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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0145

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l ff.
1U kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Pctitzeilr Ar.

Die Republik


Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

As" 34. Sonntag, 7. Mai. 1848.
Für das begonnene Vierteljahr können fortwährend noch Bestellungen gemacht werden. In Heidelberg in der
Buchdruckerei von Renner und Wolff, auswärts bei allen resp. Postämtern. Die bereits erschienenen Nummern
werden auf Verlangen vollständig nachgeliefert.

Wes liebt bas Volk, wer wird vom Volke
geliebt?
(Aus den „Seeblättcrn")
Eisenmann, welcher, von der konstitutionellen Monarchie
fünfzehn Jahre lang ungesetzlich, wie er selbst sagt, ein-
gekerkert gewesen war, spricht sich heute noch mit Feuereifer
für diese Staatseinrichtung auS. Mir wollen hieraus weder
Folgerungen auf seinen Geist, noch auf seine praktische Tüch-
tigkeit als Politiker ableiten, weil sie von unserem Stand-
punkte nur nachthcilig für ihn ausfallen könnten; aber das
können wir mit Bestimmtheit behaupten: Eisenmann ist nicht
fortgeschritten mit der Zeit, sondern er ist auf demselben Punkte
und auf denselben Grundsätzen geblieben, auf welchen er vor
seinen Kerkerleidcn war; dies beweist uns, daß er damals
ein ganz aufrichtiger Anhänger der verfassungsmäßigen
Monarchie gewesen, von welcher er heute nun um so weniger
abläßt, weil er für sie gilitten. Alles wofür wir leiden, wird
uns lieber und theurer, fesselt uns mit tausend zarten Ban-
den die wir früher nicht gekannt, wächst inniger zusammen
mit unserm Herzen durch jeden Puleschlag. Wird uns nicht
ein Thier lieber als sonst, wenn wir es von Krankheit oder
Tod errettet haben? Werden uns nicht Bekannte, Freunde,
Verwandte, Geschwister, Eltern, Kinder unendlich theurer,
wenn wir für sie leiden, wenn wir die Nebel, welche sie treffen,
mit empfinden? Sind nicht die Kinder, welche Körpcrgebre-
chen hoben oder die von der Natur Verwahrlosten in der
Regel den Eltern am theueisten? Warum? etwa weil sie
Krüppel find? Das wäre ja eben so unvernünftig als bar-
barisch! Nein, sondern weil ein edles Herz Theil nimmt au
den Leiden, welche Andere treffen; weil durch das tägliche
Mitgefühl dieses Leidens wir uns von demselben selbst ergrif-
fen finden. Was macht die Liebe stark und unauslöschlich?
Trennung und Leiden. Was ist die sicherste Brücke zur Freund-
schaft und zur Liebe? Das Mitleidcn! So im politischen
so im privaten Leben. Glaubt man vielleicht, die Republik
werde Denjenigen verhaßt werden, die ihretwegen leiden?
Glaubt man, das Volk werde Diejenigen verdammen, die
um seinetwegen leiden und darum cs gleichfalls leidet? O
die sind schleckt bewandert in der Seelenkunde, welche solches
wähnen; schlecht in der Geschichte, welche tausend Beispiele

des Gegeutheils aufweist. Jener Mina in Spanien, welcher
Verfolgung und Verbannung litt, weil er für die Freiheit
seines Volkes gegen den gekrönten Despotismus kämpfte;
jener Arguelles, welcher für dieselbe Sache die schrecklichsten
Kcrkerleiden erduldete; jener Niego, der für die gleiche Sache
als Hockwerräther rückligs erschossen wurde; leben sie nicht
beute noch hochgeehrt im Munde des Volkes? Und jene
Opfer des österreichischen Despotismus: Silvio Pellico und
seine Genossen und jener Caraccioli und seine Mitschuldigen
vor den Augen des neapolitanischen Schreckenssystems, uni
deren Bestrebungen willen so herbe Verfolgungen über ganz
Italien verhängt wurden, hat nicht das Volk in seiner großen
Mehrheit sie als Märtyrer verehrt? Und jene polnischen
Helden, die in Sibiriens Bergwerken verfaulen, sind sie nicht
die Abgötter des Volkes? Und jene politischen Ovfcr des
JulithroneS, hat sie nicht daö französische Volk aus Verban-
nung und Kerker zu Ehren gezogen? Und jener im Bild an
den Galgen geschlagene Robert Steiger und seine Leidensge-
nossin , und jener Ochsenbein, Anführer der Frcischaaren und
seine Mitkämpfer, hat nicht das Schweizervolk sie erwählt zu
seinen ersten Magistraten? Und jene Andreas Hofer und
Palm, die Todtcnopfcr des napoleonischen Despotismus; be-
rufen nicht die Fürsten, die sich damals mit Napoleon ver-
bündet, wie Las deutsche Volk, sich heute selbst auf ihre Va-
terlandsliebe? Und jene politischen Verbrecher, welche im
Jahre 1810 von den würtembcrgischen und badischen Regie-
rungen zu Zuchthaus und Tod verurtheilt wurden, weil sie
die tyroler „Aufrührer" unterstützten und die deutsche Freiheit
höher achteten, als das Recht der mit Deutschlands Feind
verbundenen Fürsten; wagt es heute Jemand, gegen sie zu
zu sprechen? Und jene Opfer der unumschränkten und der
verfassungsmäßigen deutschen Regierungen, die aus Verban-
nung und Kerker ins deutsche Parlament eilten; war nicht
gerade die Verfolgung, die sie erlitten, der Titel, der ihnen
als Volksmänuer Sitz und Stimme im Vorrarlament gab;
berufen sie sich nicht hauptsächlich aus dickem Grunde auf des
Volkes Liebe? Und jene geächteten, verbannten, von Amtc-
wirksamkeit und Ständckammcrn ausgeschlossenen, in der jüng-
sten Zeil noch verspotteten, verhöhnten, mit Kriminal-und
Hochverrathsprozessen bedrohten und verfolgten Männer, in
Baden, Würtemberg, Baiern, Hessen; sind sie nicht als letzte
Stützen des monarchischen Systems, als letzte Möglichkeiten
 
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