1«. Juli. 18L8.

Bestellungen auf die Republik, 3. ^Quartal, vom ersten Juli an, können fortwährend
»och gemacht werden.

Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
lt) kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. PctitzcileAr.


Die Wühler oder Demokraten.
Unter dieser Aufschrift beleuchtet ein mit P. unterzeichne-
ter Artikel in Nro. 188 des Heidelberger Journals gewisse
Behauptungen eines gegen Hrn. Kräuter gerichteten Angriffs.
Auf diese Beleuchtung erlauben wir uns Folgendes zu er-
widern.
Ob der letzte Aufstand in Paris eine Folge der Schwäche
einer schön redenden aber einsichtslosen Negierung und des in
den Nationalwerkstätten groß gezogenen Uebermucheö der ar-
beitenden Klasse, wie Herr P. behauptet, oder das Werk der
Reaktion, absolutistischer Machinationen u. s w. ist, wie wir
früher ausgesprochen haben, darüber lassen sich für jetzt eigent-
lich nur Vermuthungen aufstcllen, die Umersuchung wird erst
völlige Gewißheit schaffen. Unserer Ansicht nach sind aber die
Nati'onalwcrkstätten um so weniger als Veranlassung zu den
viertägigen Blutscencn im Juni anzusehen, da ihre Aufhebung
bereits vor dem Ausbruch der Revolte berathen war und da
sie nach Jedermanns Ueberzeugung immerhin nicht die Hälfte
dessen gekostet hätte, was der mit republikanischen Lappen um-
hängte Julithron verschlungen. Das herrschende Elend, das völ-
lige Darniedcrlicgen aller Geschäfte, allen Handels und Wan-
dels in Verbindung mit den Umtrieben der Bourbonen und
Napoleonidcn und der Schwäche der Regierung, besonders
nach Außen, sind es wohl hauptsächlich, welche jene furchtba-
ren Auftritte hervorricfen. Herr P. wird nicht läugnen, daß
sich diese unsere Meinung mit haltbaren Gründen verfechten
läßt, er gibt sie in seinem Artikel theilweise geradehin zu, in-
dem er sagt, die Auflehnung eines Theils der pariser Bevöl-
kerung sei von den ehedem Bevorrechteten, welche freiheits-
feindliche Plane Hecken, gerne gesehen und genährt worden.
Ueber diesen Punkt würde also eine Einigung zwischen uns
am Ende leicht möglich sein. Schwieriger , ja durchaus un-
möglich wird dies aber be» dem zweiten der Abschnitte, in
welche der Artikel des Herrn P. zerfällt. — Hier wird be-
hauptet, die deutschen Wähler seien keine echten Demokraten,
sie bekämpfen nicht die Reaktion, sondern das Volk, welches
sich durch die Wahl der Majorität seiner Vertreter in Parla-
ment und Kammern dahin ausgesprochen habe, daß ein erb-
liches Haupt und verantwortliche Minister seien, Les Volkes
Herrschaft am Besten sichern, daß das Volk mit andern Wor-
ten sich zum Anhänger der konstitutionellen Monorchie bekenne.
Die Wahlen für die gegenwärtige zweite badische Kam-
mer sind nun aber vor der Revolution auf indirektem Wege,
unter dem direkten Einfluß der Regierung, unter der Herr-
schaft der Gewalt, der Einschüchterung und Bedrohung zu
Stande gekommen *). Sie sind also nicht der Ausdruck des
*) Ein wunder Fleck, der^stetS in Eiterung erhalten werden soll,
damit die politische Quacksalberei fortgetriebe» werden kann.
Die Redaktion.

Volkswillcns, sondern der Ausdruck eines fremden, dem Volke
ausgedrungenen Willens.
Die Wahlen zur konstüuirenden Nationalversammlung ste-
hen mit denen für die 2. Kammer der Abgeordneten beinahe
in völligem Gegensatz, sic sind in Baden zu drei Vierthellen
im Sinne des Volkes ausgefallen, trotz dem, daß es seine
Abgeordneten nicht direkt ernennen durfte, weil die Wahlen zu
einer Zeit vorgenommen wurden, da das Volk seine Mündig-
keit zeigen konnte, da die Regierung nicht wagte, auf diesel-
ben einzuwirken, wie sonst.
Aus den übrigen Thcilcn Deutschlands, wo die Regierun-
gen durch die öffentliche Stimmung nicht gehindert waren,
die Ernennung von Deputirten für die Nationalversammlung
in ihrer Weise zu überwachen, d. h. zu beherrschen und wo
der Drang nach Freiheit noch nicht so entwickelt war, wie in
Baden, wurden meistens Männer nach Frankfurt gesendet, die
nicht die Interessen des Volkes, sondern ihre eigenen oder die
ihrer Fürsten vertreten, also keine Organe des Volkswillcns
sind. Wären sie das, so zeigte cs sich in ihren Abstimmun-
gen, so hätte nicht die Majorität der Nationalversammlung
dein souveränen Volk einen souveränen Neichsverweser gegeben,
so hätte sie nicht für Vermehrung des stehenden Heeres ge-
stimmt lind andere volksfeindliche, ja vcrrätherische Beschlüsse
gefaßt. Es liegt aber am Ende verflucht wenig an diesen Be-
schlüssen. Das Volk begehrt, ob cs nun in dem oder jenem
Sinne gewählt, Erleichterung des auf ihm lastenden Drucks.
Die erblichen Fürsten mit ihren Ministern haben denselben
hcrbeigeführt, daher will sie das Volk nicht mehr, es hat eine
Revolution gemacht, um den ancrerbtcn Druck abzuwälzen und
ein Parlament gewählt, das ihm eine bessere Verfassung, ein
glücklicheres Dasein schaffen soll. Dieses vermehrt nun aber,
wie gesagt, das Elend, also ist es der Gegner, nicht der
Vertreter des Volkswillens, also ist es auch dem Volke nichts
mehr nütze, also muß es abgeschafft werden. Selbst dem un-
verantwortlichen Neichsverweser, den man zu Frankfurt und
Wien beliebt hat, können die Leute keinen Geschmack abgcwin-
nen, sie kennen ihn nicht und wollen zu 35 Andern Keinen
haben der das Dutzend voll macht.
Ob sich das Volk Diesem zufolge für die konstitutionelle
Monarchie, welche es als die Urheberin seines unerträglichen
Zustandes ansieht, oder ob es sich für das Parlament entschei-
den könne, welches diesen Zustand noch verschlimmert, ist äus-
ser aller Frage. Es kann sich für keines von Beiden, auch
nicht für einen unverantwortlichen Erzherzog-Reichsvcrwe-
ser entscheiden, es muß ein Drittes wählen, und das ist die
Republik.
Solches dem Volke einleuchtend zu machen, ist die Auf-
gabe der Wühler und sie gewinnen für ihre Ansicht jeden Au-
Wie undankbar! Die Red.
 
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