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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0661

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nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl. ,
lO kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Pctitzeile Ar.


Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Samstrrg, 1A. DktMse.



Ein Wort an das deutsche Volk.
k.Abschiedmanifest Hecker's.)
Jede Revolution, welche vom Gebiete der That hinüber-
gleitet auf den Boden der Diskussion, zehrt sich auf und wird
von derjenigen Macht, welche durch die Revolution gestürzt
werden sollte, mit den Mitteln der Jntrigue, der Bestechung,
des Zögerns und Hinhaltens, mit einem Worte durch das
Spiel politischer Betrügerei ausgebeutct und zu Grunde ge-
richtet.
Aufgabe eines jeden Volkes, welches sich erhebt aus der
tiefen Erniedrigung, aus der Knechtschaft und Unterdrückung
ist cs, die feindliche Macht, unter deren Druck es geschmachtet
und gelitten hat, und gegen welche es sich erhebt, vollständig
zu zerbrechen, provisorisch die Grundlagen des neuen Freihcitc-
baues zu legen und erst wenn die Revolution siegreich ihre
Fahne wehen sieht über der zerbrochenen tyrannischen Gewalt,
erst dann kann die Bcrathung des neuen Staatsorganismus
beginnen; das Alte muß so gründlich vernichtet sein, daß eine
Wiederkehr nicht möglich wird, dann erst kann der junge Frei-
hcitsbau vollendet werden.
Ewig wahr ziehen diese Sätze durch die Geschichte aller
Revolutionen, und alle Revolutionen gegen die Herrschaft ei-
nes Einzelnen, gegen die Monarchie, gingen unter, wenn das
Volk, statt die Revolution mit allen revolutionären Mitteln zu
vollenden, sich auf das Verhandeln und Unterhandeln, auf
lange Reben und bodenlose Schwätzerei einließ. Mit der Mo-
narchie ist kein Vertrag möglich. Gegen fürstliche Tyrannei
gibt eS nur das eine Mittel.
Diese durch die Erfahrung von Jahrtausenden crpropten
Ariome standen mir klar vor der Seele im politischen Leben,
sie traten in Nicscngeftaltung vor mich, als Frankreich, wel-
ches alle Formen der Monarchie, von der Despotie des XlV.
Ludwigs bis zu der gankelspielerischen Betrügerei der konstitu-
tionellen Monarchie durchlebt hat, sich erhob und das König-
thum stürzte. Welchen Antheil ich an der Bewegung, an der
Erhebung in Süddentschland genommen, wie ich sie mit aller
Begeisterung, Ruhelosigkeit und Energie, deren ich nach mei-
ner geringen Kraft fähig bin, gefördert, getrieben, und nur in
ihr gelebt habe, ist Vielen bekannt; es galt jetzt den alten
Lügenstaat einzureißen und den wahren Volküstaat erstehen zu
lasten; es galt jetzt den Gedanken, der Tag und Nacht mein
Begleiier war, zur Thatsache werden zu lasten.
Wie einst For und Wilkes an die Stelle des papiermen
Bittens und Forderns die Petition ces lebendigen Menschen-
stromes setzten, so war, noch ehe die französische Revolition
ausgebrochen, mein Plan, Lies Mittel in Bewegung zu setzen
und ich drohte den Ministern in der Ständeversammluug da-
mit, als der damalige Justizministcr Trefurt widerstritt, daß
mein gestelltes Verlangen ein --Verlangen des Volkes-- sei.
Der 24. Februar zuckte elektrisch durch unser unglückliches
niedergeworfenes Volk; die Bewegung brach los, es verlangte
klare Rcchtebriefe, die revolutionäre Kraft und Begeisterung

strömten aus der Tiefe auf, die 38fache Zersplitterung hinderte
die Gesammteuifältung und Benützung der in 38 Staaten ar-
beitenden revolutionären Kraft; jedes Land und Ländchen ar-
beitete für seine eigene Rechnung, die zitternden Fürsten, ihre
gegliederte Diplomatie und Büreaukratie waren, wenn auch
zurückgedräugt, eingeschüchtert, immerhin noch organisirt, und
daß sie hinter dem Hütchen ihre Verbindung um so enger
knüpften, konnte man als gewiß voraussehen, denn es galt
ihrer Eriftenz, die Sclbsterhaltung mußte sie dazu treiben.
DaS Volk fühlte selber diesen Zustand der Zersplitterung
seiner Revolulionsarbeit, es verlangte nach einem Sammel-
punkt. Einen solchen Sammelpunkt, in welchem die 38fach
gespaltene revolutionäre Kraft förderirt über das Ganze der
38 Staaten zu wirken im Stande war, konnte nur eine re-
volutionäre Versammlung abgebcn, welche nur Kraft revolutio-
nären Willens, ohne allen Anstrich einer Fußung auf den Ge-
setzen der alten Siaatoform, zusammen trat. Diese Versamm-
lung war das Vorparlament, dieses mußte permanent bleiben;
man konnte in dasselbe fort und fort neue Kräfte berufen,
diese-Versammlung mußte das Steuer in die Hand nehmen,
sie mußte provisorisch Decrete erlassen und die Grundlage le-
gen. Aber sie mußte, um letzteres zu können, permanent blei-
ben, und blieb sie beisammen, so mußte sie mit jedem Tage
energischer vorwärts gehen, denn sie stand auf keinem anderen
Boden, als auf dem der Revolution; was sie geschaffen und
vollbracht, konnte sie als Erbe einem konstituirenden Konvente
übergeben, der aus der Volkswahl hervorging Ich sah es
klar, daß die Revolution nur gerettet, rasch und energisch voll-
endet werben könne durch die Permanenz und stellte den An-
trag — er fiel, nur Waffengewalt konnte jetzt noch entschei-
den. Das war meine feste Meinung. Ich bin es überzeugt,
daß Fürsten und Diplomaten aufathmeten, als sie sahen, daß
die Permanenz verworfen worden war, und die Revolution
auf das Feld der loyalen Schwätzern verwiesen werden sollte,
sie hatten Zeit gewonnen , un^ Alle welche gegen die Perma-
nenz auftraien oder stimmten, haben die Revolution, haben
das Volk verrathen! — Jetzt galt cS, die Revolution durch
die Revolution zu retten, wir erhoben uns in Baden. Die
Erkenntnis; der Faulheit der üblen Zustande war in Baden,
war in Deutschland vorha-nden; das Volk statte in Versamm-
lungen und Einigungen dies laut erklärt, es hatte zur That
aufgefordert, es gehörte nichts als der Muth der That zu
dem Muthe des Wortes, es gehörte Aufopferungsfähigkeit da-
zu, und eine Erhebung in Masse hätte ohne Schwertstreich
zum Siege geführt, das stehende Heer, dessen Disziplin gänz-
lich dahin war, wäre bei einem Aufstaude in Masse tem Volke
nicht entgegen getreten, und wäre daun unter flatternden Fah-
nen der Republikaner, die Wahl zur konstituirenden Versamm-
lung des deutschen Volkes vorgenommcn worden, ein Natio-
nalkonvent voll großartiger Energie und schöpferischer Kraft
hätte im Bündniß mit Frankreich Europa neu gestaltet.
Wir standen auf — wir unterlagen, weil bei den Volke
 
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