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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0109

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l st.
IN kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. PctitzcileAr.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

«f- 2s. Freitag, 28. April. 18Ä8.

Die Gesetzlichkeit.
(Aus der neuen Zürcher Zeitung.)
In der Deutschen Zeitung spielt das Wort „Gesetz-
lichkeit" eine Hauptrolle. Ein Verdammungsurthcil ergeht
über die badischen Republikaner, weil sic den „gesetzlichen"
Weg verlassen haben. In der Schweiz, wo gegenwärtig in
Europa fast allein noch Gesetzlichkeit herrscht, ist man anderer
Ansicht, man ist nämlich der Ansicht, daß ganz Deutschland
der Ungesetzlichkeit verfallen sei. Es nimmt sich in der That
recht possierlich aus, wenn Leute, die mitten in der Revolu-
tion stecken, eine legitime Miene annehmen und eine abwei-
chende Meinung, ein abweichendes Verfahren als revolutio-
när bezeichnen. Wie reimt sich der Fünfziger-Ausschuß in
Frankfurt mit dem Gesetz? Wie kommt er dazu, dem Kur-
fürsten von Hessen-Kassel das Gesetz vorzuschreibcn? In Folge
welchen Gesetzes konnte der Bundestag gezwungen werden,
einzelne seiner Mitglieder auszustoßcn? Ist das Verfahren
gegen Dänemark gesetzlich? Wer verleiht den Deutschen
das Neckt, dem König von Dänemark Schleswig-Hösstein zu
entreißen? Ging überhaupt irgend eine der neuen Verfassun-
gen in den deutschen Staaten aus einer gesetzlichen Bewegung
hervor? Ach! die deutschen Fürsten haben ja freiwillig
nachgegeben, freiwillig Alles zugeslanden, was mit den
Waffen in der Hand gefordert wurde. Vom Standpunkte
der Gesetzlichkeit aus ist, was in Berlin, München, Cassel
u. s. w. vorging, herrlich anzuschen. Lauter Thriumphe der
Gesetzlichkeit! Was hatten doch die Fürsten zu befürchten:
Nichts, als höchstens davon gejagt zu werden. Kleinigkeiten!
Laßt die Fürsten wieder erstarken ihr constitutioncllen Herren,
gewöhnt sie neuerdings daran, ihre Truppen gegen das Volk
zu gebrauchen und sie werden cs euch sagen, wie freiwil-
lig ihr Entschluß gewesen, Konstitutionen auf demokratischer
Grundlage zu erlassen. Das Benehmen der deutschen Libera-
len erscheint dem schweizerischen Menschenverstand unbegreiflich.
Ob eine Republik in Deutschland wünschenswcrth, ob die
Mehrheit dafür oder dagegen sei, diese Frage lassen wir jetzt
unberührt; wir wollen selbst zugcben daß die Monarchie mit
ihren Hosräthen, ihren Orden nnd Ruhegehalten in Deutsch-
land zur Stunde die einzig mögliche Staatsform sei. Eine
andere Frage dagegen ist die, ob gegen die republikanisch Ge-
sinnten der Weg eingeschlagen werden sollte, der von den
anders gesinnten deutschen Liberalen betreten wurde. Die Auf-
regung im Badischen entstand hauptsächlich wegen des ange-
kündigtcn Einmarsches der würiembergischen und baierischen
Truppen. War es klug von Seiten der liberalen Badenser,
diesen Truppen zu rufen? Wir glauben, es war im höchsten

Grade unklug, wenn nichts schlimmeres dahinter steckt. Wozu
diese Truppen? Um einigen hundert deutschen Arbeitern ent-
gcgenzutreten! Hat das große Deutschland von dieser Seite
her etwas zu gefahren, so steht es schlimm um dasselbe. Daß
aber eine Bevölkerung, die soeben mit Mühe etwas Freiheit
errungen hat, argwöhnisch, daß sie nicht geneigt ist, den Be-
hörden, die sie gestern noch als eine feindliche Macht ansah,
nun auf einmal unbedingtes Vertrauen zu schenken, kann nur
die Studcnwcisheit befremden. Einem Hellen Kopf, der die
Welt nicht allein aus den Büchern kennen gelernt, hätte so-
gleich emlcuchten sollen, daß die jetzt von Frankreich her dro-
hende Gefahr viel geringer sein müsse, als die, welche des
Volles gerechtes Mißtrauen gegen die Truppen erzeugen mußte.
Blicke man doch nach Paris hin und sehe, wie vorsichtig hier
jede Kollision zwischen Truppen und Bürgern vermieden, wie
langsam und besonnen zu Werke gegangen wird, wenn cs
sich darum handelt, diese zwei argwöhnischen Mächte einan-
der näher zu bringen.
Was den Pariser Republikanern als das Schwierigste
erscheint, schien freilich den badischen Constitutionellen eine
leichte Sache:' ''Das ° fernere' Verfahren derselben zeugt von
demselben mächtigen Selbstvertrauen dieser großen Politiker.
Alsogleich waren sie mit den alten Polizermitteln bei der Hand.
Während in Paris die gefährlichsten Projekte durch die Macht
der öffentlichen Meinung, durch Reden und durch unblutige
Demonstrationen vereitelt werden, mußte man in Baden gleich
mit Verhaftungen den Anfang machen. Nichts aber empört
ein Volk so sehr, als wenn es die neugeborncn Kinder einer
Revolution gerade so handeln sieht, wie die Herren von Got-
tes Gnaden. Hat sich Einer der angesehenen Konstitutio-
nellen bemüht, das Volk aufzuklären und ihm die Gefahren
zu schildern, die in dem Treiben einiger Demagogen liegen
mochten? Die gereizten unpopulär gehaltenen Artikel der
„Deutschen Zeitung" konnten unmöglich dazu beitragen. Zur
Gewalt nahm man die Zuflucht, ehe man zur Belehrung der
einstigen Freunde das Nöthige gethan hatte. Die Berufung
auf die Gesetzlichkeit konnte nicht verfangen in einem Lande,
wo sie unsichtbar geworden isi, nicht verfangen aus dem
Munde von Leuten, die selbst täglich der Ungesetzlichkeit das
Wort reden, indem sie das Willkürregiment des Fünfziger-
ausschusses und die Besetzung von Schleswig-Holstein durch
deutsche Truppen lobpreisen. Den Fürsten mag es angenehm
sein, durch überschwengliche Deutschthümelei, durch Freischaa-
renzüge nach Schleswig-Holstein und Tprol vor den Gefah-
ren, welche ihnen aus einer wahrhaft volksthümlichen Be-
wegung erwachsen könnten, besser geschützt zu werden; "gesetz-
lich" sind jedoch dergleichen Unternehmungen, so wenig als
die republikanische Volkserhebung im badischen Oberlande.
 
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