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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0843

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berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
lO kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.

M- 208.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Mittwoch, 6. Dezember.

1848.

ZZe; cilllgte Staaten von Deutschland.
"Heidelberg, 5. Dcz. Wir thcilten bis jetzt, so ost
wir vom Zunehmen der vaterländischen Gesinnung und des
guten Geistes unter dem Militär Beweise erhielten, diese un-
fern Lesern mit. Wir thaten dies und werden cs auch ferner
nicht unterlassen, weil gerade beim Militär der Geist der Frei-
heit noch am wenigsten Wurzel gefaßt hat, obgleich es bei den
Bewaffneten am uöthigsten wäre, daß sie einsehen lernten,
wo die zu bekämpfenden Feinde und wo die Freunde des
Volkes zu suchen sind. Ist einmal beim Militär der Geist
der Freiheit eingezogen, so werden sic sich nicht mehr lange
halten können, die Bedränger und Unterdrücker des Volkes.
So wie wir aber auf der einen Seite vom guten Geiste unter
dem Militär zur Ehre der Soldaten erzählen, so wollen wir
auch zur Schande derer, die nicht würdig sind, einem gebilde-
ten Volke anzugehören, vom schlechten, für das Vaterland ge-
fährlichen Geiste unter einem Theile des Militärs sprechen.
Man schreibt von:
Koblenz, 3. Dec. Die zunehmende Zuchtlosigkeit des
hier liegenden 26. Regiments führt jeden Tag zu größerem
Unfug. Gestern Abend wurde von einigen 26ern ein Mäd-
chen angegriffen und mißhandelt; ein junger Mensch, welcher
ihm zu Hülfe eilen wollte, erhielt einen schweren Säbelhieb.
Uebcrall fallen Schlägereien zwischen 26ern einerseits und dem
übrigen Militär und den Cwilistcn andererseits vor. Durch
die Brutalität der 26cr sind die Straßen Abends förmlich un-
sicher. Der Herr Gouverneur Hierselbst hat einer Deputation
des Siadlrathes versprochen, den Belagerungszustand nicht ein-
znführcn, so langx nicht ähnliche Geschichten wie am 30. Nov.
vorfielen; doch werden wir an diesem Versprechen wenig
Freude haben, wenn die 26er nur noch kurze Zeit hier liegen
bleiben.
Seht, so benehmen sich eure Söhne, wenn sie in dem
zweifarbigen Tuche stecken.
Bruchsal, 29. Nov. Wieder hat die Monarchie ein
Opfer gefordert. Gestern Abend erhängte sich im hiesigen Ge-
fangenhause der politische Gefangene Jakob Kies von Wein-
heim , ein junger blühender Mann von 29 Jahren — ein
Mord, den wir allein dem Jnquisitionsverfahrcn mit seinen
Scheußlichkeiten zur Last schreiben müssen. Schon 8 Wochen
schmachten ungefähr 60 Bürger von Weinheim theils hier,
theils in Weinheim im Gefängniß, und zwar auf Denunzia-
tion einiger Buben hin.
Wollt Ihr wissen, was den Unglücklichen zu dieser That
der Verzweiflung bewog, so geht hierher in die Zellen der
einzeln Eingesperrten, hört die Seufzer der Trostlosen, die man
durch theils bestochene Zeugen zu verderben sucht; — geht in
die Hütten der Verhafteten, in die der Jammer eingezogen ist
und wo die Familie ihre Stützen, Väter und Söhne, zurück-
perlangeu, und Ihr werdet es erfahren. —

Eine jammernde Braut, mit der er bei seiner Verhaftung
im Begriffe stand, sich zu verheirathen, seine Eltern, deren
einzige Stütze er war (— seine zwei -Brüder dienen im mo-
narchischen Heer —) trauern um den Unglücklichen, und mö-
gen es auch Thränen der Wuth sein, die ihm nachgewcint
werden, wohl mag sich manche Faust bollen im Grimme gegen
die Inquisition des 19tcn Jahrhunderts
Aber die Zeit wird kommen, da die Schatten der Ge-
mordeten aus ihren Gräbern erstehen, da das gemißhandelte
Volk seine Fesseln sprengt, da der eherne Mund der Glocken
durch die Thäler heult und die Berge in Flammenschrift weit-
hin ins Land den Kampfruf tragen: Rache!
(M. Abz.)
Nürnberg, 2. Dec. Die vorgestern hier stattgefundene
Wahlmännerwahl hat ein sehr bemerkenswertstes Resultat ge-
liefert, welches um so bedeutungsvoller erscheint, wenn man
dasselbe mit den Vorgängen bei der Parlamentswahl vergleicht,
Die bei weitem überwiegende Majorität der Gewästlten besteht
nämlich aus den von dem politischen und Volksverein vorge-
schlagenen Kandidaten. — Auch in Fürth hat die demokratische
Partei einen Sieg erfochten, indem in sämmtlichen Wahlbezir-
ken bis auf cineii, die Kandidaten derselben gewählt wurden.
Auch in Schwabach und Altdorf soll das Resultat ein ähnliches
gewesen sein.
Vo» der Mosel, 30. Nov. Zuweilen amusiren auch
Dorfgeschichten. Denken Sie sich, gestern Mittag wurde das
Oertchen Wehlen bei Berncastel förmlich in Belage-
rungszustand erklärt, nachdem Morgens das 2. Batail-
lon des 37. Infanterie-Regiments, eine Abtheilung Ustlanen
und 2 Kanonen eingcrückt waren. Sogleich schritt man Be-
hufs Entwaffnung der Bürgcrwchr zur Hausuntersuchung.
Verheimlichter von Schußwaffen, Heugabeln, rc- wurden ver-
haftet und sitzen auf dem Schulhause, welches zur Hauptwache
umgestaltet ist. Infanterie- und Eavalleriepatrouillen durch-
ziehen Tag und Nacht das Dorf, und ist letzteres auf meh-
rere Tausend Schritte mit scharf geladenen Wachtposten um-
stellt. Als Ursache dieser wahrhaft unerhörten Maßregel ist
die Thatsache bezeichnet, daß die Bürgcrwchr von Wehlen,
wie überhaupt 5-6000 Männer des Kreises Berncastel, am
vorigen Sonntage der Verhaftung einiger Berncasteler Bür-
ger bewaffneten Widerstand geleistet habe. Der Ausschuß des
demokratischen Vereins in dem Städtchen Berncastel, welches
ebenfalls in Belagerungszustand erklärt ist, ist therls verhaftet,
theils auf der Flucht. Schließlich noch die Bemerkung, daß
die Soldaten im Allgemeinen einen recht humanen Sinn ver-
rathen, wofür sie mit dem edlen Safte unserer Reben reichlich
regalirt werden. (RH.-u-M.-Z.)
8 Berlin, 1. Dez. (Correspondenz.) Die hier anwesen-
den Mitglieder der preußischen constituirenden Versammlung
haben folgende Proklamation an die Nation erlassen:
Mitbürger! Als durch die Revolution der Märztage
der lange geknechtete Volkswille zur Geltung gekommen war-,
 
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